Formel ERobin Frijns und Nico Müller: „Wir wollen mit unseren Möglichkeiten das Beste erreichen“

Formel E / Robin Frijns und Nico Müller: „Wir wollen mit unseren Möglichkeiten das Beste erreichen“
Die Berlin-Überraschung für Abt-Cupra: Platz 1 und 2 beim Qualifying und gleich nach dem Start des Sonntagsrennens Fotos: Marie-Jo Nickels, Fernande Nickels

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Der Schweizer Nico Müller und der Niederländer Robin Frijns haben vieles gemeinsam. Sie fuhren zusammen DTM, sind beide Sieger der 24h Nürburgring und bestreiten dieses Jahr die Formel-E-Meisterschaft für das deutsche Abt-Team, das nach einem Jahr Abstinenz wieder in die Elektro-Serie zurückgekehrt ist. Das Tageblatt hat sich mit den beiden über die Formel E sowie die World Endurance Championship und die bevorstehenden 24 Stunden von Le Mans unterhalten.

Tageblatt: Was können Sie uns über Ihre Formel-E-Saison bislang sagen? Die ersten Rennen waren sehr schwierig, aber in Berlin hatte das Abt-Cupra-Team mit den ersten beiden Startplätzen ein regelrechtes Highlight. Im Rennen selbst gab es ja dann auch noch die ersten Punkte.

Robin Frijns: Ja, es hat schwierig begonnen und es ist immer noch schwierig …

Nico Müller: In Berlin hat uns der Regen im Qualifying geholfen. Wir haben uns selbst überrascht, wie gut wir diese Situation zu unseren Gunsten umsetzen konnten. Man muss aber realistisch bleiben – unser Gesamtpaket ist noch nicht da, wo wir es haben wollen, aber wir versuchen, mit unseren Möglichkeiten das Beste zu erreichen.

Robin, Sie hatten gleich beim ersten Rennen einen Unfall, bei dem Sie sich eine Handverletzung zugezogen haben und für vier Rennen ausfielen. Das war sicher nicht optimal …

R.F.: Ja, das stimmt. Ich habe dadurch viel Entwicklungsarbeit mit dem neuen Auto verpasst. Es war schon schwierig für mich, als ich nach drei Monaten Auszeit wieder ins Auto stieg. Aber spätestens im April in Berlin war ich wieder voll dabei. (was er mit seiner Poleposition bewies, Anm. d. Red.).

Nico Müller wird mit Peugeot bei den 24 Stunden von Le Mans in der Außenseiterrolle im Kampf um den Gesamtsieg sein
Nico Müller wird mit Peugeot bei den 24 Stunden von Le Mans in der Außenseiterrolle im Kampf um den Gesamtsieg sein Fotos: Marie-Jo Nickels, Fernande Nickels

Abt-Cupra ist jetzt ein Kundenteam von Mahindra, was den Antrieb betrifft. Davor war Abt das Einsatzteam von Audi in der Formel E, bevor die Ingolstädter sich aus der Serie zurückgezogen haben. Ist die Erfahrung aus den Audi-Jahren heute nützlich für Abt-Cupra und wie läuft die Zusammenarbeit jetzt mit Mahindra?

R.F.: Die Zeit mit Audi ist sicher kein Nachteil. Abt hat dort sehr eng mit den Ingolstädtern zusammengearbeitet. Jede Idee, die von Abt kam, wurde sofort an Audi weitergeleitet. Das ist jetzt mit Mahindra nicht mehr in gleicher Weise der Fall. Wir arbeiten zwar eng mit ihnen zusammen, aber natürlich sind wir zwei verschiedene Teams.

