StaatsfinanzenDie sichere Geldquelle

Staatsfinanzen / Die sichere Geldquelle

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Die anteilsmäßig zweitwichtigste Geldquelle des Luxemburger Staats, nach den Steuern auf dem Einkommen von Privatpersonen, ist die vor 50 Jahren eingeführte Mehrwertsteuer (TVA). Für den Staat handelt es sich um eine überaus praktische Einnahmequelle.

Bis nach 2000 waren die privaten Unternehmen des Landes, die anteilsmäßig zweitwichtigste Einnahmequelle des Staates. Damals standen sie für 24 Prozent aller Steuern. Doch bereits fünf Jahre später war ihr Anteil auf 21 Prozent abgefallen. Die Mehrwertsteuer hatte an Gewicht zugelegt.

Und das blieb so: Die Steuern der Unternehmen waren nach der Finanzkrise auf 17 Prozent gefallen, bis sie 2018 wieder 21 Prozent Anteil erreichten. Die TVA liegt, nach einem Anstieg auf 25 Prozent in 2005, mit 22 Prozent immer noch vorne. Satte 3.724 Millionen Euro hat die Mehrwertsteuer dem Staat 2018 eingebracht.

Für eine Regierung ist die Mehrwertsteuer eine sehr praktische Einnahmequelle. Sobald ein Endverbraucher etwas kauft, erhält der Staat einen Anteil. Während Zölle und Verkehrsteuern bereits seit tausenden Jahren bekannt waren, so wurden Verbrauchsteuern erst zu Beginn der Neuzeit eingeführt. Mittlerweile erheben rund 120 Staaten eine Mehrwertsteuer und erzielten daraus im Schnitt ein Viertel ihrer Steuereinnahmen.

TVA feiert 50. Geburtstag

In Luxemburg wurde die TVA vor 50 Jahren eingeführt. Auf Initiative der EU-Kommission. Bereits im Vertrag von Rom (1957) war die Rede von europäischen Regeln für eine Umsatzsteuer. Es galt, die Rahmenbedingungen für einen gemeinsamen Binnenmarkt festzulegen. Zehn Jahre später wurden solche Regeln mittels zwei EU-Direktiven angenommen.

Auch vor der TVA gab es auch bereits eine Umsatzsteuer: Auf absolut jeden Verkauf entfiel eine geringe Steuer, etwa 2 Prozent. Dieses System benachteiligte jedoch kleine Unternehmen: Während große Konzerne beispielsweise ihre eigenes Eisenerz (firmenintern steuerfrei geliefert) verarbeiten konnten, mussten kleine Betriebe die Rohstoffe erst einkaufen und darauf Steuern zahlen.

Mit dem EU-weit eingeführten System der Mehrwertsteuer wurde das anders: Es findet keine Kumulation der Steuerbelastung mehr statt. Der Endverbraucher zahlt, und jedes Unternehmen reicht den Anteil an der Steuer an den Staat, der den von ihm erarbeiteten Mehrwert betrifft.

1970 trat das betreffende Gesetz in Luxemburg in Kraft. Die TVA war definiert als nationale Steuer, die einigen gemeinsamen Regeln unterliegt. Die Staaten konnten die Steuersätze festlegen, wie sie wollten. In Luxemburg waren es anfangs 8 Prozent. Da jedoch weniger Steuern eingenommen wurden als vorher, wurde der Satz schnell auf 10 Prozent erhöht.

Nach und nach hat Europa das System erweitert und verbessert. Zehn Jahre nach den ersten Direktiven folgte (1977) ein weiterer großer Schritt in Richtung Harmonisierung. Da die jährlichen Finanzbeiträge der Mitgliedstaaten durch „eigene“ Einnahmen (unter anderem ein Prozentpunkt der TVA-Einnahmen) ersetzt wurden, wurde es unerlässlich, eine einheitliche Bemessungsgrundlage für die Erhebung der Steuer festzulegen. Heute liegt der Beitrag für die EU bei 1,64 Prozent dieser Bemessungsgrundlage.

