LuxemburgEU-Innenminister einigen sich auf Verschärfung der Asylpolitik

Luxemburg / EU-Innenminister einigen sich auf Verschärfung der Asylpolitik
Die EU-Innenminister konnten sich gestern in Luxemburg auf ein Mandat für die Verhandlungen über die Reform der gemeinamen Asylpolitik mit dem EU-Parlament einigen Foto: European Union

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Die EU-Innenminister kamen gestern in Luxemburg zu einer entscheidenden Ratstagung über die Reform der gemeinsamen Asylpolitik zusammen. Nach zähem Ringen konnte doch noch ein Kompromiss gefunden werden.

Zufrieden werden die wenigsten mit dem sein, was gestern auf dem Luxemburger Kirchberg ausgehandelt wurde. Doch immerhin, nach jahrelanger Blockade haben sich die EU-Staaten am Donnerstag auf eine Position für die Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament (EP) über die gemeinsame Asylpolitik einigen können. Die EU-Ratsvorsitzende und schwedische Migrationsministerin Malmer Stenergard meinte denn auch: „Heute haben wir einen historischen Schritt gemacht.“ Eine Einschätzung, die von der EU-Innenkommissarin Ylva Johansson, die sich seit Jahren in dem Dossier abmühte, geteilt wurde.

„Nichts tun ist keine Option“, hatte der ebenfalls für die Migrationspolitik zuständige luxemburgische Außenminister Jean Asselborn vor der Ratstagung gesagt. Wenn nichts getan werde, „dann werden wir in diesem Chaos weitermachen“, so der Minister. Damit sprach er die Lage an der Grenze vor allem Italiens an, wo auch die Meloni-Regierung schon mal dazu übergegangen ist, Rettungsschiffen mit Flüchtlingen an Bord das Einlaufen in italienische Häfen zu verweigern, wenn nicht andere EU-Staaten sich dazu bereit erklären, die Flüchtlinge aufzunehmen. In solchen Fällen melden sich immer nur die gleichen wenigen EU-Staaten, unter ihnen auch Luxemburg.

Der nun zwischen den 27 gefundene Kompromiss wird die Asylprozedur in der EU verschärfen. Denn geht es nach den Vorstellungen einer Mehrheit der EU-Staaten, sollen künftig Asylverfahren bereits an der EU-Grenze durchgeführt werden. Dies vor allem für Menschen aus jenen Staaten, die im EU-Schnitt höchstens eine 20-prozentige Chance haben, den Asylstatus in einem EU-Land zu bekommen. Diese Verfahren sollen in höchstens sechs Monaten abgewickelt werden. Zuvor waren nur zwölf Wochen für die Prozedur vorgesehen.

Er „finde es nicht falsch“, den Menschen „sehr schnell“ Bescheid zu sagen, „ob sie eine Chance haben, den internationalen Flüchtlingsstatus zu bekommen oder nicht“, sagte Jean Asselborn, der darauf verwies, dass dieses Grenzverfahren nicht bei Flüchtlingen aus Krisenregionen wie Afghanistan, Syrien oder Eritrea angewandt werde. Allerdings konnten sich Luxemburg, Deutschland, Irland und Portugal nicht mit ihrer Forderung durchsetzen, auch Familien mit Kindern unter 18 Jahren von dieser Grenzprozedur auszuschließen, um ihnen die Möglichkeit zu geben, das Asylverfahren in einem EU-Land abzuwarten. Die vier Länder wollen nun in einer Erklärung klarstellen, dass sie „große Bedenken“ gegen diese Vorgehensweise haben, sagte uns Jean Asselborn am Donnerstagabend. Sie würden sich weiter dafür einsetzen, dass es während der Verhandlungen mit dem EP noch zu Änderungen zugunsten von Flüchtlingsfamilien mit Kindern kommen wird.

Solidarität wird verpflichtend

Solidarität vor allem mit jenen Staaten im Süden der EU, in denen weitaus die meisten Flüchtlinge ankommen, soll künftig keine Option mehr sein, sondern eine Verpflichtung. Allerdings soll nicht mehr jedes EU-Land nach einem Verteilungsschlüssel festgelegt Flüchtlinge aufnehmen müssen, so wie es lange angedacht war. Wer keine Flüchtlinge aufnehmen will, wie etwa Viktor Orbans Ungarn, soll eine Ausgleichszahlung von 20.000 Euro pro Flüchtling leisten. Meldungen zufolge hat Ungarn unter anderem deswegen gegen den Kompromiss gestimmt. Dies dürfte einer der Knackpunkte mit dem EU-Parlament werden, denn dieses hat in seiner Position zur Reform der Asylpolitik eine verpflichtende Umsiedlung von Flüchtlingen aus den südlichen EU-Staaten in alle Mitgliedstaaten festgelegt.

Schwierigkeiten dürfte ebenfalls der Umstand bereiten, dass die einzelenen EU-Staaten einschätzen dürfen, welche Drittstaaten als „sicher“ angesehen werden, in die abgewiesene Antragsteller für Asyl abgeschoben werden können. Eine gemeinsame Liste gebe es nicht, sagte die schwedische Ratsvorsitzende Malmer Stenergard gestern nach den zwölfstündigen Verhandlungen.

Die gestrige Einigung ist jedoch nur ein weiterer Schritt in dem sich seit Jahren dahinschleppenden Reformversuch der gemeinamen EU-Asylpolitik. Nun stehen die Verhandlungen mit dem EU-Parlament an, das in diesen Fragen ein Mitbestimmungsrecht hat.

JJ
9. Juni 2023 - 12.41

"Er „finde es nicht falsch“, den Menschen „sehr schnell“ Bescheid zu sagen, „ob sie eine Chance haben, den internationalen Flüchtlingsstatus zu bekommen oder nicht“, ....Sagt es ihnen bevor sie ins Boot steigen.Das rettet Menschenleben und den sozialen Frieden in der EU. Wenn die Wirtschaftsflüchtlinge sofort umgedreht werden,dann bleiben nicht mehr viele.