InterviewSchwimmstar Marco Koch: „Das Euro Meet ist der perfekte Kick-off“

Interview / Schwimmstar Marco Koch: „Das Euro Meet ist der perfekte Kick-off“
Marco Koch ist ein Dauergast beim Euro Meet – im Interview erklärt er unter anderem, warum er so gerne in der Coque schwimmt Foto: Gerry Schmit

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Euro Meet, International Swimming League (ISL) und Olympia: Der ehemalige Weltmeister Marco Koch geht im Tageblatt-Interview auf die unterschiedlichsten Themen ein. Der deutsche Schwimmstar, der am Samstag 30 Jahre alt wird, will in der Coque nicht nur seinen Titel verteidigen, sondern auch einen weiteren Formcheck auf dem Weg nach Tokio durchführen.

Tageblatt: Glückwunsch zur geschafften Olympia-Norm. Obschon die Euro-Meet-Organisatoren jetzt vielleicht etwas enttäuscht sind, dass Ihnen dies nicht in Luxemburg gelingt, dürfte Ihnen damit schon etwas Druck von den Schultern gefallen sein?

Marco Koch: Ich habe ehrlich gesagt nicht damit gerechnet, dass ich in China gleich die Norm schwimmen würde (vergangene Woche, Anm. d. Red.), zumal ich dort mit starken Rückenschmerzen zu kämpfen hatte. Angepeilt war das tatsächlich erst in Luxemburg, aber natürlich nimmt es Druck raus, da ich die Norm jetzt schon so früh geschwommen bin. Es ist eine gute Grundlage zum Aufbau in Richtung Tokio.

Sie sind damit als erster deutscher Schwimmer (höchstwahrscheinlich) qualifiziert. Haben Sie während des Rennens in Shenzhen gewusst, dass Ihre Zeit (2:09:81) reichen würde?

Genau, direkt qualifiziert bin ich jetzt nicht. Wenn ich am Ende des Qualifikationszeitraums unter den besten zwei (deutschen) Schwimmern über 200 Brust bin, bin ich quasi erst qualifiziert. Die Norm von 2:09:90 war mir bekannt und da ich keine direkte Konkurrenz in Deutschland habe, wusste ich, dass ich die Norm lediglich unterbieten muss. Ich weiß aber auch, dass es noch viel schneller geht. Daran gilt es jetzt in den nächsten Monaten mit meinen Coaches Dirk Lange und Shila Sheth zu arbeiten.

Darf man diesen Moment in dieser Phase des Olympia-Jahres eigentlich ein wenig feiern?

Die Norm von 2:09:90 ist auf dem Weg zu einer viel schnelleren Zeit keine unmögliche Zeit gewesen, weshalb ich bereits im Januar eine Unterbietung angepeilt habe. Natürlich nimmt das nun erst mal Druck weg, aber feiern werde ich erst nach einem erfolgreichen Start bei den Olympischen Spielen. 

Sie haben erst vor wenigen Wochen entschieden, die Zusammenarbeit mit Trainer Henning Lambertz zu beenden. Was hat Sie zu diesem Schritt bewogen? Warum kann Dirk Lange Sie in Tokio zum Erfolg führen?

Ich habe mich dazu entschlossen, die Zusammenarbeit mit Henning Lambertz zu beenden, da ich das Gefühl hatte, dass ich nochmal einen neuen Reiz setzen muss im Hinblick auf Tokio. Dirk Lange und ich kennen uns sehr lange und wir haben schon erfolgreich zusammengearbeitet, deswegen bin ich davon überzeugt, dass wir auch jetzt erfolgreich zusammenarbeiten. Wir verstehen uns gut und Dirk ist ein super Trainer, dem ich voll und ganz vertraue.

In Ihrer Sammlung fehlt lediglich eine Olympiamedaille. Warum wird es in diesem Jahr so weit sein?

Ich werde bald 30 Jahre alt und da ist einem durchaus bewusst, dass man nicht mehr sehr viele Jahre auf diesem Niveau schwimmen wird. Ich habe die vergangenen Jahre alles auf die Olympischen Spiele in Tokio ausgerichtet. Die Konkurrenz ist aber groß und vor allem in den letzten Jahren stark gewachsen. Da versuche ich nun dranzubleiben und alles dafür zu tun, dass ich mit meiner Leistung in Tokio glücklich bin – am besten natürlich mit einer Medaille.

Der Brustschwimmer pflegt ein gutes Verhältnis zu seinem einstigen Rivalen Laurent Carnol
Der Brustschwimmer pflegt ein gutes Verhältnis zu seinem einstigen Rivalen Laurent Carnol Foto: Gerry Schmit

Wie schafft man es, auf diesem Niveau noch ein paar Prozent herauszukitzeln?

Auf diesem Niveau spielen natürlich kleine Elemente eine entscheidende Rolle. Es ist Geduld und Körpergefühl gefragt. Nach so vielen Jahren im Leistungssport kenne ich meinen Körper gut und weiß, wie ich in bestimmten Situationen reagieren muss. Mit einem guten Trainerteam ist man natürlich super aufgestellt. Hier ist blindes Vertrauen auf jeden Fall von Vorteil.

Gelungene Premiere

Neben den Einsätzen für die Nationalmannschaft haben Sie 2019 an der Premiere der Profiliga International Swimming League teilgenommen. Wie lautet Ihre Analyse dieses neuen Wettkampfs?