N.M.: Es ist schon eine ganz andere Zusammenarbeit. Natürlich tauschen wir uns aus, doch an den Rennwochenenden arbeiten wir als komplett separate Teams. Die Zusammenarbeit ist an sich begrenzt, da wir ja das Kundenteam von Mahindra sind. Man muss aber auch sagen, dass die Formel E selbst sich viel verändert hat seit der Audi-Zeit. Wir haben 2023 ein komplett neues Auto und die Abt-Teamstruktur ist auch anders; es ist fast wie ein Neuanfang.

Ist es für Sie beide ein Vorteil, dass Sie sich in einem Team wiederfinden, das Sie schon von vorher aus der DTM kennen?

R.F.: In puncto Performance spielt dies für mich keine große Rolle. Es ist aber schon schön, wieder mit Nico zusammenzufahren, da wir in unseren drei DTM-Jahren eine sehr gute Zeit zusammen hatten. Natürlich ist es auch angenehm, das Rennwochenende in einer bekannten Umgebung zu verbringen, wo man sich wie in einer Familie fühlt. Die Atmosphäre im Team ist sehr gut, auch wenn die Resultate momentan nicht so optimal sind.

In Sachen Straßenautos ist Cupra im Begriff, ein Elektro-Angebot aufzubauen. Ist Cupra zum jetzigen Zeitpunkt in der Formel E eher ein Technikpartner oder eher ein Sponsor?

R.F.: Momentan ist Cupra ein Sponsor. Wie sich das in Zukunft entwickeln wird, muss man abwarten, aber dies ist nicht an uns, sondern an Cupra zu entscheiden.

Welche von den kommenden Strecken wird Ihrem Auto Ihrer Ansicht nach am besten liegen?

N.M.: Die Strecken, wo es regnen wird. (grinst) Spaß beiseite, wir können nicht nur auf Regen warten. Wir müssen Kilometer abspulen und unser Auto so verbessern, dass es bei allen Bedingungen gut ist.

R.F.: Es ist schwer zu sagen. Auf dem Kurs von Kapstadt mit seinen langen, schnellen Kurven und dem holprigen Belag waren wir im Training nicht so schlecht. Vielleicht wird die Strecke in Rom uns liegen.

Robin Frijns ist in Le Mans mit seinem Team einer der Favoriten für den LMP2-Sieg
Robin Frijns ist in Le Mans mit seinem Team einer der Favoriten für den LMP2-Sieg Fotos: Marie-Jo Nickels, Fernande Nickels

Sprechen wir noch kurz das Thema an, dass bei den letzten Rennen jeder Energie sparen wollte und somit niemand in der Leader-Position sein wollte, was oft zu komischen, wenn nicht sogar zu gefährlichen Situationen führte …

N.M.: Nun ja, in São Paulo war das schon sehr krass, was wohl auf die Streckencharakteristik zurückzuführen war. Es gab lange Geraden und langsame Kurven mit viel Windschattenfahren. Durch dieses energieeffiziente Fahren kam es, dass vor den Kurven die Autos dem Vordermann quasi auffuhren. Es war manchmal so wie bei einem Stau auf der Autobahn, wo man zwei Spuren hat und man sich fragt: Reihe ich mich jetzt rechts oder links ein? In Berlin mit seinen breiten Geraden war es ähnlich.

Kommen wir zum Schluss noch auf die WEC zu sprechen. Robin, Sie fahren in der hart umkämpften LMP2-Klasse; Nico, Sie steuern ein Peugeot-Hypercar. Jetzt steht mit Le Mans das Hauptevent des Jahres an. Was erwarten Sie sich davon?

