InterviewEscher Geschäftsverband: „Wer ein Stadtzentrum am Leben erhalten will, muss sich darum kümmern“

Interview / Escher Geschäftsverband: „Wer ein Stadtzentrum am Leben erhalten will, muss sich darum kümmern“
Berny Ley (Voyages Flammang), Präsident Nicolas Kremer (Bijouterie Hirsch) und Philippe Boisserie (Librairie Diderich) treten als Team auf. Es soll nicht nur eine Person im Fokus stehen. Foto: Melody Hansen

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Sie sind ein Team und so wollen sie auch auftreten. Nicolas Kremer, der neue Präsident des Escher Geschäftsverbandes, wird von zwei Vorstandsmitgliedern zum Tageblatt-Interview begleitet. Berny Ley, Direktor bei Voyages Flammang, und Philippe Boisserie, Kommunikationsbeauftragter der Librairie Diderich, stehen dem „personnage public incontournable“ der Alzettestraße, wie Boisserie den Präsidenten nennt, zur Seite.

Tageblatt: Wieso haben Sie den Posten als Präsident des Escher Geschäftsverbandes übernommen?

Nicolas Kremer: Das war eine gemeinsame Entscheidung. Ich denke aber auch, dass es wichtig ist, jemanden auf dem Posten zu haben, der mit den Menschen diskutiert und von ihnen geschätzt wird. Jemand, dem der Kontakt mit den anderen Geschäftsleuten der Stadt leicht fällt.

Astrid Freis war elf Jahre lang Präsidentin der ACAIE („Association des commerçants, artisans et industriels de la ville d’Esch-sur-Alzette“). Diese Kontinuität wird jetzt durchbrochen. Was erwartet die Escher Geschäftswelt?

Philippe Boisserie: Wir haben neue Mitglieder, neue Ideen und einen besseren Mix der Läden, die im Vorstand repräsentiert sind.
Berny Ley: Zuvor hat es vor allem an Vertretern von Textilläden gefehlt. Dadurch wussten wir nicht genau, was sie beschäftigt. Wir haben von Anfang an ein viel größeres Team, was es uns erlaubt, einen viel besseren Überblick der Läden der Stadt zu haben.

Welche sind die Prioritäten des neuen Vorstandes?

N.K.: Wir wollen eng mit allen betroffenen Gemeindediensten zusammenarbeiten. Mit dem „Syndicat d’initiative“ oder der „Escher Infofabrik“, die am 28. Februar ihre Türen öffnet.
B.L.: Wir haben alle ein gemeinsames Ziel: das Zentrum der Stadt wiederzubeleben. Das wollen wir zusammen angehen.
P.B.: Die Situation ist in allen Städten gleich. Die Probleme, denen wir hier entgegenstehen, gibt es nicht nur in Esch. Das ist zwar nicht beruhigend, aber es zwingt uns dazu, gemeinsam eine andere Herangehensweise zu finden. Diese Zusammenarbeit ist entscheidend.

Die anderen Akteure der Stadt sind auch dabei, sich neu aufzustellen.

B.L.: Ich denke, dass sich inzwischen jeder bewusst wurde, dass eine neue Epoche angefangen hat. Das Internet ist da. Genauso die Veränderung der Stadtkerne. Wir müssen an einem Strang ziehen, damit die Innenstadt interessant und belebt bleibt und die leeren Geschäftsflächen sich wieder füllen. Das schaffen wir als ACAIE aber nicht alleine.

Wurde früher nicht an einem Strang gezogen?

P.B.: Was in der Vergangenheit liegt, wollen wir auch dort lassen. Das alte Team war viel reduzierter und kann nicht mit uns verglichen werden. Sie haben getan, was sie konnten. Wir wenden das Blatt und sehen uns als Scharnier zu einer neuen Epoche. Es gab einen Umschwung in der Art und Weise, wie die Menschen konsumieren. Auch das Bild, das die Menschen von Esch haben, muss verändert werden. Da wollen wir viel Energie reinstecken, weil die Stadt ihren Ruf nicht verdient. Esch hat viele Farben und die sind es, die die Stadt so interessant machen.

