„Eine Kerze muss umsorgt werden“

„Eine Kerze muss umsorgt werden“
Seniorchef John Peters (l.) und sein Sohn Jan von der Kerzenfabrik Peters in Heiderscheid (Fotos: Editpress/Didier Sylvestre)

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Verkaufsraum voller Kerzen in jeder erdenklichen Farbe, Größe und Dekoration empfängt uns. Gleich hinter der Kasse geht es in die Kreativwerkstatt, vorbei an Regalen mit farbenfrohen Deko-Elementen und selbst gefärbtem Sand.

„Ausgangsrohstoff sind immer weiße Kerzen in verschiedenen Formen und
Größen“, erklärt Seniorchef und Firmengründer John Peters. Anschließend werden die „Rohlinge“, je nach gewünschter Intensität, mehrmals in ein Farbbad getaucht. Rund 24 Stunden trocknen sie, bevor sie weiter verschönert werden. Je nach Design-Konzept wird matter oder glänzender Lack oder Glitzerspray auf die Grundierung aufgetragen. Das Einfärben sowie die anschließende Dekoration einer Beispiel-Kerze in taubengrau führt uns Jan Peters vor, der seit November 2016 mit der tatkräftigen Unterstützung des Vaters die Geschicke des Familienbetriebs leitet. „Das Eintauchen muss mit einer fließenden Bewegung ohne Absetzen passieren. Das ist eine Gefühlssache, man hat schnell den Dreh raus“, lächelt er. Auf etwa 0,5 Millimeter dicken Wachsplatten, die mit einem speziellen Kleber an der Unterseite versehen sind, werden Motive vorgezeichnet, ausgeschnitten und mit ruhiger Hand aufgeklebt. Passend zur Adventszeit setzt er noch Sterne und einen funkelnden Strassstein auf die Kerze. „Bis auf den Stein sind alle Elemente unserer Kerzen brennbar, deren Fertigung ist reine Handarbeit“, unterstreicht der Vater.

Stundenlang könnte John Peters von seiner Leidenschaft erzählen. Genau wie Jan ist er Schlosser- und Drehermeister von Beruf. Vor der „Käerzefabrik“ betrieb er ein Sozialunternehmen, um Menschen mit Drogen- und Alkoholproblemen eine zweite Chance zu bieten. „Mein Ziel war es, sie wieder ins Berufsleben zurückzubringen. Sie sollten Einkauf und Verkauf erlernen.“ An dieser Stelle taucht in seiner Erzählung ein Herr Goedert „mit seinem Ein-Mann-Betrieb – der ersten und damals einzigen Kerzenfabrik –“ auf. Seit 1885 gab es sie in Esch/Sauer, bis zum Tod von Christophe Goedert 1990 war sie ein reines Familienprojekt.

Vom Schlosser zum „Wachszieher“

Rund zwei Jahre sollte das Schicksal des Betriebs ungewiss bleiben, bevor John Peters sich der Sache annahm und das Traditionshandwerk weiterführte. In Deutschland ließ er sich zum „Wachszieher“ ausbilden. Anfangs wurde nur für den Kirchenbedarf und nur in Esch/Sauer produziert. Die Nachfrage nach dekorativen Kerzen stieg so stark an, dass ab 1993 ein Geschäft hinzukam. Seitdem stellt der Familienbetrieb, in dem neben den Vater, Sohn Jan und Schwester Anne insgesamt sieben Mitarbeiter tätig sind, Kerzen für verschiedene Anlässe nach Kundenwunsch her.

2009 zog die „Käerzefabrik Peters“ an den jetzigen Standort an der N15 in Heiderscheid um. Auf rund 300 Quadratmetern warten hier 13.000 Leuchten, Kerzen und Figuren darauf, entdeckt und verkauft zu werden. In dem angeschlossenen Atelier werden außerdem (Kirchen-)Mobiliare wie Kerzenhalter oder Altarteile restauriert. Sein wohl berühmtester Kunde ist der Bischof von Glasgow, der jährlich Kerzen aus Luxemburg bekommt. Etwa 90 Tonnen Wachs verarbeitet der Betrieb jährlich. Am Ende unseres Gesprächs zeigt uns Jan Peters eine wunderschöne schwarzglänzende Kerze mit Goldeffekten.

„Weltweit einzigartige Technik“

„Dies ist eine ganz besondere Technik, außerdem haben wir uns auf das Lackieren mit Wachs spezialisiert, was weltweit einzigartig ist. Wie das geht, wird aber nicht verraten“, lächelt das Duo.

Käerzefabrik Peters

Adresse:
6, am Clemensbongert
L-9158 Heiderscheid
Öffnungszeiten: Mo.-Fr. 9.00-12.00, 13.00-18.00, Sa. 9.00-12.00, 13.00-17.00, außerdem an allen vier Adventssonntagen geöffnet.
Tel.: 89 91 97
E-Mail: info@kaerzefabrik.lu
Web: www.kaerzefabrik.lu

Besuchergruppen:
Mind. 15 Personen
Anmeldung per E-Mail mindestens
zwei Monate im Voraus.
Preis: 2 Euro

Betriebsgeheimnisse wie diese sichern ihr Überleben, sagen Vater und Sohn ernst. Hinter dieser Eigenentwicklung und auch hinter den täuschend echten Luftbläschen der Kerzen in Bier- oder Sektgläsern stehen lange Versuchsreihen. Eine besondere Herausforderung sei vor allem, die Brennart der Kerzen so hinzubekommen, ohne dass das Gefäß, in dem sie sich befinden, durch die Hitze aufplatzt.

Die neueste Kreation aus dem Hause Peters ist eine Duftkerze in Zusammenarbeit mit „Bléi vum Séi“. „Die Entwicklung nahm zwei Jahre in Anspruch“, so Jan Peters zum aufwendigen Abstimmungs- und Herstellungsprozess samt zahlreichen Qualitätstests. Fingerfertigkeit, Konzentration, keine Hast sind nicht nur beim Fertigen gefragt. „Eine Kerze brennt rund einen Durchmesser von zehn Zentimetern. Das Material, das weiter von der Flamme entfernt ist, bekommt weniger Hitze und schmilzt nicht. Der sich so gebildete hohe Rand muss in diesem Fall abgeschnitten werden. Sonst bekommt die Kerze nicht ausreichend Sauerstoff und beginnt zu rauchen“, erklärt der Seniorchef zur Brennregel. „Eine Kerze muss umsorgt werden“, lächelt er.

Jolly Joker
4. Dezember 2017 - 10.32

Jo et ass eng Wëssenschaft fir sech an heiandsdo ass gudde Rôt schwéier ze kréien