EditorialWarum das Lokale jetzt Vorrang hat – und für die Chamberwahlen noch Zeit bleibt

Editorial / Warum das Lokale jetzt Vorrang hat – und für die Chamberwahlen noch Zeit bleibt
Bald nicht mehr leer: die Klebeflächen für die Wahlplakate in Luxemburg-Stadt Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Das wird ein harter Tag. Luxemburg schaut seit heute Morgen nicht mehr so aus wie vorher. Sie werden es sehen, wenn Sie vor die Tür treten. An jeder Ecke und jeder Wand werden Sie in Gesichter blicken, die vor allem eins von Ihnen wollen: ein oder noch besser zwei Kreuze hinter ihrem Namen am Wahltag am 11. Juni.

Der offizielle Startschuss für die Lokalwahlen ist gefallen. Seit gestern Abend sind die Kandidaten und Kandidatinnen, Helfer und Helferinnen aller Parteien unterwegs auf der Suche nach dem besten Platz für ihre Plakate. Über einige wird geschmunzelt werden, andere werden vielleicht diesen oder jenen verärgern, ein paar wenige werden wohl wieder Opfer von Vandalismus. Einerseits eine normale Vorwahlphase. Andererseits viel Einsatz und Arbeit aller Beteiligten, die, das kann auch mal festgehalten werden, sich starkmachen für die demokratischen Prozesse in Luxemburg, für die Gemeinden und ihre Einwohnerinnen und Einwohner. Ruhm wird den allermeisten nicht zufliegen in diesen Niederungen der luxemburgischen Politik, das wissen sie, umso löblicher ist ihr Engagement.

Das Ergebnis der letzten Gemeindewahlen im Oktober 2017 war ein Rechtsruck. Die LSAP verlor stark. Gestärkt wurde damals vor allem die CSV. Geht es wieder in die andere Richtung?

Diese Frage bleibt erst einmal unbeantwortet. Die Ergebnisse vom 11. Juni werden aber nicht nur über die Zusammensetzung der Gemeinderäte quer durch Luxemburg entscheiden. In diesem Jahr, in dem im Oktober die großen, die legislativen Wahlen anstehen, wirkt der Termin vom Juni manchmal nur wie eine Etappe, wie die Hinrunde eines einzigen langen Wahljahrs. 

So verwundert es nicht, wenn beide Wahlkämpfe ineinanderfließen. Auch jetzt dominieren die großen nationalen Themen wie Steuern, Arbeitszeit, die Wohnmisere oder Gesundheit die Diskussionen in Luxemburg. Hinzu kommt, dass die Lokalwahlen für sehr viele Kandidaten und Kandidatinnen der Prüfstein sein werden, um einen Platz auf den nationalen Listen ihrer Parteien zu ergattern – oder ihn zu verspielen. Drei von vier Abgeordneten finden sich auch auf Listen für die Gemeindewahlen wieder. Wer kein starkes Resultat erreicht, droht in der Versenkung zu verschwinden. Die Listen für die Nationalwahlen stellen die Parteien erst nach den Lokalwahlen zusammen – alle wollen wissen, wie sich ihre Kandidatinnen und Kandidaten geschlagen haben. Die Partei, die schlecht abschneidet am 11. Juni, wird mit einem Hemmschuh in die Parlamentswahlen im Oktober ziehen.

Es steht demnach viel auf dem Spiel.

Täte es aber auch ohne den Wahltermin am 8. Oktober, wo ein neues Parlament gewählt wird. Das Zusammenfallen beider Termine auf ein Jahr und die Lokalwahlen als Generalprobe für die nationalen – all das sorgt für Spannung und Raum zur Spekulation.

Es sorgt aber auch für eine Verzerrung.

Denn es bleibt wichtig, wer eine Gemeinde führt. Lokalpolitiker tragen eine große Verantwortung und sind meist erster Ansprechpartner für ihre Bürger und Bürgerinnen. Die Politik, die sie machen, hat einen unmittelbaren Einfluss auf den Lebensmittelpunkt der Menschen – sie machen dort die Politik, wo die Menschen wohnen, wo sie ihre Nachbarn haben, ihre Vereine, wo ihre Kinder in die Schule gehen. Sie hantieren zudem – mal besser, mal schlechter – mit beträchtlichen Geldbeträgen und sind oft richtig große Arbeitgeber. All das sollte jetzt im Mittelpunkt stehen. Für das nationale Geschehen bleibt danach noch genug Zeit.