Wie stehen Sie zu dem Projekt „Claire“, das die Gemeinde zur Wiederbelebung der Geschäftswelt ins Leben gerufen hat?

N.K.: Es ist ein gutes Hilfsmittel und eine gute Initiative, dass die Gemeinde das jetzt macht. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass die Politik schon einmal ein Projekt solchen Ausmaßes für die Escher Geschäftswelt gestartet hat. Durch „Claire“ können Geschäftsleute den Markt hier in Esch testen und sehen, ob sie mit ihrer Ware und ihren Ideen hierhin passen würden. Die Gemeinde und auch die Bewohner sind sich der Situation bewusst. Im letzten Jahr gab es Konferenzen, zu denen die Escher gekommen sind, um ihr Viertel zu verteidigen, ihre Ideen und Veränderungswünsche zu präsentieren. Das hat Früchte getragen.
B.L.: Wer ein Stadtzentrum am Leben erhalten will, muss sich darum kümmern. Vor 20 Jahren passierte das von alleine. Das Internet macht es den Geschäftsleuten schwer und die Gemeinde kann nicht mehr sagen, dass es sie nicht betrifft. Dieses Bewusstsein ist jetzt da und wir müssen, wie schon gesagt, zusammen daran arbeiten.

Wie können Läden sich von Internetplattformen abheben?

P.B.: Die Konsumenten werden sich langsam bewusst, dass Geschäfte ein echtes soziales Gut sind.
B.L.: Menschen sind soziale Wesen. Sie brauchen den direkten Austausch mit anderen. Im Internet geht das nicht. Die Geschäftsleute müssen ihre Präsenz aufwerten.
P.B.: Jeder muss seine eigene Arbeit dazu beitragen, um anerkannt zu werden. Jeder muss sich infrage stellen, um den Anforderungen der neuen Welt gerecht zu werden. Als wir das Café „Um Eck“ in der Librairie Diederich eröffnet haben, wurden wir dafür angegriffen. Im Endeffekt funktioniert es aber sehr gut. Sogar Amazon hat Läden eröffnet, weil sie gemerkt haben, wie wichtig der direkte Kontakt ist. Ein Ort, an dem man für eine Weile bleiben und sich austauschen kann, wird wertgeschätzt.

Die Kundschaft der Stadt hat sich in den letzten Jahrzehnten verändert.

N.K.: So wie überall hat sich auch in Esch die Kundschaft verändert. Die Geschäfte, das Angebot und die Nachfrage mit ihr. Es ist nicht mehr so einfach wie früher. Wenn meine Schwiegermutter früher das Geschäft am Morgen geöffnet hat, haben schon Kunden vor der Tür gewartet. Sie haben das gekauft, was es gab. Der Kunde von heute weiß genau, was er will und hat sich schon im Voraus informiert. Das gilt für alle Bereiche. Andere Geschäfte sind komplett verschwunden. Zum Beispiel solche, die CDs verkauft haben. Bei den Buchläden stellen wir jedoch fest, dass die Menschen langsam wieder zurückkommen, weil sie den Faktor der Beratung online nicht haben.

Wo liegt das Potenzial der Stadt?

