Fußball-PokalfinaleNummer fünf oder eine Premiere

Fußball-Pokalfinale / Nummer fünf oder eine Premiere
Differdingen erwartet ein heißer Tanz Foto: Editpress/Jeff Lahr

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Auf die Zuschauer wartet am Freitag (20.00) im Stade de Luxembourg ein interessantes und fast schon exotisches Pokalfinale. Der FC Déifferdeng 03 strebt den fünften Pokalsieg seit der Fusion an und geht als Favorit in die Partie. Gegner Marisca Mersch schaffte erst kürzlich den Aufstieg in die BGL Ligue und will den größten Erfolg der Vereinsgeschichte feiern. Es ist Spannung garantiert und das Nationalstadion wird wohl fast aus allen Nähten platzen.

Damit es überhaupt zu einem solch kuriosen Duell im Finale der Coupe de Luxembourg kommen konnte, musste so einiges „schieflaufen“. Déifferdeng 03 war zwar als Europapokalkandidat in die Saison gestartet, enttäuschte jedoch während Monaten auf ganzer Linie. Nach zwei Trainerwechseln und als alle Hoffnungen bereits verflogen schienen, entschied sich der Verein, seinem bis dato unbekannten Nachwuchstrainer Helder Dias die Verantwortung zu überlassen. Ein Volltreffer. Der 40-jährige Portugiese hauchte D03 wieder das Sieger-Gen ein und verlieh ihm wieder die Aura einer Pokalmannschaft.

Auf dem Weg zum fünften Erfolg seit 2010 schaltete die Mannschaft von Dias mit dem Progrès Niederkorn und Swift Hesperingen immerhin die zwei Erstplatzierten der diesjährigen BGL-Ligue-Saison aus. Geklaut ist die Teilnahme am Cup-Endspiel also nicht. „Als ich die Mannschaft übernommen habe, ging es vor allem darum, die Köpfe wieder freizubekommen. Es war eine schwierige Saison für die Spieler. Nach den guten Spielen im Europapokal gegen Olimpija Ljubljana waren die Erwartungen hoch, der Saisonstart war jedoch schlecht. Danach kam es zu zwei Trainerwechseln. Die Chancen, dass wir uns noch für den Europapokal qualifizieren, waren bei meinem Amtsantritt vielleicht bei 10 bis 15 Prozent. Auf dem Weg ins Finale haben wir mit Niederkorn und Hesperingen die zwei besten Mannschaften des Landes geschlagen und mittlerweile sind die Köpfe der Spieler frei und es herrscht eine ganz andere Dynamik“, sagt Dias.

Machen wir uns nichts vor: Es ist kein 50:50-Spiel. Wir müssen die Favoritenrolle annehmen.

Helder Dias, Trainer FC Déifferdeng 03

Für den Differdinger Interimstrainer ist es das größte Spiel seiner noch jungen Karriere. Bisher arbeitete er immer nur als Jugendtrainer – bis 2019 in Portugal und seit 2020 in Luxemburg. „Ich bin hier, um die Zukunft vorzubereiten. Die vergangenen drei Monate waren eine schöne Werbung für mich, aber das ändert nichts an meiner Einstellung. Ich arbeite sehr gerne mit dem Differdinger Nachwuchs zusammen.“

Trotz seines jungen Traineralters ist sich Dias bewusst, dass auf ihm und seiner Mannschaft Druck lasten wird. „Machen wir uns nichts vor: Es ist kein 50:50-Spiel. Wir müssen die Favoritenrolle annehmen. Differdingen ist ein ambitionierter Verein und der Präsident hat eine hohe Erwartungshaltung“, sagt der Portugiese, der sich aber auch der Stärken des Gegners bewusst ist: „Mersch hat ein sehr starkes Kollektiv und ihre Stärke liegt im permanenten Pressing. Außerdem verfügen sie über drei sehr gefährliche Offensivspieler. Der Rasen im Stade de Luxembourg ist aber größer und die Zuschauer stehen weiter weg vom Platz als in Mersch. Ich denke, dass diese Faktoren auch eine Rolle spielen. Ich gehe davon aus, dass Mersch etwas anders auftreten wird als in den vergangenen Partien.“

