LeitplanAngenehm, grün und weitgehend autofrei: So soll Kayl-Nord später werden

Leitplan / Angenehm, grün und weitgehend autofrei: So soll Kayl-Nord später werden
1.440 Wohnungen und 700 neue Arbeitsplätze sollen in dem neuen Viertel entstehen Illustration: ww+

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Das Projekt Kayl-Nord nimmt so langsam Konturen an. In knapp fünf Jahren könnten die ersten Bagger rollen, vorausgesetzt die Eigentümerfrage wurde definitiv geklärt und sämtliche administrative Prozeduren bewältigt.

15 Jahre wurde am Projekt gewerkelt, das, einmal realisiert, rund 3.300 Menschen ein Zuhause in einer angenehmen, grünen und weitgehend autofreien Umgebung bieten wird. Am Leitplan war seit 2019 gearbeitet worden. Bis 2043 soll das sich auf 28 Hektar erstreckende Projekt abgeschlossen sein.

Das neue Viertel soll in mehreren Etappen von der Grand-rue (hinter dem aktuellen Post-Gebäude) entlang der Nörtzinger Straße, der rue du Commerce und der rue de Schifflange entstehen. Im Norden grenzt es an den Puelbech, der zusammen mit einem Teil des Kälbaach renaturiert wird. Das Viertel selbst wird in vier verschiedene Teilviertel untergliedert sein. Zwei werden reinen Wohnungszwecken dienen, wobei das erste hauptsächlich mit Einfamilienhäusern bestückt wird, das zweite dichter besiedelt ist, aber über üppige Innenhöfe verfügen wird, die zum Verweilen einladen. Das dritte Teilviertel entlang des Kälbaach wird eine gemischte Zone, sodass sich auch kleinere Handwerkbetriebe aus der Gemeinde niederlassen können. Völlig autofrei wird der vierte Teilbereich in Richtung Grand-rue sein. Dieses urbane Quartier wird über einen zentralen Platz mit Geschäftslokalen verfügen. Wer sich hier aufhält, muss den PKW in einer der zwei Tiefgaragen lassen.

Apropos Auto. Des Luxemburger liebstes Kind wird keinesfalls aus Kayl-Nord verbannt, nur muss es entweder in der eigenen Garage bzw. auf der Parzelle am Haus oder in einem Parkhaus, im Leitplan Quartiers-Hub genannt, abgestellt werden. „Wir wollen kein Parken im öffentlichen Raum“, sagte Bürgermeister Jean Weiler (CSV) im Vorfeld einer öffentlichen Informationssitzung am Donnerstagabend in der Schungfabrik. 

Rund 70 Prozent des Gesamtbaupotenzials in Kayl-Nord werden für Wohnungszwecke (insgesamt 1.440 Wohnungen) genutzt, 30 Prozent davon als sogenannter preislich erschwinglicher Wohnraum, der über das ganze Areal verteilt entsteht, präzisierte Luc Wagner, Geschäftsführer des Architektenbüros ww+. Die restlichen 30 Prozent sind u.a. Handels-, Dienstleistungs- und Handwerksbetrieben vorbehalten. Man erhofft sich, in Kayl-Nord rund 700 neue Jobs schaffen zu können. Was dem lokalen Handel zugutekommt. Zur ersten Bauphase gehört auch die Errichtung einer „Quartiersschoul“ mit Betreuungseinrichtungen sowohl für die Kinder des neuen Viertels als auch von außerhalb.