Eine neue Direktive folgte im Jahr 1992. Ab nun darf kein Land mehr einen Mehrwertsteuersatz haben, der unter 15 Prozent liegt. Es galt den für viele großen Länder schädlichen Steuerwettbewerb zwischen den Standorten einzudämmen. Zudem wird ein sogenannter „taux réduit“ für gewisse, klar definierte Produkte eingeführt. In Luxemburg stieg der Satz damit von 12 (seit der Stahlkrise) auf die nun minimal vorgeschriebenen 15 Prozent.

Trotzdem blieb der günstigere Steuersatz in Luxemburg ein wichtiger Standortvorteil. Dies machte sich vor allem im Bereich gewisser Dienstleistungen (E-Commerce) bemerkbar. Besteuert wurden diese nicht im Land des Verbrauchers, sondern in ihrem Herkunftsland.

Aus 1 Milliarde wurden weniger als 10 Millionen

Luxemburg erlebte eine explosionsartige Entwicklung bei diesen TVA-Einnahmen: In dem Jahr generierte der Onlinehandel 180 Millionen Euro für den Staat. In zwei Jahren stiegen die Einnahmen auf praktisch 1 Milliarde Euro jährlich. Im ertragreichsten Jahr, 2014, flossen dank des Sektors 1,08 zusätzliche Milliarden Euro in die Steuerkasse.

Doch damit war ab 2015 Schluss. Auf europäischer Ebene war entschieden worden, dass die Mehrwertsteuer auf E-Commerce künftig in den Ländern zu entrichten ist, in dem die Kunden ansässig sind. Während einer Übergangszeit durfte Luxemburg noch einen Anteil von 30 Prozent an den Einnahmen behalten.

Das machte sich bei den Zahlen schnell bemerkbar: 2015 fiel die Summe der eingenommenen Steuern auf 555 Millionen Euro – 2016 bereits auf 383 Millionen. Auch in den beiden Folgejahren brach die Summe der Steuereinnahmen durch Onlinehandel weiter ein: um satte 77 Prozent im Jahr 2017 und noch einmal um 46 Prozent im Jahr 2018.

Starker Einbruch der TVA

Seit dem 1. Januar 2019 ist es nun komplett vorbei mit dem Geldfluss. Nun werden alle Steuern in dem Land bezahlt, wo der Kunde seinen Wohnsitz hat. Nur die Steuern auf nationalen Verkäufen bleiben demnach heute im Land. Für das Gesamtjahr rechnete die Regierung in ihrer Planung letztes Jahr mit Einnahmen von 12,5 Millionen Euro. Mittlerweile wurde die Erwartung auf 9,5 Millionen zurückgeschraubt.

Der starke Einbruch dieser Steuern machte sich bei den Mehrwertsteuereinnahmen im Allgemeinen bemerkbar. Im Jahr 2015 waren die Mehrwertsteuereinnahmen um 4,6 Prozent rückläufig. Während insgesamt drei Jahren lagen die Einnahmen unter dem Niveau von 2014. Erst im 2018 lag das Volumen der Mehrwertsteuer über dem von 2014.

Dass Luxemburg es geschafft hat, einen Verdienstausfall von 1 Milliarde Euro wegzustecken, liegt auch an der Erhöhung ebendieser Steuer auf 17 Prozent im Jahr 2015. Vor fast genau fünf Jahren.

Mittlerweile sind diese Einnahmen wieder stark am wachsen. Um satte 10,8 Prozent lagen die Einnahmen 2018 höher als im Vorjahr. In den beiden Jahren vorher hatten sie um 7 Prozent zugelegt. Von 2020 bis 2023 soll die Zuwachsrate, laut Planung der Regierung, im Schnitt 6,3 Prozent betragen.

Im Rahmen der Serie über die Einnahmen des Staates sind erschienen: 
Abhängig von immer mehr Arbeitsplätzen: 2.1.2020
Die bedeutendste Geldquelle des Landes: 3.1.2020
Die schwankende Geldquelle: 9.1.2020
Die sichere Geldquelle: 11.1.2020
Die ungeliebte Geldquelle: 16.1.2020
Unterschätzte Investmentfonds 17.1.2020