N.M.: Die WEC erlebt zurzeit eine ganz spannende Ära und ich bin stolz, da mittendrin zu sein. Die diesjährige, 100. Auflage der 24 Stunden von Le Mans wird ganz speziell werden, mit allein 16 Teilnehmern in der „großen Klasse“ (die um den Gesamtsieg kämpfen werden, Anm. d. Red.). Für mich wäre es schöner, wenn wir mit unseren Peugeot 9X8 etwas weiter vorne mitmischen könnten. Wir haben zwar in puncto Standfestigkeit gute Fortschritte gemacht, doch in Sachen Performance müssen wir noch zulegen. In Portimão sahen wir nicht so schlecht aus und konnten mit den Porsche und Cadillac mithalten, aber in Spa war es schwierig. Ob der Kurs von Le Mans unseren Peugeot besser liegen wird, ist schwer zu sagen, denn man weiß nie, was einen dort erwartet. Wo wir genau stehen, sieht man erst in der Rennwoche selbst und ab da muss man dann weiterschauen.

R.F.: Die LMP2-Klasse ist dieses Jahr sehr hart umkämpft, alle liegen sehr eng beisammen. Unser Saisonanfang bei WRT war etwas schwierig. Wir hatten verschiedene kleine Probleme, die wir aber inzwischen gelöst haben, und in Spa lief alles gut. Das, was wir aus den letzten Jahren in Le Mans gelernt haben, ist nicht mehr wirklich verwertbar, da sich einiges am Reglement geändert hat. Unser WRT-Team hat aber eine große Erfahrung mit Langstreckenrennen und ich gehe sehr zuversichtlich ins Rennen. Wenn wir keine unvorhergesehenen Probleme haben, müssten wir in unserer Klasse ganz vorne mitreden können.

Robin Frijns

Wie die meisten seiner Rennfahrerkollegen hat sich der Niederländer über verschiedene Formel-Nachwuchsserien hochgekämpft, bis er in den Jahren 2013 und 2014 die GP2-Serie bestritt und zugleich Testfahrer beim Sauber-Formel-1-Team war. Im darauffolgenden Jahr begann er zum ersten Mal sein Doppelprogramm: Formel E mit Andretti und GT-Sport mit dem belgischen Audi-Einsatzteam von WRT. In der Formel E ging es dann mit Virgin, dem heutigen Envision-Team, weiter. Bei den Touren- und GT-Wagen blieb er der Marke Audi treu und fuhr neben den GT-Einsätzen auch in der DTM für das dort so erfolgreiche Abt-Team. Hier kreuzten sich dann auch zum ersten Mal die Wege mit Nico Müller, der damals schon sein Teamkollege war. Vor einigen Wochen hat Robin Frijns bekannt gegeben, dass er nicht mehr weiterhin Audi-Werksfahrer sein wird. Dies wird wohl damit zu tun haben, dass er seit 2021 und bis heute die WEC mit einem LMP2 des WRT-Teams bestreitet. Und genau dieses Team wird nächstes Jahr die BMW Hypercars einsetzen.

Nico Müller

Der Schweizer hat im Kartsport angefangen und sich über die GP3 und Renault 3.5L in den Formelserien hochgekämpft. Schon 2014 stieg er dann mit Audi beim Team Rosberg in die DTM ein, bevor er 2016 zu Abt wechselte, wo er bis zum Ende der DTM-Class1 auch blieb und dort zweimal Vize-Champion wurde. Auch im GT3-Langstreckensport war der Schweizer für Audi siegreich. 2017 bestritt er zum ersten Mal die WEC in einem LMP2 von G-Drive, danach ging es weiter zu Vector-Sport, bevor er im Laufe der Saison 2022 von Peugeot angeheuert wurde, um ihr neues Hypercar zu fahren. In der Formel E ist Müller seit 2020 mit dabei. Zwei Saisons bestritt er für das amerikanische Dragon-Penske-Team, bevor er sich dieses Jahr seiner aus der DTM wohlbekannten Mannschaft von Abt-Cupra anschloss.

Formel E

1 Pascal Wehrlein 133 Punkte
2. Jake Dennis 133
3. Nick Cassidy 128
4. Mitch Evans 109
5. Jean-Eric Vergne 97
6. António Félix da Costa 78
7. Maximilian Günther 70
8. Sam Bird 63
9. Sébastien Buemi 62
10. Jake Hughes 46