Kein Parken im öffentlichen Raum, stattdessen Vorfahrt für Fußgänger: Das sind die Pläne für Kayl-Nord
Kein Parken im öffentlichen Raum, stattdessen Vorfahrt für Fußgänger: Das sind die Pläne für Kayl-Nord Illustration: ww+

Ein Fuß- und Radweg wird Kayl-Nord durchqueren und soll zu einem späteren Zeitpunkt durch eine Unterführung unter der Autobahn direkt nach Nörtzingen führen, vorausgesetzt entsprechende staatliche Zusagen werden umgesetzt. Rund 2,7 Kilometer Fuß- und Radwege würden im neuen Viertel laut Leitplan entstehen. Überhaupt soll der sanften Mobilität und dem öffentlichen Nahverkehr größte Bedeutung zukommen. Zusätzliche Bushaltestellen an der Nörtzinger Straße und ein neuer Bahnhof an der Schifflinger Straße sollen den Umstieg auf Bus und Bahn erleichtern. Laut Nationalem Mobilitätsplan (PNM 35) fahren die Züge zwischen Rümelingen, Tetingen, Kayl, Kayl-Nord und Nörtzingen in Zukunft nach Taktfahrplan. Wann und wo der neue Bahnhof gebaut wird, ist derzeit nicht bekannt. Konkrete Pläne hierfür wie auch für den Rückbau des Bahnübergangs an der Schifflinger Straße liegen bisher nicht vor.

Kayl-Nord soll dank Fotovoltaik und Solarthermie auf den Gebäudedächern klimaneutral sein. Vorgesehen ist ein Nahwärmenetz. Auch Häuser aus der näheren Umgebung außerhalb des Neubauviertels könnten zu einem späteren Zeitpunkt angeschlossen werden, so Bürgermeister Weiler.  

Öffentlicher Nahverkehr soll ausgebaut werden

Zwar hat die Gemeinde Kayl als Projektentwickler bei Kayl-Nord den Lead, doch erfüllt sie schlussendlich vor allem nationale Landesentwicklungsvorgaben. Entsprechend dem sektoriellen Leitplan Wohnen soll in Kayl vorrangig Wohnraum geschaffen werden. Was mit der Entwicklung von Kayl-Nord geschieht. Der Staat müsse nun im Bereich öffentlicher Transport liefern, antwortete Weiler auf Fragen aus dem Publikum. Etliche drehten sich um die leidige Verkehrsproblematik im Kayl-Tal. Ein neues Stadtviertel würde unweigerlich zusätzlichen Straßenverkehr verursachen, so die Befürchtungen. 

Mit Kayl-Nord werde man das Verkehrsproblem nicht lösen. Doch sollen etwaige negative Folgen minimiert werden, etwa durch den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs im ganzen Kayl-Tal. Weiler erinnerte daran, dass man da mit der Gemeinde Rümelingen an einem Strang ziehe. Entsprechende Gespräche mit dem Transportministerium habe es bereits gegeben. Man bestehe darauf, dass die gegebenen Versprechen eingehalten werden.

Ob das Projekt geplant wird, steht für die Gemeindeführung nicht zur Disposition. Nur das „Wie“ soll in einem partizipativen Prozess geklärt werden. Im Anschluss an die Bürgerversammlung in der Schungfabrik wurde eine digitale Plattform (mpt.link/kayl-nord) freigeschaltet, auf der jeder Interessierte bis August seine Bemerkungen und Verbesserungsvorschläge unterbreiten kann. 

Rund 150 Personen hatten sich zur Versammlung angemeldet, was von einem großen Interesse an der Stadtentwicklung zeugt. Vor allem aber müssen rund 30 Landbesitzer ihr Einverständnis geben. Bis Oktober dieses Jahres soll diese Überzeugungsarbeit abgeschlossen sein. Das ganze Projekt könnte demnach doch noch an einem hartnäckigen Grundbesitzer scheitern. Bereits am Dienstag sprach man mit Grundstückseigentümern, am Mittwoch waren Promoteure an der Reihe. Sollte Kayl-Nord realisiert werden, würden sich auch für die Grand-rue neue Perspektiven ergeben. Sie könnte in ein Shared Space umgestaltet werden und damit den alten Dorfkern optisch verjüngen, vor allem aber seinen Bewohnern zusätzliche Lebensqualität schenken. Aber das ist vorläufig noch Zukunftsmusik.