Streit bei Beccas VirtonEx-Co-Trainer Bradasch spricht Klartext

Streit bei Beccas Virton / Ex-Co-Trainer Bradasch spricht Klartext
Erwin Bradasch wurde ohne das Wissen von Dino Toppmöller entlassen Archivbild: Jeff Lahr

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Nachdem der ehemalige F91-Trainer Dino Toppmöller bei Excelsior Virton seinen Rücktritt erklärt hatte, wurde Stillschweigen über die Ursachen der Trennung vereinbart. Jetzt redet sein langjähriger Co-Trainer Erwin Bradasch über seinen ehemaligen Verein, die Vereinsführung und Flavio Becca. 

Tageblatt: Noch bevor Dino Toppmöller bei Excelsior Virton seinen Rücktritt als Trainer erklärte, mussten Sie von Bord gehen. Wie haben Sie von Ihrer Entlassung erfahren?

Erwin Bradasch: Ich habe eine E-Mail bekommen, in der stand, dass ich mit sofortiger Wirkung entlassen bin. Dies passierte, während Dino (Toppmöller) ein Gespräch mit der Vereinsführung führte. Er wusste von nichts und während dieser Unterhaltung wurde ihm auch nicht mitgeteilt, dass ich entlassen wurde. Ich hätte mir bei diesem heiklen Thema ein Mindestmaß an Stil gewünscht.

Was wurde Ihnen vorgeworfen?

Da sollten Sie die Verantwortlichen fragen, mir wurde das bis heute nicht mitgeteilt. Eine Verpflichtung zur Angabe von Gründen sieht das belgische Arbeitsrecht meines Wissens nicht vor. Auch hier stellt sich die Stilfrage.

Ist das Thema Rücktritt erst in den Tagen und Wochen vor der Entscheidung bei Ihnen aufgekommen?

Bereits am 1. Oktober wurde intern besprochen, dass es Änderungen geben muss. Insbesondere war das Vertrauensverhältnis zu dem direkt verantwortlichen Vorgesetzten gestört. Der Hauptsponsor hatte uns Veränderungen zugesagt, diese allerdings nicht durchgeführt. Eine Erklärung, warum dies trotz Zusage nie erfolgt ist, wurde uns nie gegeben. Da wurde der Grundstein für diese Gedanken gelegt.

Wieso konnte das Trainerteam nicht mit Alex Hayes und Direktor Frédéric Lamotte zusammenarbeiten?

Unsere Bedenken waren mehr als begründet. Es wurden so viele Defizite aufgezeigt, die nicht einmal im Amateurfußball vorkommen. Das hatte natürlich Einfluss auf die Mannschaft und auf deren Leistung. Man kann eben nicht Wein predigen und nicht einmal Wasser auf den Tisch stellen. Wenn man einen Club professionell führen möchte, sollte man beim eigenen Handeln täglich Professionalität an den Tag legen. Gerade das ist den Herren leider nicht gelungen.

Man kann eben nicht Wein predigen und nicht einmal Wasser auf den Tisch stellen

Erwin Bradasch, Ex-Co-Trainer

Wie wurde Ihre Arbeit behindert?

Es ging mit den Trainingsplätzen los, die in einem schlechten Zustand waren. Die Platzwarte hatten nicht das geeignete Material, um etwas zu unternehmen. Um den Trainingsplatz fehlt ein Zaun, sodass die Bälle ständig im angrenzenden Wald oder auf den Bahnschienen verloren gehen. Das Entmüdungsbecken und die Sauna wurden nicht wie versprochen gebaut. Spieler fuhren selbst in den Baumarkt, um auf eigene Kosten Regentonnen zu kaufen für eine schnellere Regeneration. Die Duschen waren kalt, sodass die Spieler verschwitzt und ungeduscht nach Hause fuhren. Die Trainingskleidung war oft nicht rechtzeitig bereit und war noch in einem feuchten Zustand, weil es nicht genügend Trockner und Waschmaschinen gab, die teilweise auch gar nicht funktionierten. Einmal stand die Waschküche unter Wasser und die Ratten nisteten sich ein. Zwischen zwei Trainingseinheiten fehlte das Essen für die Spieler, weil das Catering-Unternehmen nicht bezahlt wurde. Die Videoanalyse fiel aus, weil die Stromrechnung nicht bezahlt wurde, der Mannschaftsarzt und der zweite Co-Trainer Jay Shoffner bekamen seit Monaten weder einen Vertrag noch Geld und die Situation der Physiotherapeuten war auch lange Zeit ungeklärt, sodass auch mal gar kein Physiotherapeut beim Training und sogar bei Testspielen da war. Der Athletiktrainer hat seit Anfang der Saison nur die Hälfte des vereinbarten Gehalts bekommen. Spieler mussten zwei Wochen auf einen MRT-Termin für eine genaue Diagnose ihrer Verletzung warten. Alles Probleme, die unsere tägliche Arbeit in erheblichem Maße beeinträchtigten und einer Organisation im Profifußball unwürdig sind.