Der Bus bleibt zu Hause

Marisca Mersch ist in dieser Saison die größte Überraschung des luxemburgischen Fußballs. Im vergangenen Mai wurde der Abstieg in die erste Division knapp vermieden. Zwölf Monate später wurden zwei historische Premieren gefeiert: der Aufstieg in die BGL Ligue und die Qualifikation für das Pokalfinale. Im 115. Jahr seit der Gründung ist die Marisca endlich auf der Fußball-Landkarte angekommen. Wie bei D03 ist auch in Mersch der Anteil des Trainers sehr groß. Der ehemalige Topstürmer Mikhail Zaritski hat eine Mannschaft zusammengebastelt, die auf dem Platz ein ungeheures Tempo gehen kann. Pressing und Gegenpressing während 90 Minuten lautet die Devise. Zaritski war bis vor rund einem Jahr auch so etwas wie ein unbeschriebenes Blatt auf der Trainerbank. Nach einigen Stationen bei unterklassigen Vereinen und nach Erlangung seiner UEFA-Pro-Lizenz landete der 50-Jährige mit der Marisca seinen ersten großen Coup.

Es kann sein, dass wir was auf die Fresse bekommen werden, aber wir werden gar nichts an unserem Auftreten ändern

Mikhail Zaritski, Trainer Marisca Mersch

Der ehemalige Stürmer, der zu seiner aktiven Zeit mit Avenir Beggen gegen Galatasaray Istanbul antrat und  mit der Nationalmannschaft im Wembley gegen die „Three Lions“ auflief, ist überwältigt von der Euphorie, die um das Finale herrscht. „Hier sind alle am Durchdrehen. Das kann man sich gar nicht vorstellen. Fast 7.000 Tickets wurden bereits für dieses Finale verkauft, das ist der absolute Wahnsinn. Für uns wird es ein Heimspiel werden, das müssen wir ausnutzen.“

In den vergangenen Tagen war Zaritski vor allem damit beschäftigt, seine Spieler vor dem Grande Finale zu beruhigen: „Für viele meiner Spieler ist es etwas Einzigartiges, das sie vielleicht nie wieder erleben werden. Differdingen ist größere Kulissen gewohnt, wir nicht. Es liegt eine gewisse Anspannung in der Luft. Ich glaube aber, dass wir die Köpfe freibekommen werden, denn schließlich spielen wir nicht gegen den Champions-League-Sieger.“

Den Gegner aus Differdingen hat der gebürtige Russe im Detail analysiert, wird den Spielstil von Mersch aber nicht anpassen. „Es kann sein, dass wir was auf die Fresse bekommen werden, aber wir werden gar nichts an unserem Auftreten ändern und schon gar nicht den Bus vor das Tor stellen. Die Zuschauer mögen unseren Stil, auch deshalb kommen so viele Leute. Differdingen hat eine Mannschaft, die unter dem neuen Trainer wieder lebt und Lust hat, Fußball zu spielen. Es ist eine kompakte Mannschaft mit einem starken Mittelfeld. Wir dürfen ihnen keine Freiräume geben. Mal schauen, wie sie reagieren, wenn sie unter Druck geraten“, sagt Zaritski, der am Freitag auf seinen besten Joker Landry Meyong (gesperrt) verzichten muss, während Helder Dias ohne den zuletzt so starken Wirbelwind João Simões auskommen muss.

Differdingen gegen Mersch, ein Duell, das vor einigen Monaten keinen vom Hocker gerissen hätte und das jetzt zu dem wohl größten Pokalevent der jüngeren Pokalgeschichte werden wird.

Alison Martins (r.) ist ein wichtiger Bestandteil des Merscher Mittelfelds
Alison Martins (r.) ist ein wichtiger Bestandteil des Merscher Mittelfelds Foto: Editpress/Jeff Lahr

Busse und Parkplätze

Der nationale Fußballverband FLF und die Stadt Luxemburg teilten gestern mit, dass zusätzliche Buslinien für das Pokalfinale zur Verfügung gestellt werden. Pendelbusse gibt es am Park & Ride Kockelscheuer und Lux-Sud ab 17.45 und bis 20.00 Uhr. Die Busse, die vom Hauptbahnhof aus in Richtung Stadion fahren, starten alle zehn Minuten. Rückfahrten gibt es ab 21.45 und bis 23.30 Uhr.