Von Exzessen und anderen Extremen

Von Exzessen und anderen Extremen
(Francois Besch)

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Vieles von dem, was im Straßenverkehr in Gesetze gegossen wird, ist das Ergebnis von aktionistischen Schnellschüssen oder bürokratischer Starrheit. Für praxisnahe und verkehrspsychologisch nachvollziehbare Maßnahmen scheint der Politik jegliches Gespür zu fehlen.

Da werden an einem Samstagnachmittag im August zwei Autos auf der A4 im Bereich der Dauer-Baustelle zwischen Leudelingen und Steinbrücken mit stolzen 177 Sachen geblitzt. Die Fahrer verlieren selbstredend ihre Führerscheine nach dieser Formel-1-reifen Aktion. 177 km/h – das ist schon im „normalen“ Autobahnverkehr, wo bei uns eine Höchstgeschwindigkeit von 130 gilt, ganz schön heftig.

So viel zum einen Extrem. Aber reden wir auch mal über das andere: und zwar die sicherlich nicht nur mir jedes Mal ein Kopfschütteln abverlangende Begrenzung in besagtem Abschnitt der A4 auf ein 70-km/h-Schneckentempo. Wir befinden uns hier in einem immer noch mit zwei recht breiten Fahrbahnen versehenen „Baustellenbereich“ mit minimal versetzten Spuren. Die Tatsache, dass es dort auf ca. 700 Metern keinen Randstreifen gibt und am Ende dieses Bereiches theoretisch (in der Praxis nie gesehen, erst recht nicht in den Bauferien-Wochen) langsame Baulaster auf die Autobahn fahren könnten, rechtfertigt m. E. eine solch drastische Temporeduzierung auf beiden Spuren nicht. Vertretbar – und somit auch für die vielen täglichen Benutzer dieses Teilstücks verkehrspsychologisch nachvollziehbar! – wäre dort eine Begrenzung auf 90 km/h. Dies ist auch das, was viele durchaus verantwortungsbewusste „normale“ Verkehrsteilnehmer dort fahren.

Wenn ich einerseits von den immer wiederkehrenden, manchmal tödlichen Tempo-Exzessen einzelner Rowdys lese, andererseits die staatlich verordnete Gängelungs- und Schikanierungspolitik als Reaktion darauf mittels immer weiterer Reduzierung bislang sinnvoll erscheinender Temporegelungen sehe, untermauert von inflationärem Radargeräte-Einsatz, so komme ich nicht umhin, die Frage nach der Verhältnismäßigkeit und dem gesunden Menschenverstand zu stellen. Ein Beispiel: Was zum Teufel soll der geplante Radar vor dem Raemericher Kreisverkehr – beschlossen, nachdem sich ein nächtlicher „Rennfahrer“ im Juni mit wohl weit über 100 km/h bis ins Innere dieses Kreisels katapultierte? Welche Leben bitteschön soll so ein Blitzgerät 500 Meter davor retten? Sind nicht vielleicht die jetzt angebrachten Rüttelstreifen viel nützlicher und demnach völlig ausreichend?

Muss das eine Extrem neuerdings stets mit einem anderen Extrem bekämpft werden? Diesbezüglich sollten ein paar Akteure und Entscheider – allen voran Herr „Superminister“ Bausch – sich selbst endlich einmal kritisch hinterfragen.