AtomkraftDen letzten Sekt köpfen Gegner von Fessenheim in einer Million Jahren

Atomkraft / Den letzten Sekt köpfen Gegner von Fessenheim in einer Million Jahren
Das Atomkraftwerk Fessenheim bei Nacht Foto: AFP

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Das älteste französische Kernkraftwerk soll dieses Jahr vom Netz gehen. Trotzdem setzt auch Macron, wie seine Vorgänger, auf Atomkraft, um das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen.

Er hat seit der Atomkatastrophe von Fukushima Mahnwachen organisiert, ist in Hungerstreik getreten und hat die Gruppe „Oldies for Future“ mit gegründet, nun geht für Gustav Rosa ein Lebensziel in Erfüllung: Am Samstag beginnt die Abschaltung des ältesten französischen Atomkraftwerks in Fessenheim nahe der deutschen Grenze. Dafür hat der weißbärtige Aktivist aus Breisach am Rhein ein halbes Leben lang getrommelt. Dennoch blickt Gustav Rosa „mit gemischten Gefühlen“ auf das Datum. „Damit sind viele Ängste und Emotionen verbunden“, sagt der 69-Jährige.

Der erste der beiden Druckwasserreaktoren in Fessenheim wird in der Nacht zu Samstag heruntergefahren, Reaktor zwei soll am 30. Juni folgen. Für Frankreich ist dies ein zaghafter Einstieg in den Atomausstieg, für Deutschland und die Schweiz dagegen überfällig. „Das Atomkraftwerk Fessenheim hätte nie in Betrieb gehen dürfen“, sagt Stefan Auchter von der Umweltorganisation BUND. „So gesehen kommt die Abschaltung 43 Jahre zu spät.“

Im Erdbebengebiet

Das Kernkraftwerk in dem elsässischen Ort Fessenheim liegt am Oberrhein direkt an der deutschen Grenze, nur rund 30 Kilometer von Freiburg im Breisgau entfernt und 50 Kilometer von Basel. Ein „enormes Risiko für die ganze Region“ sei der Atommeiler, heißt es aus dem grün geführten Baden-Württemberg. Denn Fessenheim liegt in einem Erdbebengebiet, das Kraftwerk ist gegen einen Flugzeugabsturz oder Anschlag unzureichend geschützt. Zudem kam es immer wieder zu Pannen.

Nach massivem Druck aus Deutschland und der Schweiz hatte Frankreich bereits für Ende 2016 das Aus für das Atomkraftwerk zugesagt. Doch der sozialistische Präsident François Hollande brach sein Versprechen. Nun aber ist es so weit. Hollandes Nachfolger Emmanuel Macron will damit ein Zeichen an die europäischen Nachbarn senden.

„Ich finde traurig, dass es so endet“, sagt Jean-Luc Cardoso. Der 52-Jährige hat drei Jahrzehnte lang in Fessenheim als Techniker für den staatlichen Akw-Betreiber Electricité de France (EDF) gearbeitet. Bei den Mitarbeitern herrsche eine Mischung aus „Resignation, Wut und Unverständnis“, berichtet er. „Wir haben gegen die Schließung gekämpft, aber wir haben verloren.“

Merkel und Macron haben Pläne für die Region

Während auf der deutschen Rheinseite und in der Schweiz die Wirtschaft boomt, ist Fessenheim von dem Arbeitgeber EDF abhängig. Mit der Abschaltung gehen Arbeitsplätze und Steuereinnahmen verloren. Die Gemeinde Fessenheim fordert zum Ausgleich Millionenhilfen, dem Betreiber EDF hat der Staat bereits eine Abschaltprämie von 400 Millionen Euro zugesagt.

Doch Präsident Macron hat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) andere Pläne für die Region geschmiedet. Das ungleiche Paar hat einen deutsch-französischen Industriepark verabredet, der mit bis zu einer Million Euro Starthilfe gefördert werden soll. Dafür muss die Kommune Fessenheim aber ihren Widerstand aufgeben.

Was sich in dem Industriepark ansiedeln soll, ist offen. Eine Solaranlage war im Gespräch oder eine Fabrik, die Windräder herstellt. Aktivist Gustav Rosa, der sich im SPD-Ortsverband Breisach engagiert, glaubt jedenfalls an eine „strahlende, aber unverstrahlte Zukunft“.

Rückbau würde 20 Jahre dauern

Mit der Abschaltung ist eine Kernschmelze nach Einschätzung von Experten nicht mehr möglich. Doch der Rückbau der gesamten Anlage dürfte 20 Jahre dauern. „Das werden wir weiter kritisch beobachten“, sagt Axel Mayer, einer der Veteranen des Widerstands und frühere Geschäftsführer des BUND in Freiburg. „Es darf kein Billigabriss werden.“

Auf Mayer geht eine „Sektempfehlung“ zurück, die Gustav Rosa zitiert: Danach wollen die Gegner des Atomkraftwerks Fessenheim drei Sektflaschen köpfen: Die erste Ende Juni, wenn das AKW endgültig vom Netz geht. Die zweite, wenn auch die Brennelemente abtransportiert sind. Und die letzte, wenn der Atommüll von Fessenheim nicht mehr strahlt – in einer Million Jahren.

Junghans
19. Februar 2020 - 17.48

Na dann, abreissen und die Teile ein paar hundertausend Jahre lang einlagern und vor Terroristen bewachen war wohl nicht im Strompreis inbegriffen. Das kann der Steuerzahler blechen.

Pierre Wollscheid
19. Februar 2020 - 13.46

Es wäre besser die Deutschen würden mal vor der eigenen Tür sauber machen, da gibt es genug zu tun.

Pit Meier
19. Februar 2020 - 13.07

Eine Million Starthilfe? Was soll denn das werden? Ein Industrieparkchenleinchen mit einer Firma?

Grober J-P.
19. Februar 2020 - 9.59

Was kostet das alles? Hat unsere Carole schon etwas erreicht in Sachen Cattenom?

Jacques Zeyen
19. Februar 2020 - 9.10

Sehr ambitioniert noch in einer Million Jahren Champagner trinken zu wollen. Aber AKW sind eine saubere und zuverlässige Energiequelle,da hat Macron Recht. Man darf sie halt nicht an den Feuergürtel bauen( Fukujima)oder die Reserve Übungen machen lassen( Tchernobyl).Wäre der Eifer von Frau Merkel gegen die Kohlekraftwerke so hoch gewesen wie gegen die AKW (und das auch in anderen Ländern(China etc)),dann hätten wir unser Klimaziel längst erreicht und Greta hätte bereits ihren Schulabschluss. Wenn wir demnächst mit den Hühnern schlafen gehen müssen weil kein Saft mehr in der Leitung ist werden viele lockerer werden in ihrer Ansicht.