Das Identitäre überbewertet: Rechtspopulismus ist nur mäßig erfolgreich in Luxemburg

Das Identitäre überbewertet: Rechtspopulismus ist nur mäßig erfolgreich in Luxemburg

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Wer hätte das 2015 nach dem Referendum gedacht: Das Identitäre und das Luxemburgische gehören eindeutig zu den überbewerteten Themen des Wahlkampfs – das Wahlergebnis spricht eine deutliche Sprache. Obschon es in Luxemburg keine rechtspopulistischen Parteien wie im Ausland gibt, schlugen so manche Kandidaten arg über die Stränge.

Es wurde offen gegen Migration, Personenfreizügigkeit und beinahe hysterisch für die luxemburgische Sprache geworben. Das Resultat war eine Gegenöffentlichkeit in den sozialen Medien, die sich mit Vehemenz gegen diese Möchtegern-Rechtspopulisten wehrte. Die positive Bilanz des Wahlergebnisses: Die radikalsten Politiker haben es nicht in die Chamber geschafft.

Gibt es also Grund zum Jubeln und Luxemburg zum europäischen Ausnahmefall zu erklären, der frei von Rechtspopulismus ist? Keineswegs. Denn blickt man genauer auf die Resultate, zeigt sich, dass so manch waschechter Rechtspopulist es nur knapp nicht in die Chamber geschafft hat. Hier sei an die prominentesten Vertreter des „Wee2050“ erinnert. Ihnen ist der Sprung ins Parlament zwar nicht gelungen, allerdings haben sie dennoch zwei gefährliche Funktionen erfüllt: Erstens haben sie die ADR durch ihren Schulterschluss gestärkt und in eine gefährliche Bahn gelenkt. Zweitens sind wegen ihnen vor Jahren noch undenkbare Parolen und Haltungen salonfähig geworden.

Ein Beispiel hierfür ist der ADR-Kandidat Tom Weidig, der fast 6.700 Stimmen erhielt und für sein ungehemmtes Bagatellisieren von Nazi-Verbrechen bekannt ist. Oder aber Fred Keup, der sich offen für eine Begrenzung der Grenzgänger in der Luxemburger Arbeitswelt ausgesprochen hat. Er erhielt rund 8.900 Stimmen und kann somit nicht als Randphänomen abgetan werden.

Doch nicht nur die ADR hat sich der politischen Schmuddelecke bedient, um elektoralen Erfolg zu haben. Auch die ach so harmlos wirkende Piratenpartei um Sven Clement hat hemmungslos in die Populismuskiste gegriffen. Besonders Clements Zugpferd im Osten, Daniel Frères, sei hier erwähnt. Der Piratenpakt mit dem latent fremdenfeindlichen Politiker raubt den Piraten jegliche Glaubwürdigkeit (ein politisches Projekt sucht man mittlerweile ohnehin vergebens).

Die bitterste Feststellung zeigt sich jedoch beim Blick auf die Volksparteien: Ein Rechtspopulist hat es tatsächlich in die Chamber geschafft und gehört der CSV an. Gemeint ist der ehemalige Chamberpräsident Laurent Mosar, der seit mehreren Jahren gegen den Islam wettert und sich als Mini-Sebastian-Kurz versucht. Wer diese Einstufung für überzogen hält, sollte sich sein Twitter-Profil in Ruhe anschauen und die Intoleranz auf sich wirken lassen …

Demnach bleibt Luxemburg mehrheitlich ein tolerantes und weltoffenes Land, das auf seine Vielfalt setzt. Gleichzeitig fallen rechtspopulistische Phrasen auch bei uns auf fruchtbaren Boden – wenn auch nur mit mäßigem Erfolg.