Spieler fuhren selbst in den Baumarkt, um auf eigene Kosten Regentonnen zu kaufen für eine schnellere Regeneration

Erwin Bradasch, Co-Trainer

Wie verlief Ihre erste Kontaktaufnahme mit Alex Hayes?

Seine erste Amtshandlung war, am Tag der Partie des zweiten Spieltags gegen Union Saint-Gilloise eine E-Mail  zu verschicken mit der Aufforderung, die Spieler, die nicht im Kader sind, morgens und abends um sieben Uhr trainieren zu lassen. Wir konnten uns erst gar nicht vorstellen, dass ein solch erfahrener CEO so etwas ernst gemeint haben soll. Leider war es bitterer Ernst und der Beginn eines einzigen Missverständnisses.

Wie ging es danach weiter?

Die unterschiedlichen Auffassungen gingen weiter. Der Hauptsponsor wurde durch den CEO instrumentalisiert. Das professionelle Arbeiten wurde erheblich gestört, wenngleich wir der Mannschaft Spaß und Freude an der Arbeit vermitteln wollten.

Virton spielte als Aufsteiger eine starke Hinrunde. Welches Interesse hat ein CEO daran, den Verein aus dem Gleichgewicht zu bringen?

Für die sportlichen Erfolge war eben genau diese Person nicht verantwortlich. Ich könnte mir vorstellen, dass er damit nicht klarkam, da er eben eine andere Persönlichkeitsstruktur hat. Bestimmt bekommen Sie aber eine genauere Antwort auf diese Frage, wenn Sie mit den Menschen sprechen, mit denen er bei seiner letzten Aufgabe gearbeitet hat (Union Saint-Gilloise, Anm. d. Red.).

Investor Flavio Becca hat die Streitigkeiten als „Kindergarten“ bezeichnet. Hat er sich zu sehr auf die Seite von Hayes und Lamotte gestellt und Ihre Sorgen nicht ernst genommen?

Es war wie in einem schlechten Film. Flavio Becca, Dino und ich kennen uns bereits eine Weile, hatten zusammen Erfolg und er weiß, wie wir arbeiten. Ich kann nur vermuten, aber anscheinend hatten die Herren mit ihren Ideen Flavio Becca überzeugt. Dann wird der sportliche Erfolg nun wohl nicht mehr aufzuhalten sein. Wir beobachten die sportliche Entwicklung ganz gespannt.

Wie fiel die Reaktion der Mannschaft aus?

Sie war geschockt und traurig. Es wurden einige Tränen vergossen und es herrschte eine Stimmung wie auf einer Beerdigung. Die Arbeit mit der Mannschaft hat sehr viel Spaß gemacht und eine Entwicklung war deutlich erkennbar. Ideen wurden entwickelt und Pläne durchgesetzt. Es war ein echtes Team. Die Jungs dürfen nicht viel über diese Situation sagen, weil sie laufende Verträge haben. Ich würde gerne noch viel mehr Details preisgeben, aber ich respektiere die Entscheidung der Verantwortlichen. Ich kann nur jeden Interessierten einladen, genau hinter die Kulissen zu schauen. Profifußball ist eine Scheinwelt, kurzfristig können durch Glück und Zufälle Situationen entstehen, bei denen man denkt, man macht alles richtig. Wer nachhaltige Arbeit leistet, hat auch nachhaltigen Erfolg.

Rückblickend war also die Zusammenarbeit mit dem „Amateurverein“ Düdelingen deutlich angenehmer als die mit dem Profiverein Virton?

In Luxemburg wussten wir, dass wir in einer Amateurliga sind. Auch dort haben wir lange für eine Sauna und ein Entmüdungsbecken gekämpft und sie nach der Qualifikation für die Gruppenphase der Europa League auch bekommen. In Düdelingen war die Zusammenarbeit mit den Menschen deutlich angenehmer. Sie haben versucht, zu machen, was in ihrer Macht stand. Die Erfolge sind ein deutliches Zeichen dafür, dass im Verein alle in die gleiche Richtung gearbeitet haben. In Virton geht es anscheinend nicht um die Mannschaft, sondern um das Ego Einzelner.

Wird es in Zukunft noch eine Zusammenarbeit Becca-Toppmöller-Bradasch geben?

Nein.

den Aalen
19. Dezember 2019 - 15.09

dat do as guer neicht neits als trainer oder co trainer setzt de emmer op engem wackellegem stull op dat virton oder f91 oder hesper ass