Die ISL war eine tolle Erfahrung und ich würde mich freuen, in der anstehenden Saison wieder an den Start gehen zu dürfen. Das Konzept ist super, man wird aber sicher noch ein paar Saisons brauchen – für einen Feinschliff an der einen oder anderen Stelle. Insgesamt wurde bislang aber eine tolle Arbeit geleistet und ich bin davon überzeugt, dass die ISL Zukunft hat. Für mich persönlich war es super, in einem internationalen Team wie den New York Breakers starten zu dürfen. Etwas anstrengend waren sicherlich die kurzen Reisen in die USA, da ich mit Jetlag zu kämpfen hatte. Insgesamt ist mein Fazit aber positiv und ich bin froh, zu den Teilnehmern der ersten Saison gehört zu haben.

Brauchte der Schwimmsport dieses neue Format und was kann damit erreicht werden?

Der Schwimmsport braucht das Format auf jeden Fall – es ist der Schritt in die richtige Richtung, in Richtung Professionalisierung. Ich weiß, dass es in anderen Ländern anders ist, aber in Deutschland ist es sehr schwierig, vom Schwimmsport zu leben. Ich habe das Glück, seit einigen Jahren starke Partner an der Seite zu haben, sodass ich mich voll und ganz auf den Sport konzentrieren kann. Wenn man nicht zum Bund oder zur Polizei möchte, dann ist es extrem schwer, sich eine Profikarriere zu leisten. Hier bietet die ISL professionellen Schwimmern eine Plattform, um Geld zu verdienen und sich so möglichst komplett auf den Sport konzentrieren zu können.

Wie kam die ISL insgesamt bei den Superstars der Branche an? Wie hat sich der internationale Schwimmverband letztlich aus dieser Geschichte gezogen?

Alle Sportler, mit denen ich gesprochen habe, sind begeistert von der ISL. Es hat großen Spaß gemacht, auf hohem Niveau zu „racen“. Etwas ganz Besonderes war für uns Schwimmer das Team drumherum, da wir ja normalerweise für uns und die Platzierung schwimmen. Dieser Teamgedanke macht die ISL definitiv zu etwas Besonderem. Zu den Gesprächen zwischen ISL und FINA (internationaler Schwimmverband, Anm. d. Red.) kann ich leider nichts sagen.

Wie könnte die Zukunft des Schwimmsports aussehen? Werden solche internationalen Serien die sogenannten „Traditionsmeetings“ ersetzen?

Ich glaube, dass beides bestehen bleiben wird. Die Traditionsmeetings sollten nicht von der Bildfläche verschwinden. Der Schwimmsport entwickelt sich gerade dahin, dass man nicht „nur noch“ ein- oder zweimal pro Jahr schnell schwimmen muss, sondern alle zwei bis drei Wochen. Die Wettkämpfe nehmen immer mehr eine zentrale Rolle im Schwimmer-Alltag ein, da werden Traditionsmeetings, ISL-Meets und Meisterschaften Platz finden.

Der Schwimmsport entwickelt sich gerade dahin, dass man nicht ‚nur noch’ ein- oder zweimal pro Jahr schnell schwimmen muss, sondern alle zwei bis drei Wochen. Die Wettkämpfe nehmen immer mehr eine zentrale Rolle im Schwimmer-Alltag ein, da werden Traditionsmeetings, ISL-Meets und Meisterschaften Platz finden.

Marco Koch, Olympia-Teilnehmer

Haben Euro Meet und Co. überhaupt noch eine Daseinsberechtigung?

Das Euro Meet sehe ich als beliebtes Traditionsmeeting und es sollte definitiv bleiben! Ich und auch viele andere Sportler fühlen sich wohl beim Wettkampf in Luxemburg .

Seit 2013 sind Sie Stammgast und haben einen 200-m-Titel zu verteidigen. Warum ist dieses Turnier so beliebt in Ihrem Wettkampfkalender?

Da zum Ende des Jahres oftmals einige Kurzbahn-Wettkämpfe anstehen, ist das Euro Meet der perfekte Kick-off für die anstehende Langbahn-Saison und man kann seine Form testen.

Erfolgreichster Luxemburger auf Ihrer Paradestrecke war Laurent Carnol. Wie war das Verhältnis zu Ihrem Konkurrenten? Freuen Sie sich auf ein Wiedersehen außerhalb des Beckens?

Ich hatte immer ein super Verhältnis zu Laurent. Wir haben in der Vergangenheit auch einige gemeinsame Trainingslager absolviert. Ich freue mich immer, ihn zu sehen, egal ob im Becken oder außerhalb.

Steckbrief

Marco Koch (D)
Geboren am 25. Januar 1990 in Darmstadt
Grösse und Gewicht: 185 cm, 80 kg
Disziplinen: 100 und 200 m Brust (deutscher Landesrekordhalter seit 2016) 
Verein: DSW 1912 Darmstadt
Erfolge: Weltmeister 2015, Europameister 2013, 2014, 2015, Weltrekord 2016 auf den 200 m Brust (2:00:44), Platz 7 bei den Olympischen Spielen in Rio

Euro Meet: Der Zeitplan

Freitag (Vorläufe ab 9.00 Uhr): 400 m Lagen (jeweils Damen und Herren), 200 m Schmetterling, 800 m Freistil Damen, 1.500 m Freistil Herren, 100 m Rücken, 50 m Schmetterling 
Samstag (Vorläufe ab 8.30 Uhr): 50 m Brust, 50 m Rücken, 200 m Freistil, 100 m Schmetterling, 200 m Brust, 50 m Freistil, 1.500 m Freistil Damen, 800 m Freistil Herren
Samstag (Nachmittag): Staffel 4×100 m Freistil
Sonntag (ab 8.00 Uhr): 400 m Freistil, 100 m Brust, 200 m Rücken, 200 m Lagen, 100 m Freistil 
Sonntag (Nachmittag): Staffel 4×100 m Freistil