P.B.: Viele sagen, dass die Miete in Esch zu teuer ist – dennoch ist sie billiger als anderswo. Deshalb und wegen ihres Entwicklungspotenzials kann die Stadt interessant für Investoren sein.
N.K.: Und wir haben Esch2022. Ein sehr wichtiges Event für unsere Stadt, auch auf wirtschaftlicher Ebene. Das Kulturjahr wird nicht nur der Geschäftswelt, sondern der ganzen Region etwas bringen. Die Menschen bekommen Lust darauf, mitzuwirken.
P.B.: Obwohl viele Läden schließen, gibt es auch viele, die schon seit langer Zeit hier bestehen. Das ist doch auch sehr positiv.
B.L.: Sie haben verstanden, dass sie sich schneller anpassen müssen, als das früher der Fall war. Das ist heutzutage überlebenswichtig für ein Geschäft. Im Auge zu behalten, was der Kunde will und wie er es will.

etienne Clement
23. Februar 2020 - 14.27

Geehrter Herr Blaat Gaston,wie Recht Sie doch haben.Ihr Kommentar kann man so übernehmen,nur sollte man die Escher durch die Stadt Luxemburger ersetzen denn genau so ist es hier,lieber am PC bestellen als den ganzen Aerger mitmachen um in der Stadt einzukaufen.Nur Baustellen,keine gut zu erreichenden Park möglichkeiten (trotz Parkhäuser)aber wie sagt Frau Bürgermeister es wird doch alles so schön,wenn alles einmal fertig ist,ja dann sind wir Geschichte und die Stadt wird nach irgendeiner Gedenkfeier wieder abgerissen, und des nächsten Bürgermeisters Nase wird sich mit Gold verschönern lassen.

Blaat Gaston
17. Februar 2020 - 19.14

Schmelzarbeiter ,Bergleute und Geschäftsleute , hauptsächlich luxemburgischen , ,italienischen und polnischen Ursprungs hatten gemeinsam aus einem ärmlichen Dorf die blühende zweitgrösste Stadt des kleinsten aller Grossherzogtümer dieser Welt und der Milchstrasse gemacht. Auch heute noch wäre es noch gut in der Minettemetropole zu leben, wenn nicht reiche hauptstädtische Machthaber die Hütten und Minen gegen Banken getauscht hätten ! Viele echte Escher zogen fort und mehr Ausländer die absolut keine Bindung mit Esch hatten zogen ein. Die früher nur aus Stackescher bestehende Gemeindeverwaltung die Jeden und Jeder kannte wurde durch unerfahrene Neulinge ersetzt mit dem heutigen desaströsen Resultat. Sie kennen Niemanden persönlich mehr und Niemand kennt sie_ Geschäfts - Handwerker und andere Verbände die vor dem Ruin stehen , können sich erneuern und wieder erneuern, solange sie keine Vertreter in dem Rathauses im neuen Schilda haben . Keine Autos keine Kunden und keine gratis Parkplätze keine Autos. Da die Schildbürger ja systematisch das Gegenteil des Vernünftigen tun, wird jede Hoffnung in der Wurzel ersticht. Halbwarm ist ebenso ungeniessbar wie halbkalt.

Undine
17. Februar 2020 - 11.51

Die Ewiggestrigen am Werk, Ein Reiseagent(sic) ein Buchhändler (ditto) und ein Schmuckhändler, der alles in China fertigen lässt. Leute, ihr werdet nicht mehr gebraucht, es ist fertig, es wird nie wieder was.

edouard collarini
16. Februar 2020 - 23.13

ich bin überzeugt dass die neue Mannschaft des Escher Geschätsverbandes die situation im Griff hat und die Stadt mit neuen Ideen wiederbeleben kann dazu meine besten Wünsche

Niederweis Claude
16. Februar 2020 - 22.20

Investoren ist nicht gut dann wird alles noch teuerer. Gemeinde muss selber Investor werden. Und die Geschäfte müssen eine Internet Platform machen wie Google nebenbei. Und Baume und Blumen in die Einkauf Straßen. Parkplätze machen.

Justin Fuchs
16. Februar 2020 - 19.08

Lieber Geschäftsverband, außer Frisören und Lebensmittel, Restaurants und Getränkeausschank wird nichts mehr bleiben. Also schulen Sie besser sofort um.

Armand
16. Februar 2020 - 17.07

Der Handel ist tot und nichts und niemand kann ihn retten, schon gar nicht der Geschäftsverband.