RadsportBen Gastauer fühlt sich nach seiner Degradierung durch das COSL „nicht respektiert“

Radsport / Ben Gastauer fühlt sich nach seiner Degradierung durch das COSL „nicht respektiert“
Ben Gastauer ist nicht mehr Teil des Elitekaders – dabei zeigt er seit Jahren konstante Leistungen auf höchstem Niveau  Foto: Editpress/Luis Mangorrinha

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Ben Gastauer befindet sich zurzeit in der Nähe von Nizza, wo er sich auf den Giro d’Italia vorbereitet. Der Luxemburger peilt seine elfte Saison als Profi an, hat jedoch seit zwei Wochen mit einem Problem zu kämpfen: der Degradierung aus dem Elitekader des COSL. Dies stößt, auch im Zusammenhang damit, dass er im November 2019 einen Olympiavertrag unterschrieben hat, beim 32-Jährigen auf Unverständnis. 

Tageblatt: Ben Gastauer, Sie stehen nicht mehr im Elitekader des COSL. Wie hat das Olympische Komitee diese Entscheidung begründet?
Ben Gastauer: Ich habe erst ein paar Stunden vor der offiziellen Pressekonferenz per E-Mail davon erfahren. Eine genaue Begründung haben sie mir nicht mitgeteilt. Ich habe daraufhin nachgefragt und sie sagten mir, dass ich nicht genügend Punkte auf der Tour gemacht hätte.

Es ist aber seit langem bekannt, dass Sie in ihrem Team eine wichtige Rolle als Helfer einnehmen und daher nicht der Kandidat sind, der Punkte auf der Tour einfahren soll.
Das ist das Problem. Die Selektionskriterien für die Aufnahme in den Elitekader sind für Radsportler nicht angepasst. Es ist in der heutigen Zeit nicht mehr angebracht, dass Punkte auf der Tour gesammelt werden müssen, um im Elitekader zu stehen. Der Radsport ist kein individueller Sport mehr. Jeder hat eine Rolle und meine ist es, meinen Leadern zu helfen, damit sie ein gutes Resultat erzielen. In manchen Rennen nehme ich das Tempo sogar auf den letzten 20 Kilometern raus, um Kräfte für den nächsten Tag zu sparen. Da ist es schwer, Punkte einzufahren.

Schmälert diese Degradierung ihr Selbstbewusstsein?
Ich bin seit 2009 auf der Worldtour für Ag2r La Mondiale unterwegs. Das zeigt mir, dass ich das Niveau habe, in der Weltspitze mitzufahren, und dass das Team Vertrauen in mich hat. Umso erstaunlicher ist es, dass das COSL meint, dass ich nicht mehr auf demselben Niveau wie die letzten Jahre sei. Dazu kommt, dass ich im November 2019 noch einen Olympiavertrag beim COSL unterschrieben habe. Der ist meiner Meinung nach höher zu bewerten als die Berufung in den Elitekader. Dann finde ich es komisch, dass mich das Komitee zwei Monate später – in einem Zeitraum, in dem kein Rennen stattfand – nicht mehr für gut genug für den Elitekader hält. Ich fühle mich als Sportler nicht respektiert.

Werden Sie das Gespräch mit dem Olympischen Komitee suchen?  
Ich werde mich am 6. März mit Heinz Thews (Technischer Direktor des COSL, Anm. d. Red.) zusammensetzen. Das COSL hat mir schon gesagt, dass es etwas an den Aufnahmekriterien für Radsportler ändern müsse. Wir werden über diese Probleme reden. Hoffentlich geht dann alles schnell, damit ich wieder in den Elitekader aufgenommen werden kann. Wenigstens haben sie etwas bemerkt, auch wenn es für mich zu spät ist.  

Was würden Sie für Änderungen vorschlagen?
Für mich ist es ganz einfach: Alle luxemburgischen Radfahrer, die in der Worldtour mitfahren, sollen auch im Elitekader stehen. Man muss von dem Gedanken wegkommen, dass der Radsport eine Einzelsportart ist. 

Was ändert sich für Sie mit der Nichtnominierung?
Ich habe nicht mehr dieselbe finanzielle Unterstützung – und bekomme auch keine Leistungen mehr vom LIHPS (Luxembourg Institute for High Performance in Sports) angeboten. Das ist – gerade im Olympiajahr – für mich sehr kompliziert. Eigentlich sollte ich mich nur auf den Sport konzentrieren, doch nun muss ich mich mit solchen Dingen beschäftigen.  

Bleibt Olympia dennoch ein Ziel?
Es ist wahrscheinlich meine letzte Chance, bei Olympia dabei zu sein. Wir haben nur zwei Plätze zu Verfügung, aber mehrere Fahrer, die infrage kommen. Ich dachte schon, dass ich eine realistische Chance hätte. Der Fakt, dass ich nicht mehr im Elitekader bin, zeigt mir allerdings, dass das Komitee nicht mehr von meinen Leistungen überzeugt ist. Die theoretische Option, in Tokio zu starten, besteht aber weiterhin. 

Was sind, neben Olympia, Ihre Ziele für die Saison?
Ich habe meine Vorbereitung in der ersten Hälfte des Jahres auf den Giro d’Italia ausgerichtet. Mein Rennkalender der zweiten Hälfte ist bereits an Olympia angepasst. 

Beim Giro wird Romain Bardet wieder auf Ihre Unterstützung zählen können.
Er wollte schon immer den Giro fahren. Das bietet sich im Olympiajahr gut an. Es ist sehr schwierig, auf das Gesamtklassement der Tour de France zu fahren und dann bei Olympia vorne dabei zu sein. Für meine französische Mannschaft bleibt die Tour immer ein Höhepunkt, aber wir wollen auch mit Olivier Naesen bei den Klassikern in Belgien triumphieren.

Ihre Aufgabe im Radsport ist es seit vielen Jahren, Ihren Kapitänen zu helfen. Was wäre Ihr Ziel, wenn Sie in Tokio starten dürften?
Man müsste erst mal sehen, wer alles dabei ist. Ich meine, dass Bob gesetzt ist. Wir müssen alles versuchen, damit er ein gutes Resultat erzielen kann. Wir brauchen eine klare Rolle im Team, auch wenn wir nur zu zweit wären. Es wäre wichtig, dass sich einer für den anderen aufopfern würde.