MietrechtsprozessBauexperte soll reellen Wert der Wohnung ermitteln

Mietrechtsprozess / Bauexperte soll reellen Wert der Wohnung ermitteln
Laut Mietgesetz von 2006 darf die Jahresmiete für eine Wohnung höchstens 5 Prozent des investierten Gesamtkapitals betragen. Vielen Mietern ist diese Regelung jedoch nicht bekannt. Ein Einwohner des Limpertsbergs hat die Einhaltung des Gesetzes jetzt vor Gericht eingeklagt. Foto: Editpress/Isabella Finzi

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Die Jahresmiete für eine Wohnung darf laut Mietgesetz von 2006 höchstens 5 Prozent des investierten Gesamtkapitals betragen. In vielen Fällen wird dieses Gesetz missachtet. Ein Mieter hatte die Einhaltung dieser Regelung vor dem Friedensgericht Luxemburg eingeklagt. Weil der Vermieter keinen Nachweis über das investierte Kapital vorlegte, hat das Friedensgericht am gestrigen Donnerstag einen Bausachverständigen damit beauftragt, den Wert der Wohnung aus dem Jahr 1957 zu ermitteln. Die Beweislast liegt laut Gericht beim Vermieter.

Michel R. hatte am vergangenen Donnerstag (9. Januar 2020) Klage vor dem Friedensgericht Luxemburg eingelegt, weil die Miete, die er für seine Wohnung im hauptstädtischen Viertel Limpertsberg zahlt, über der gesetzlich festgelegten Mietobergrenze liege. Das Mietgesetz von 2006 besagt, dass die Jahresmiete eine Mindestgrenze von 5 Prozent des in die Wohnung investierten Kapitals nicht überschreiten darf. Mit dem Vermieter Théo F. hatte sich Michel R. 2014 vertraglich auf eine Monatsmiete von 1.500 Euro zuzüglich 200 Euro Nebenkosten geeinigt. Nachdem er vergangenes Jahr von der 5-Prozent-Grenze erfahren hatte, bat Michel R. seinen Vermieter, den Mietpreis für die Wohnung auf 900 Euro (zzgl. Nebenkosten) zu senken. Der Vermieter lehnte jedoch ab. Daraufhin befasste Michel R. die Mietkommission der Stadt Luxemburg mit dem Fall, die den Antrag auf Mietminderung mit dem Hinweis auf das investierte Kapital zurückwies. Pikantes Detail: Das investierte Kapital der 1957 errichteten Immobilie hat der Vermieter bislang nicht vorgelegt, sodass es auch nicht in die Berechnung der Mietkommission einfließen konnte.

Deshalb hatte Michel R. die Entscheidung der Mietkommission vor dem Friedensgericht Luxemburg als unbegründet angefochten. In seinem Plädoyer stellte der Kläger am vergangenen Donnerstag eigene Berechnungen an. Er hatte sich bei Nachbarn erkundigt und herausgefunden, dass der Preis für eine 90-Quadratmeter-Wohnung auf Limpertsberg im Jahr 1957 zwischen 600.000 und einer Million Luxemburger Franken gelegen habe. Unter Berücksichtigung der im Gesetz vorgesehenen Neubewertungskoeffizienten und der Abschlagregelung für ältere Wohnungen war Michel R. zu dem Schluss gekommen, dass die reelle Monatsmiete für seine Wohnung zwischen 500 und 700 Euro liegen müsse.

Die Anwältin des Vermieters hatte in der Verhandlung vor dem Richter darauf hingewiesen, dass eine Expertise aus dem September 2018 den Wert des gesamten Gebäudes auf über 2,6 Millionen Euro geschätzt habe. Damit könne der jeweilige Wert der vier Wohnungen auf rund 665.000 Euro beziffert werden. Statt einer Mietminderung forderte die Anwältin den Friedensrichter dazu auf, die Miete auf 2.000 Euro zu erhöhen.

Investiertes Kapital ist nicht gleich Marktpreis

In seinem am Donnerstag (16. Januar 2020) gefällten vorläufigen Urteil erklärt das Friedensgericht den Einspruch des Rechtsuchenden für zulässig und ernennt einen Sachverständigen, der das investierte Kapital der betreffenden Wohnung auf Limpertsberg herausfinden soll. Der Experte solle den Wert des Grundstücks und der Erbauung der Immobilie im Jahr 1957 ermitteln, unter Berücksichtigung des Neubewertungskoeffizienten und der zweijährigen Abschlagregelung sowie der Unterhalts- und Reparaturkosten, die in den vergangenen Jahrzehnten durchgeführt wurden, hält der Richter fest. Da es sich bei der Immobilie um eine möblierte Wohnung handelt, darf die Miete laut Gesetz höchstens doppelt so hoch sein wie für eine unmöblierte Wohnung. Ausschlaggebend sei der Wert der Möbel, den der Sachverständige nun ebenfalls ausmachen soll. Das Argument der Anwältin des Vermieters, das betreffende Gebäude habe heute einen Wert von 2,6 Millionen Euro, lässt das Gericht nicht gelten. Entscheidend für die gesetzlich festgelegte Berechnung der Miete sei nicht der aktuelle Wert, sondern das zu ermittelnde investierte Kapital, das in diesem Fall nicht mit dem heutigen Marktpreis übereinstimme.

Die Kosten für die Expertise trägt erst einmal der Vermieter, den das Gericht dazu auffordert, eine Anzahlung von 1.000 Euro zu leisten. Der Richter begründet diese Entscheidung damit, dass die Beweislast auf dem Besitzer der Immobilie liegt. Zwei Monate hat der Sachverständige nun Zeit, um das investierte Kapital der Wohnung und den Wert der Möbel festzustellen. Auf der Grundlage des Expertenberichts will der Richter ein weiteres Urteil fällen. Am 14. Mai wird die Verhandlung vor dem Friedensgericht Luxemburg fortgesetzt.

dranghi
17. Januar 2020 - 13.15

Ich dachte der reelle Wert sei der Einheitswert der noch vom Gauleiter festgelegt wurde? Wann bekommen wir endlich eine Grundsteuer-Reform die die Bauern nicht mehr bevorzugt?

TOS
17. Januar 2020 - 11.49

Soll das etwa im Umkehrschluss auch heissen, dass wenn heute dieses Appartment für 700.000 Euro verkauft werden würde, der neue Besitzer (er hat ja nun 700.000 Euro investiert) einen anderen Mietpreis verlangen könnte als der aktuelle Besitzer? Spannend, das wird wohl noch einige Gerichte beschäftigen.