Die Welt der Farben: RAL-System wird 25

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Reinweiß gilt nicht als das weißeste Weiß. Und eine Farbe muss eine gesellschaftliche Bedeutung haben, um eine „RAL-Farbe“ zu werden. Was auch Fußballclubs mit ihren Vereinsfarben zur Kenntnis nehmen müssen.

Grelles „Electric Blue“ statt konservatives „Preußisch-Blau“: Mit einer radikalen Kehrtwende bei der Unternehmensfarbe wollte der Essener Industriekonzern Thyssenkrupp vor gut zwei Jahren seinen Neustart auch optisch ins Bild setzen: Heute ist der Umbau nach der Krise noch immer nicht abgeschlossen. Aber mit dem neuen Logo in Knallfarbe hat sich der Dax-Konzern nach Ansicht von Farbexperten damals für einen eher radikalen Schritt entschieden. Ob Ikea-Blau, Coca-Cola-Rot oder DHL-Gelb – meist bleiben Unternehmen ihrer Farbe treu.

„In der Regel sehen wir den Wechsel einer Unternehmensfarbe eher mit einer gewissen Skepsis“, sagt Markus Frentrop vom Bonner Unternehmen RAL. „Wir erleben einen Farbwechsel bei Unternehmen ganz selten, da dieser von außen regelmäßig mit einem grundlegenden Strategiewechsel in Zusammenhang gebracht wird“, so der Experte. Unternehmensfarben seien ein wichtiges Erkennungsmerkmal. „Das funktioniert bei Tests fast immer“, sagt Frentrop.

Zusammen mit etwa 40 weiteren Kollegen ist er für eine Palette von derzeit 1 625 systematisch geordneten Farbtönen im sogenannten RAL Design System verantwortlich, die regelmäßig von Unternehmen genutzt wird. Firmen hoffen mit einer genehmigten RAL-Farbe auch auf einen hohen Wiederkennungseffekt. Nach der Markteinführung im Jahr 1993 feiert das Farbsystem in diesem Jahr sein 25-jähriges Jubiläum. Insgesamt verfügt der 1927 unter dem Namen „Reichsausschuss für Lieferbedingungen“ (RAL) mit damals 40 Tönen aus der Taufe gehobene Farbstandard heute über 2 328 Farben.

Zu den bekanntesten Tönen gehören 213 klassische Farben der Sammlung. Aufnahme in diese „heilige Halle“ der Farben finden nur Farbtöne, die nach Ansicht der Bonner gesellschaftlich relevant sind. Abgelehnt worden sei etwa die Anfrage eines „großen deutschen Fußballvereins“, seine Vereinsfarben in die Farbsammlung aufnehmen zu lassen. „Da besteht kein offensichtliches übergeordnetes öffentliches Interesse, selbst wenn die Fan-Gemeinschaft noch so groß sein sollte“, bedauert der Experte. Auf der anderen Seite finden sich in der Sammlung viele Unternehmensfarben ehemaliger Staatsbetriebe.
In den vergangenen zehn Jahre habe jedoch keine Farbe mehr die Neuaufnahme in das von dem gemeinnützigen Unternehmen verwaltete System geschafft. Die letzten erfolgreichen Kandidaten waren die Leuchtfarben Orange, Grün und Gelb, die unter anderem zur Kennzeichnung von Schifffahrtswegen zum Einsatz kommen.

Weißer als weiß

Farben auf Verkehrsschildern oder Warnsignalen gelten dabei als Klassiker. „Standardisierung ist extrem hilfreich. Ich bin dann schnell in der Lage, mich zu orientieren“, sagt Frentrop. Unter der RAL-Nummer 6032 findet sich etwa ein sattes, relativ dunkles Grün als Farbe für die Beschilderung von Notausgängen.

Die am häufigsten verwendete Farbe ist jedoch Weiß, entweder als reiner Farbton (RAL 9010) oder leicht grau abgetönt als sogenanntes Verkehrsweiß (RAL 9016) etwa für die weißen Bereiche auf Verkehrsschildern. Als einen der „weißesten Weißtöne“ empfiehlt ein Türenhersteller nicht etwa klassisches Reinweiß, sondern ein leicht abgetöntes Signalweiß (RAL 9003).

„Es gibt unzählig viele Weiß-Nuancen“, berichtet Farbexpertin Hildegard Kalthegener. Statt sich für schlichtes Weiß zu entscheiden, empfiehlt sie passend abgetönte Nuancen. Eher ängstliche Naturen könnten sich stattdessen etwa bei der neuen Wohnungseinrichtung auch zunächst für eine bunte Vase oder ein buntes Kissen entscheiden.

Das ist übrigens die Farbe Ultra-Violett.

„Präzise über Farbe zu kommunizieren ist wahnsinnig schwierig“, weiß die Expertin. Hilfreich dabei seien Farbsysteme wie sie von RAL, aber auch von dem US-Unternehmen Pantone und dem schwedischen Wettbewerber NCS angeboten würden. Zweifel hat die Expertin an dem von Pantone zur Farbe des Jahres ausgerufenen Ton Ultra-Violett. „Gut für Marketingzwecke, aber ich glaube nicht, dass das so schnell beim Endverbraucher ankommt“, sagt sie .“Die Leute haben das gerade rausgeschmissen und werden Lila so schnell nicht wieder kaufen“.