FussballJeunesse-Sportdirektor Pascal Molinari: „Mit Noël Tosi werden wir die Gegner überraschen“

Fussball / Jeunesse-Sportdirektor Pascal Molinari: „Mit Noël Tosi werden wir die Gegner überraschen“
Pascal Molinari schwärmte zehn Tage vor Rückrundenstart von der Stimmung in der Kabine der Schwarz-Weißen Foto: www.jeunesse-esch.lu

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Die Escher Jeunesse hat den Traum von der Europa League noch nicht aufgegeben. Mit dem neuen Trainer Noël Tosi will der Tabellenachte der BGL Ligue dieses Ziel erreichen. Manager Pascal Molinari erklärt im Interview nicht nur, warum er die Hoffnung nicht aufgegeben hat, sondern auch, was sich in Luxemburg ändern soll. 

Tageblatt: Als Sie im Juni zum ersten Mal bei der Escher Jeunesse vorgestellt wurden, präsentierte man Sie als Manager. Mittlerweile sind Sie Sportdirektor der „Bianconeri“. Welche Unterschiede gibt es zwischen beiden Posten?

Pascal Molinari: Meine Tätigkeit ähnelt eher jener eines sportlichen Managers. Das bedeutet, dass der Aufgabenbereich breiter gefächert ist. Ein Manager muss mehrere Kategorien unter einen Hut bekommen, während sich der Sportdirektor eher rein um die Angelegenheiten einer ersten Mannschaft kümmert. Ich habe dadurch mehr Verantwortung, beispielsweise auch beim Sponsoring.

Ihr Vorgänger als Sportdirektor, Petz Biergen, ist weiterhin Teil des Vorstands. Welche Rolle hat er übernommen?

Auf diese Frage müsste eigentlich der Präsident antworten. Er ist der „chargé de mission“ des Präsidenten, sein Ratgeber. Er hat einen nationalen Blickpunkt und kennt den Verein in- und auswendig. Sein Wissen über die Besonderheit der Region ist wichtig. Das erlaubt uns – ich spreche hier für den Trainer und mich –, die Abläufe beim Verband und der Liga zu verstehen und Zeit einzusparen. Noël Tosi und ich haben noch viel zu lernen. 

Sie sind vor neun Monaten ins Tagesgeschäft der Jeunesse eingestiegen. Was hat Sie überrascht?

Das Potenzial in Luxemburg, aufgrund des fußballerischen Niveaus. Ohne jemandem zu nahe treten zu wollen: Die ganze Meisterschaft müsste professioneller gestaltet werden, da sowohl Qualität als auch die Mittel zur Verfügung stehen. Jede der Topmannschaften hat sich den Europapokal als Ziel gesetzt – aber nicht alle haben die finanziellen Möglichkeiten wie Flavio Becca. Trotzdem gibt es viele kleine Dinge, die verändert werden könnten, ohne dass sich gleich jeder davon bedroht fühlt. Mit unserer Erfahrung aus dem Profibereich möchten wir einen Teil dazu beitragen. 

Was ist in Luxemburg an Professionalisierung möglich?

Dafür muss jeder an einem Strang ziehen. Nehmen wir nur als Beispiel Progrès Niederkorn. Sie haben es vorgemacht. Es sind die kleinen Dinge, die auf dem höchsten Niveau den Unterschied machen. Ein eigener Teamarzt oder Physiotherapeut, mehr Platz im Fitnessbereich … Das bedeutet nicht, dass man Milliarden Euro ausgeben muss. Man muss den Leuten ermöglichen, sich wohlzufühlen. Ist ein Trainer verärgert, da er wieder einmal vor verschlossenen Türen stand, färbt sich das auf die gesamte Stimmung ab. 

Was hat Sie dazu gebracht, über die französische Landesgrenze hinaus einen Job in Luxemburg anzunehmen?

Aufgrund meiner italienischen Wurzeln fand ich es schade, dass der Jeunesse ihr Stolz aus alten Zeiten etwas abhandengekommen ist. Ich pflege gute Kontakte zu Nico Braun und Guy Hellers. Nachdem ich mehrere Spiele gesehen hatte, auch auswärts, war ich überzeugt, dass dieser Klub Potenzial besitzt. So kam es, dass ich mich in den Verein verliebt habe. Gleichzeitig haben die Vereinsverantwortlichen alles darangesetzt, um mich für sich zu gewinnen. Der Präsident hat mir vertraut, das werde ich nie vergessen. 

Es sind die kleinen Dinge, die auf dem höchsten Niveau den Unterschied machen. Ein eigener Teamarzt oder Physiotherapeut, mehr Platz im Fitnessbereich … Das bedeutet nicht, dass man Milliarden Euro ausgeben muss.

Pascal Molinari, Jeunesse-Manager

Die einfachere Variante wäre wohl gewesen, beim FC Metz zu bleiben.

Ich hätte andere Optionen gehabt. Ich habe als Agent gearbeitet, aber die Jeunesse hat es mir angetan. Während der drei Jahre, in denen ich bei der Scouting-Abteilung des FC Metz war, gab es diesen Abstieg in die Ligue 2. Es war eine Katastrophe. Nicht wegen der Transfers, aber wegen der komplizierten Phase. Für mich war es nie ein Ziel, mich in Metz zu investieren. Ich möchte der „Alten Dame“ unter die Arme greifen und sie quer durch Europa begleiten.

Welche Ziele streben Sie mittel- und langfristig mit den Schwarz-Weißen an?

