„E Stroossener Jong“ auf dem Weg in Europas stärkste Volleyball-Liga

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Kamil Rychlicki ist ohne Zweifel momentan der beste luxemburgische Volleyballspieler. Der ehemalige Spieler des VC Strassen wagte vor zwei Jahren den Sprung ins Profigeschäft. Nach seinen insgesamt doch zwei erfolgreichen Jahren beim belgischen Spitzenklub Noliko Maaseik unterschrieb der 21-Jährige nun einen zweijährigen Vertrag beim italienischen Verein Porto Robur Costa Ravenna. Das Tageblatt blickt auf die bisherige Laufbahn des Riesentalents zurück.

Eigentlich ist es kein Wunder, dass Kamil Rychlicki Volleyballspieler wurde. Er bekam das Volleyballspielen mit in die Wiege gelegt. Seine polnischen Eltern und sein Bruder gingen nämlich ebenfalls dieser Sportart nach. Sein Vater Jacek, der unter anderem die Silbermedaille mit der polnischen Nationalmannschaft bei der EM 1983 feiern konnte, lief für den CHEV Diekirch auf, die Mutter Elzbieta spielte für Bartringen und sein Bruder Damian für den VC Strassen. Als sein Vater seine Karriere so langsam ausklingen lassen wollte, kam der Kontakt mit Diekirch zustande. Eigentlich wollte der Profispieler nur für ein oder zwei Jahre im Großherzogtum bleiben, aber es sollte anders kommen.

Das Ganze liegt jetzt etwa 25 Jahre zurück. „Die erste Saison war mein Vater allein hier in Luxemburg, ehe im Jahr darauf meine Mutter und mein Bruder nachkamen. Es war alles andere als einfach für meine Familie, schließlich konnte keiner von ihnen auch nur ein Wort Luxemburgisch. Als ich dann hierzulande zur Welt kam, haben meine Eltern den Entschluss gefasst, im Großherzogtum zu bleiben, um uns Kindern gute schulische Bedingungen zu gewährleisten“, erläutert Kamil die damalige Situation.

Abstecher zum Karate

Es ist somit auch nicht verwunderlich, dass Volleyball im Hause Rychlicki immer schon das Gesprächsthema Nummer eins war. Letztendlich kam der damals erst sechsjährige Kamil erst richtig mit dieser Sportart in Kontakt, als die polnische Nationalmannschaft in der Heimat für einen regelrechten Boom sorgte. Sogar im Fernsehen hatte er des Öfteren die Spiele von polnischen Mannschaften verfolgt. Seitdem war er sich sicher, auch selbst Volleyball zu spielen. „Ich habe zwar noch einen kleinen Abstecher zum Karate gewagt, doch nach nur einem Jahr habe ich gemerkt, dass dies nicht unbedingt etwas für mich war. Doch ich habe dem Karate trotz allem etwas zu verdanken: Ich kann mich seitdem viel besser stretchen“, erinnert sich der 21-Jährige etwas spöttisch zurück.

Das große Talent von Rychlicki wurde schon früh erkannt. So entwickelte sich der Spieler mit der luxemburgisch-polnischen Staatsbürgerschaft trotz seines jungen Alters relativ schnell zu einer wichtigen Stütze in Strassen. Nach drei gewonnenen Meisterschaften und vier Pokalsiegen war für ihn der Weg nach Maaseik frei. Profi wollte er eigentlich schon immer werden. Es war ihm aber wichtig, dass er vor seinem Abenteuer in Belgien seinen Abiturabschluss in der Tasche hat. „Schon im Alter von 12 oder 13 Jahren hatte ich den Traum, einmal mit dem Volleyballspielen meine Brötchen zu verdienen. Ich weiß nicht, wie oft ich gehört habe, dass es fast unmöglich sei, als Luxemburger den Schritt ins Profigeschäft zu schaffen. Diese Aussagen spornten mich stets an. Ich wollte das Gegenteil beweisen“, erzählt Rychlicki.

Bei Noliko Maaseik konnte der talentierte Rechtshänder in zwei Jahren viel Erfahrung sammeln, auch auf internationaler Ebene, wo der belgische Verein in der Champions League vertreten war. In seinem ersten Jahr als Profi wurde er sogar zu einem der drei wertvollsten Spieler der Saison gewählt. In der darauffolgenden Saison lief nicht immer alles ganz nach Wunsch, als er phasenweise seinen Stammplatz verlor. Am Ende hatte der groß gewachsene Sportler aber einen entscheidenden Anteil am Titel. „Am Anfang war das nicht so einfach für mich, auf der Bank Platz zu nehmen. Aber als junger Spieler muss man lernen, damit umzugehen. Jeder Trainer hat nämlich eine eigene Philosophie und es gibt auch noch viele andere gute Spieler im Kader, die darauf brennen, zu spielen“, zeigt sich der Volleyballspieler verständnisvoll.

