Von der Formel 1 nach Le Mans: Publikumslieblinge Button und Montoya im Gespräch

Von der Formel 1 nach Le Mans: Publikumslieblinge Button und Montoya im Gespräch

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Der eine war 2009 Formel-1-Weltmeister und ist frischgebackener japanischer Super-GT-Champion, der andere mehrfacher GP-Sieger. Beide waren in ihrer Formel-1-Zeit große Publikumslieblinge. Die Rede ist von Jenson Button und von Juan-Pablo Montoya.

Von Fernande Nickels und Marie-Jo Nickels (Text und Fotos)

Nach ihrer aktiven Formel-1-Zeit sind sie nun bei den Langstreckenrennen gelandet. Der Brite Jenson Button fährt für SMP Racing in der FIA-WEC sowie für Honda in der Super-GT-Meisterschaft in Japan und der Kolumbianer Juan Pablo Montoya bestreitet in Amerika für das Acura-Penske-Team die IMSA-Meisterschaft. Beide gaben aber auch im Juni dieses Jahres ihr Debüt beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans.

Tageblatt: Herr Button, kann man überhaupt ein Formel-1-Auto mit einem LMP1-Prototypen, mit dem Sie in Le Mans fahren, vergleichen?
Jenson Button: Es gibt zwei große Unterschiede zwischen Prototyp und Formel 1: Zum Ersten dachte ich, die LMP1 seien viel schneller auf den Geraden, aber dem ist nicht so. Zum Zweiten ist die Kurvengeschwindigkeit beim Prototypen allerdings phänomenal. Mit einem F1-Auto musst du in den Kurven immer untersteuern, sonst landest du neben der Strecke. Mit einem Le-Mans-Auto hast du im Kurveneingang sehr viel Grip. Du erwartest dir eigentlich nicht, dass das Auto auf der Strecke bleibt, aber es geht dennoch und das mit einer nur minimalen Steuerbewegung. Mit dem LMP1 in Le Mans durch die Porsche-Kurven zu fahren, ist einfach der Hammer.

Herr Montoya, Sie fahren in Amerika das DPI-Auto und in Le Mans einen LMP2. Wie fällt der Vergleich aus?
Juan Pablo Montoya: Ich finde eigentlich, dass die Daytona-DPI-Prototypen und die LMP2 der WEC in etwa gleich sind. Durch die „Balance of Performance“ rückt das Feld sehr eng aneinander. Ich glaube daher, dass man in der IMSA-Serie eine gute Chance hat, mit einem Kunden-Auto ein Rennen zu gewinnen. Manchmal ist es sogar sehr frustrierend, wenn du glaubst, einen großen Vorsprung auf deine Konkurrenten zu haben und dann realisierst du , dass dies gar nicht der Fall ist. Wie zum Beispiel in Mid Ohio, wo wir sehr stark im Training und im Qualifying waren und dann im Rennen nur das fünftschnellste Auto hatten. Wir haben das Rennen schlussendlich dann doch gewonnen, aber nur, weil meine Teamkollegen und ich eine schnelle Runde nach der anderen hingelegt haben.

Wie ist das in der Langstrecke mit dem Teamspirit?
J.B.: In der Formel 1 brauchst du auch Teamspirit, aber es ist ein anderer als bei Langstreckenteams. Der Unterschied liegt darin, dass du bei den Endurance-Rennen dein Auto mit einem oder mehreren Teamkollegen teilst. In Le Mans oder auch bei den Super GT in Japan gibst du alle Informationen an deine Teamkollegen weiter, in der Hoffnung, dass sie somit gleich schnell oder womöglich noch schneller sind als du. Du freust dich, wenn sie schnell sind. In der Formel 1 hingegen ist es genau das Gegenteil: Dort bist du gar nicht froh, wenn dein Teamkollege schneller ist als du selbst. Du musst einfach lernen, dass bei den Langstreckenrennen der Informationsaustausch wichtig ist, um das Team voranzutreiben.

Wie war es für Sie, in der Nacht ein Rennauto zu fahren?
J.B.: Anfangs war es sehr fordernd, aber man gewöhnt sich recht schnell daran, im Dunklen zu fahren. Es macht richtig viel Spaß, in der Nacht in Le Mans durch die Schikanen zu fahren. Die Porsche-Kurven sind hingegen viel schwieriger zu fahren. Am Tag ist es schon ein sehr schneller Streckenabschnitt, und bei Nacht hast du das Gefühl, mit 500 km/h da durchzubrettern. Hinzu kommt das Flutlicht, das diesen Streckenabschnitt in Tageslicht erhellen lässt, das ist wirklich sehr gewöhnungsbedürftig. Das Auto ist zwar bei Tag und bei Nacht das gleiche, aber dein Gehirn muss sich auf die verschiedenen Lichtverhältnisse einstellen, und diese ändern sich in der Nacht von Runde zu Runde.
J.P.M.: Nachts zu fahren ist schon sehr schwer, da du die Bremspunkte schlecht erkennst. Wenn es dann anfängt zu regnen, wird es noch schwieriger, aber es macht unheimlich Spaß. Zum Beispiel ist der Eingang zur ersten Porsche-Kurve sehr schwierig zu fahren, da es ein sehr schneller Streckenabschnitt ist und es dort sehr viele Bodenwellen gibt.