René Charles
21. Oktober 2018 - 10.37

Lo muss ech mol de Wahlprogramm vun der ADR nosichen. Ech hat gemengt si wieren fir eng kontrolléiert an legal Awanderung vu Flüchtlingen, wat jo begréissenswert (an realisabel) wier. Dat schéngt mir kee Populismus ze sin. Ech muss kucken wou steet dass se géngt all Immigratioun sin. Populismus as fir mech eppes wat een als Politiker eppes ukënnecht, wëssend dass dat kaum eng Majoritéit kritt. Sou wéi total Legaliséirung vun Cannabis ukënnegen, z.B.

tarzan
16. Oktober 2018 - 22.32

die in luxemburg lebenden ausländer sind zu, ich weiss nicht, 96% (?) europäer. gegen diese leute zu stänkern bringt nicht viele % ein. das referendum 2015 wäre auch in andern eu-ländern haut la main gescheitert, dient also nicht als argument gegen den sogenannten rechtspopulismus. aber man stelle sich folgendes szenario vor... durch einen grösseren krieg im arabischen raum würden millionen flüchtlinge unterwegs sein. wären denn die guten christen, weltbürger, moralisten und vordenker bei uns bereit, sagen wir mal, 25,000 menschen aufzunehmen? mit allen bekannten problemen nicht nur was steuern, renten und andere zusätzliche ausgaben angeht? wohl kaum.

claudius
16. Oktober 2018 - 19.44

"Der Piratenpakt mit dem latent fremdenfeindlichen Politiker raubt den Piraten jegliche Glaubwürdigkeit". Faul Äppel ginn et iwwerall. No daer do Logik waer d'ganz SPD an Däitschland eng Nazitrupp well se den Sarazin net erauskickt.

L.Marx
16. Oktober 2018 - 10.59

Das Problem der LSAP (und auch der Linken) ist, dass ihre potenziellen Wähler zu einem grossen Teil gar kein Wahlrecht haben.

CESHA
16. Oktober 2018 - 7.37

Die sogenannten Rechtspopulisten haben meiner Ansicht nach den Fehler gemacht, dass sie ALLE Stellschrauben zurückdrehen möchten: Wenn sie nur gegen die Überfremdung Luxemburgs vorgehen würden, wäre das wohl für viele Menschen ein guter Grund, sie zu wählen. Dass sie aber auch zwei wichtige Entscheidungen der letzten Legislaturperioden, nämlich das Recht auf ein selbstbestimmtes Lebensende mit ärztlicher Unterstützung sowie den Rausschmiss des Religionsunterrichts aus den öffentlichen Schulen, in Frage stellen und am liebsten wieder abschaffen würden, hat meiner Ansicht nach einige Wähler davon abgehalten, ihr Kreuzchen auf diesen Listen zu machen

roger wohlfart
15. Oktober 2018 - 18.22

Correct: wenn die LSAP die Sorgen…….

roger wohlfart
15. Oktober 2018 - 15.00

Sie haben vollkommen recht @Grober J-P. Ausserdem wäre es dringend notwendig unser Wahlsystem den Begebenheit der Zeit und der neuen Bevölkerungsverteilung im Lande anzupassen. Das sollte allerdings keine Entschuldigung für das erneut schlechte Abschneiden der LSAP sein. Etienne Schneider kann unmöglich, als Spitzenkandidat, mit seinem persönlichen Resultat zufrieden sein. Eine(n) neue(n) Mann/Frau an die Spitze , eine personelle Neuaufstellung und ein sozialbetonteres Programm sind vonnöten. Wenn die Sozialisten die Sorgen der " kleinen Leute" nicht ernst nimmt und nicht dort den Hebel ansetzt, droht binnen kurzer Zeit eine nicht zu unterschätzende Gefahr von ultra rechts.

Grober J-P.
15. Oktober 2018 - 11.01

Bitte nichts verharmlosen. Rechtsextremismus ist ein schleichendes Übel, wie beim Krebs. Am Anfang bemerkt man es gar nicht, wenn es dann mal spürbar ist, ist es zu spät. Beispiele gefällig, dann bitte mal über die Grenzen schauen, oder einfach mal die Stimmen der hiesigen zusammenzählen, genügt das nicht?