Bekanntheitsgrad

Alles in allem blickt der über zwei Meter große Schlaks auf eine erfolgreiche Zeit in Belgien zurück. Im 76,91 km² kleinen Maaseik genoss der Luxemburger aber auch schon einen gewissen Bekanntheitsgrad. Der Verein ist nämlich das Aushängeschild der Stadt. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass die Einwohner ihre Idole auf der Straße erkennen. „Allein schon wegen der Größe fielen wir auf“, erklärt Rychlicki mit einem Lachen. „Awer de Volleyball ass schonn dat, wat dohanne leeft“, meint er weiter. Dieser Ruhm brachte jedoch auch mit sich, dass man als Spieler viel in Kontakt mit den Fans ist. Dies kann auch ein wenig ungemütlich werden, vor allem dann, wenn die Erfolge ausbleiben. „Eigentlich war diese Nähe zu den Anhängern schon richtig cool. In Zeiten, in denen es nicht so gut läuft, ist es dann wieder nicht ganz so toll (lacht). Dann will man nach einer Niederlage eigentlich ein wenig abschalten. Wenn man sich dann ins Stadtzentrum wagt, um in ein Restaurant essen zu gehen, wird man von Fans relativ schnell auf die vergangenen Spiele angesprochen. Aber dies gehört zum Sport dazu. Nach der gewonnenen Meisterschaft war es dann umso schöner, wenn Leute auf dich zukamen. Sogar Essen und Trinken bekamen wir als Spieler spendiert“, erinnert er sich gerne zurück.

In Ravenna, einer 652 km² großen Stadt mit 150.000 Einwohnern, wird der Fokus nicht mehr so sehr auf ihn gerichtet sein. Dort wird der Luxemburger kaum so sehr aus der Menschenmasse hervorstechen. Es war Rychlicki auch von großer Bedeutung, dass er diesmal nicht mehr in ein so kleines Städtchen ziehen wird. Mitte August steht für den ehemaligen Strassener Spieler wieder eine neue Herausforderung an. Ein Wechsel nach Italien hatte für ihn stets hohe Priorität. „Für mich ist die italienische Volleyball-Liga die stärkste in ganz Europa, wenn nicht sogar der Welt. Es wurden unzählige Top-Transfers für die nächste Saison getätigt. Es sind eben nicht nur die richtigen Spitzenvereine, sondern sogar Aufsteiger, die ihre Kader deutlich verstärkt haben“, schätzt der 21-Jährige das Niveau in der Super Lega ein.

Drittes Profijahr

Auf den Außenangreifer kommt nun das dritte Jahr als Profi zu. Obwohl die Verträge in den internationalen Profiligen im Volleyball nicht mit den großen Sportarten wie Fußball (Jahresgehalt von Lionel Messi laut France Football: 70 Millionen Euro) und Basketball (Jahresgehalt von Stephen Curry: rund 35 Millionen Dollar) zu vergleichen sind, können die absoluten Weltklassespieler ebenfalls gutes Geld verdienen. „In Italien gibt es Spieler, die über eine Million Euro einstreichen. Ansonsten würde ich aber sagen, dass das Gehalt bei sehr guten Volleyballern so um 500.000-800.000 Euro liegt“, ist Rychlicki sich sicher. In diesen Sphären bewegt sich das FLVB-Talent aber noch lange nicht. Zum Leben reicht es allerdings allemal. Rychlicki verrät einige Details über seine Vertragskonditionen: „Ich bekomme neben meinem Gehalt (plus Versicherungen) ein Auto und eine Wohnung zur Verfügung gestellt. Zusätzlich habe ich einmal am Tag auch die Möglichkeit, gratis speisen zu können.“

Sein Bruder, der eine akademische Laufbahn mit mehreren Jahren an der Universität einschlug, war auf jeden Fall schon ein wenig baff darüber, wie viel der italienische Verein Kamil in Zukunft jeden Monat auf sein Konto überweisen wird. „Mein Bruder schaute schon ein wenig verdutzt drein, was ich jetzt zukünftig als 21-jähriger Sprössling so verdienen werde“, witzelt er.

Damit Rychlickis Stern weiter aufgehen kann, muss sich der 2,04 m große Spieler jetzt bei Porto Robur Costa Ravenna durchzusetzen. Das wird alles andere als ein einfaches Unterfangen, das weiß auch der luxemburgische Nationalspieler. „Meine Stärken liegen zwar ganz eindeutig im Offensivspiel, aber ich muss mich noch in allen Bereichen verbessern. Obwohl ich schon gute Fortschritte bei der Annahme gemacht habe, muss ich noch weiter daran arbeiten. In der Vergangenheit haben die taktisch starken Mannschaften schon mitbekommen, dass die Annahme bei mir manchmal richtig gut funktioniert hat und an anderen Tagen gar nicht. Dort muss ich einfach konstanter werden. Auch an meinem eigenen Service ist noch zu feilen. Ich brauche dort eine richtige ‚Kanone‘.“ Der Rechtshänder weiß also, wo die Hebel noch anzusetzen sind. „Fest steht aber, dass man auch als junger Spieler, vor allem als Angriffsspieler, manchmal die Initiative übernehmen muss. Ich bin auf jeden Fall bereit dafür.“