StaatsvisiteNeues Kapitel der Partnerschaft zwischen Kap Verde und Luxemburg

Staatsvisite / Neues Kapitel der Partnerschaft zwischen Kap Verde und Luxemburg
Xavier Bettel und José Maria Neves scheinen auf einer Linie zu sein Foto: Editpress/Hervé Montaigu

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Kap Verde hat es geschafft, aus dem Kreis der armen Entwicklungsländer in den Kreis der stabilsten Staaten Afrikas aufzusteigen. Das macht die Inselrepublik auch attraktiver für Investoren aus Luxemburg. Am zweiten Tag seiner Visite besuchte Präsident José Maria Neves unter anderem die Universität und die Handelskammer.

„Die Beziehungen zwischen uns sind exzellent“, wiederholte José Maria Neves am Mittwoch einen Satz, den er schon am Vortag im Tageblatt-Interview gesagt hatte, und fügte hinzu: „Aber es gibt nichts, was noch besser werden kann.“ Die Worte spiegeln nicht zuletzt das gestiegene Selbstbewusstsein seines Landes wider. Schließlich gehört Kap Verde nicht nur zu den stabilsten Staaten Afrikas, sondern hat in den vergangenen Jahren – mit der Covid-Krise als Unterbrechung – einen deutlichen Aufschwung erlebt. Die Inselrepublik hat nicht nur kontinuierlich sein Bruttoinlandsprodukt (BIP) gesteigert und die Arbeitslosenrate auf unter zehn Prozent gesenkt, sondern hat ein durchschnittliches Pro-Kopf-Einkommen von 6.700 Dollar pro Jahr und liegt damit deutlich über dem afrikanischen Durchschnitt. Und es kann auf ein stabiles Wirtschaftswachstum verweisen. Nur die Staatsverschuldung von 149 Prozent des BIP macht etwas Sorgen.

„Das Land hat große Fortschritte erzielt, gerade im Bereich der erneuerbaren Energien“, sagte Wirtschaftsminister Franz Fayot bei seiner Ansprache in der Bibliothek des Luxembourg Learning Center. Die Gastgeber um Großherzog Henri, Premierminister Xavier Bettel und einer ganzen Riege von Ministern waren mit ihren Gästen nach Belval gekommen, um die Uni zu besuchen. Schließlich steht die Wissenschaftsgesellschaft auf der Prioritätenliste von José Maria Neves. Der Tourismus als momentan stärkstes Standbein der kapverdischen Wirtschaft, dann noch der mehrfach gelobte Energiesektor mit dem hohen Anteil von Erneuerbaren von mindestens 25 Prozent an der Gesamtenergie – und dann Bildung, Bildung, Bildung als Schlüssel zur Fortführung des eingeschlagenen Erfolgskurses. Denn dahinter versteckt sich wiederum das Schlagwort der Innovation. Oder besser gesagt: „Es gilt, den Unternehmen heute die Mittel zur Innovation zu geben, um bereit für morgen zu sein“, wie es Sasha Baillie, CEO von Luxinnovation, formulierte.

Verbindung von Forschung und Wirtschaft

Die Verbindung von Forschung und Wirtschaft liegt Neves am Herzen. Der Präsident hat in São Paulo studiert, bevor er in seine Heimat zurückkehrte. Er will aus dem Archipel auch ein finanzielles Zentrum machen und hofft, dass sich Kap Verde auch bei der digitalen Transformation an Luxemburg inspirieren könne. Und er will europäische Unternehmen nach Kap Verde locken. Luxemburg ist ein treuer Partner in Sachen Kooperations- und Wirtschaftspolitik. Er spricht gerne von einer „économie bleue“, von einer nachhaltigen Wirtschaft. Fayot greift das auf und sagt: „Ich kann Kap Verde als Partner nur weiterempfehlen.“ Bald soll eine Botschaft auf Kap Verde eröffnet werden.

Auch Premierminister Xavier Bettel ist bei seiner gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Staatsgast im Luxembourg Learning Center voll des Lobes, was die politische Partnerschaft des Inselstaates mit der Europäischen Union anbelangt. Von Anfang an habe sich Kap Verde in Hinsicht auf die Ukraine „auf die gute Seite“ gestellt und den russischen Angriffskrieg verurteilt. Dass dies unter afrikanischen Staaten keine Selbstverständlichkeit war, weiß Bettel. „Andere Staaten haben das nicht getan“, sagt er. Derweil betont Neves: „Wir verurteilen die Invasion Russlands in der Ukraine. Wir teilen dieselben Werte und stehen Seite an Seite mit Luxemburg und der Europäischen Union.“ Dazu gehören neben den Menschenrechten unter anderem auch das Prinzip des Multilateralismus.

Viele afrikanische Länder haben in der Ukraine-Frage eine neutrale Haltung eingenommen und bevorzugen eine diplomatische Lösung des Konflikts. Dieser hat sich, nachdem sie sich gerade von der Pandemie erholt hatten, verheerend auf sie ausgewirkt. Die gestiegene Energie- und Nahrungsmittelkosten haben sich negativ auf den wirtschaftlichen Aufschwung in Afrika ausgewirkt. Zwar ist der Konflikt weit entfernt und wird als eine Art Fortsetzung des Ost-West-Konflikts wahrgenommen. Nicht zu vergessen ist aber, dass einige afrikanische Staaten enge wirtschaftliche, politische und militärische Beziehungen zu Russland pflegen. Sie beziehen nicht zuletzt auch militärische Hilfe in Form von Waffen aus Putins Reich.

Staaten wie Mali, der Sudan oder die Zentralafrikanische Republik setzen auf Hilfe der russischen Söldnertruppe Wagner. Im Gegenzug versucht Russland, seinen politischen Einfluss in der Region auszubauen.

Kap Verde ist einen anderen Weg gegangen. Zwar wurde der Partido Africano da Independência da Guiné e Cabo Verde (PAIGC) nach der Erklärung der Unabhängigkeit im Juli 1975 eine alleinregierende Partei und schuf eine linksgerichtete Einpartei-Diktatur. Während die marxistische Partei in Guinea-Bissau ihren Namen behielt, benannte sie sich auf Kap Verde in Partido Africano da Independência de Cabo Verde (PAICV) um. Nach der Verfassungsänderung 1990 wurde ein Mehrparteiensystem eingeführt. Seither ist Kap Verde eine pluralistische Republik mit einem semipräsidentiellen politischen System. Der Präsident wird wie das Parlament direkt gewählt und einige wichtige Befugnisse, obwohl die Exekutivgewalt beim Premierminister liegt. José Maria Neves gehört dem PAICV an, heute eine sozialdemokratisch orientierte Partei. Nach einem Besuch der luxemburgischen Börse und der Handelskammer, wo der Staatsgast unter anderem deren Präsident Fernand Ernster und Generaldirektor Carlo Thelen sowie Energieminister Claude Turmes traf, steht heute der dritte Tag seines Staatsbesuchs an.

José Maria Neves besuchte auch die „Maison du livre“ auf Belval
José Maria Neves besuchte auch die „Maison du livre“ auf Belval Foto: Editpress/Hervé Montaigu