Wie haben Sie sich auf das 24-Stunden-Rennen vorbereitet?
J.P.M.: Eigentlich wie auf jedes andere Rennen auch. Du trinkst viel, du machst alles, damit du dich im Auto wohlfühlst und das ist eigentlich alles, was du tun kannst. Zwischen den einzelnen Stints musst du sichergehen, dass du dich etwas ausruhen kannst, etwas isst und du eine Massage bekommst. Wenn du kleine Prellungen hast, werden diese versorgt, damit sie nicht schlimmer werden.

Was ist das Wichtigste bei einem 24-Stunden-Rennen?
J.B.: Du musst dein Auto kennen, du musst wissen, wie weit du es pushen kannst, ohne Fehler zu machen. Dazu kommt der sich ständig ändernde Verkehr. Du musst einfach deinen Rhythmus finden, das ist das Wichtigste.

Wie haben Sie die Atmosphäre in Le Mans erlebt?
J.B.: Das ganze Event dauert ja nicht nur eine Woche, sondern gleich einen ganzen Monat. Es ist schön, dass die vielen Fans so nah an die Autos und die Fahrer kommen, zum Beispiel beim Wiegen, beim Pitwalk und natürlich bei der Fahrerparade. Für mich kam die Le-Mans-Atmosphäre so richtig beim Sonnenuntergang auf. Ich weiß nicht, warum, aber bestimmt weil ich Le Mans schon so oft im TV verfolgt habe und jetzt hatte ich zum ersten Mal die Möglichkeit, selbst hier das Lenkrad in den Händen zu halten.
J.P.M.: Die Strecke in Le Mans ist einfach großartig. Es ist richtig cool, hier zu fahren. Es ist eine sehr herausfordernde Strecke, mit vielen Abschnitten ohne Auslaufzone. Dort kommt dich jeder Fahrfehler teuer zu stehen. Aber genau dadurch steigt für mich der Spaßfaktor. Die Zuschauer sind auch toll, es waren viele Fans aus meiner F1-Zeit dort. Die Trainingssitzungen waren auch gewöhnungsbedürftig, denn du bist ab morgens an der Strecke und das Training und Qualifying starten erst abends.

Warum haben Sie sich entschieden, an den 24 Stunden von Le Mans teilzunehmen?
J.B.: Ich wollte schon immer einmal in Le Mans fahren. Ich glaube, es ist für jeden Fahrer etwas Besonderes, in Le Mans zu starten. Mein Fahrerkollege James Rossiter hat mich auf diese Idee gebracht. Er meinte, SMP Racing habe ein sehr schnelles Auto und suche noch einen Fahrer.

Sie haben die zwei mythischen Autorennen erlebt: die Indy 500 und die 24 Stunden von Le Mans. Wie ist Ihr Fazit?
J.P.M.: Indy und Le Mans sind sehr verschiedene Rennen. Indy hat eine große Tradition, dort hast du sehr viel Zeit, um dein Auto an die Strecke anzupassen und du kannst perfekt vorbereitet ins Rennen gehen. In Le Mans ist es umgedreht, du verbringst so gesehen sehr wenig Zeit im Auto auf der Strecke und gehst eher unvorbereitet ins Rennen. Das macht es viel schwerer.


Jenson Button

Geboren am 19. Januar 1980 in Frome (England)
Nationalität: Brite
Formel-1-Karriere: 2000-2017
Formel-1-Teams:
Williams, Benetton, Renault, BAR, Brawn, McLaren
Erfolge in der F1:
Weltmeister 2009, 15 Grand-Prix-Siege, 50 Podiumsplatzierungen
Weitere Erfolge: Sieger der SuperGT-Meisterschaft in Japan (2018)


Juan Pablo Montoya  

Geboren am 20. September 1975
Nationalität: Kolumbianer
Formel-1-Karriere: 2001-2006
Formel-1-Teams:
Williams, McLaren
Erfolge in der Formel 1:
7 Grand-Prix-Siege, 30 Podiumsplatzierungen
Weitere Erfolge:
Sieger der Indy 500 (2000, 2015)