Ich liebe Wettkämpfe, deshalb blicke ich in die kurzfristige Zukunft. Auch wenn die Leute mich für komplett verrückt halten: Wir wollen einen „europäischen Platz“ ergattern. Ich bin überzeugt, dass wir die Mannschaft dafür haben. Die Spieler tun alles dafür, um dieses Ziel zu erreichen. Sie sind professionell. Für mich geht es darum, das Ziel so schnell wie möglich zu erreichen. Man motiviert kein Team, indem man von Fünfjahresplänen spricht. „Je vais droit au but.“ Klar werden wir uns dafür in dieser Saison ranhalten müssen. Noël Tosi ist ein Trainer, der an junge Spieler glaubt. Wenn er mir sagt, dass die Jeunesse das Niveau einer Ligue-2-Mannschaft hat, dann glaube ich ihm. Der Coach hat das Feuer in der Kabine neu entfacht. 

Wie würden Sie derzeit die Stimmungslage in den Kabinen beschreiben?

Sie lebt wieder. Von außen hört man Musik und Lachen. Die Jungs freuen sich, wenn sie sich sehen. Das braucht man sie nicht zu fragen, man sieht es ihnen an. Allein die Tatsache, dass die gute Laune zurückgekehrt ist, kann man als Sieg verbuchen. Das Schwierigste war, die Köpfe freizubekommen. Es sieht zumindest so aus, als wäre das geschafft. 

Sind Sie eine Person, die den Kontakt zu den Spielern sucht?

Auf jeden Fall. Ich bin regelmäßig bei den Trainingseinheiten dabei. Mit Milos Todorovic und Arsène Menessou hat das Team zwei Chefs. Sie leiten die Kabine sehr gut. Sobald es kleine Probleme gibt, rede ich mit den beiden darüber. „Todo“ ist aufgrund seiner Jeunesse-Vergangenheit eine Respektsperson, während Menessou eine Art Vater ist – obschon er mir übelnehmen wird, dass ich ihn jetzt als älteres Semester abgestempelt habe. Es sind zwei gute Jungs, die das Gleichgewicht in der Kabine garantieren. 

Sie hatten sich bereits im Juni für Trainer Noël Tosi eingesetzt, im Januar wurde er eingestellt. Warum ist er der Mann, den dieser Klub braucht?

Ich bin überzeugt davon, dass man den Erfolg im modernen Fußball über Leidenschaft und Menschlichkeit erreicht. Und genau dies stellt Tosi dar. Für mich war die oberste Priorität, einen Trainer zu finden, mit dem man reden kann. Ohne über andere Personen lästern zu wollen: Die Zeiten, in denen ein strenger Trainer mit den Fäusten auf den Tisch haute und brüllte, um sich durchzusetzen, sind vorbei. Heute kommen die Spieler mit dicken Kopfhörern zum Training. In den Umkleideräumen wird geduzt und getanzt. Mich hat u.a. Jean Fernandez (ehemaliger Coach des FC Metz) geprägt. Mit ihm konnte man sich Tag und Nacht über Fußball unterhalten und lachen. Ich würde also eher zu einem Jürgen Klopp (Liverpool) als zu einem Mourinho (Tottenham) tendieren. Für mich muss der Trainer einerseits anspruchsvoll sein, aber eben gleichzeitig auch gut mit jungen Menschen umgehen können. Es ist eine Frage des Gleichgewichts. Er ist atypisch. Einige mögen es ungewöhnlich finden, dass er nebenher Romane geschrieben hat. Aber er war seiner Zeit einen Schritt voraus. Jeder, der diesem Mann nicht vertraute, hat sich geirrt. Wir hatten in den vergangenen Monaten kein taktisches Gleichgewicht. Er wird der Mannschaft wieder Charakter einflößen. Mit ihm werden wir die Gegner überraschen. Er hat jetzt bereits bei Freistößen Dinge einstudieren lassen, die sich niemand erwartet. Er hat alles, was wir brauchen, um einen Schritt nach vorne zu machen. Dieser Mann ist eine Perle.

Trotzdem ist es ein Risiko, die Geschicke einem Trainer anzuvertrauen, der die Liga nicht kennt.

Das hat unser nächster Gegner Racing bekanntlich auch getan. Für mich ist die internationale Erfahrung wichtiger. Es braucht jemanden, der die Mannschaft betreuen und führen kann. Hat ein Luxemburger diese Einstellung? Thomas Tuchel (PSG) hat in drei Monaten Französisch sprechen gelernt. Umgekehrt hat Leonardo Jardim in Monaco ohne Ligaerfahrung Großartiges geleistet. 

Zu den Neuzugängen, Michaël Faty und Vincent Peugnet. Was werden diese beiden Spieler der Mannschaft bringen?

Faty ist der Stürmer, den der Trainer haben wollte: schnell, bemüht, die Tiefe zu suchen und mit 5 Toren in Cherbourg zuletzt auch erfolgreich in seinem Job. Metz hat uns Innenverteidiger Peugnet fast umsonst ausgeliehen. Er ist diskret und ein guter Typ. Wenn man in unserer Lage ist, hat man keine Wahl und muss sich verstärken. 

Ihre Art, auszusprechen, was Sie denken, kam nicht unbedingt überall gut an.

Das habe ich recht schnell gemerkt. Ich war anfangs sehr euphorisch. Es ist meine Mentalität, alles gleich umsetzen zu wollen. Ich habe eingesehen, dass ich es etwas langsamer angehen muss. Nichtsdestotrotz sind die Vereinsverantwortlichen sehr zufrieden. Ich habe noch einige Dinge in Arbeit, Partnerschaften mit anderen Vereinen zum Beispiel. Es können noch viele Netze angezapft werden. 

Cartier 57
13. Februar 2020 - 14.19

Très bon travail de Monsieur Molinari. En espérant que le comité soit à la hauteur. Et ça ce n’est pas gagné