Forum10 Fake News in 10 Minuten

Forum / 10 Fake News in 10 Minuten
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Die Katze ist aus dem Sack. Die UEL, stolze Allgemeinvertretung der luxemburgischen Arbeitgeber, ist gegen Arbeitszeitverkürzung, aber für mehr Flexibilität bei den Arbeitszeiten. Niemand stellt das Recht des UEL-Vorsitzenden in Frage, die vermeintlichen Interessen seines Standes zu verteidigen. Feinster Klassenkampf von oben eben. Trotzdem dürfen verschiedene Falschinformationen, wie sie im kürzlichen RTL-Interview verkündet wurden, nicht unwidersprochen hingenommen werden.

Der Autor dieses Gastbeitrags: Dan Kersch ist LSAP-Abgeordneter und ehemaliger Minister
Der Autor dieses Gastbeitrags: Dan Kersch ist LSAP-Abgeordneter und ehemaliger Minister Foto: Editpress/Hervé Montaigu

Falschinformation 1: Es stimmt zwar, dass ich mich in einem rezenten Zeitungsartikel dafür eingesetzt habe, über die Einführung einer 36-Stunden-Woche, mit optionaler Vier-Tage-Woche, nachzudenken (wie es auch im Ausland diskutiert wird bzw. umgesetzt wurde). Allerdings fordert zu diesem Zeitpunkt keine regierungsfähige Partei eine 36-Stunden-Woche, auch nicht die LSAP, die die allgemeine 38-Stunden-Woche (also 5% Reduzierung) in ihr Parteiprogramm aufgenommen hat. Trotzdem argumentiert und wettert der UEL-Präsident während zehn Minuten gegen die 36-Stunden-Woche.

Falschinformation 2: Dabei behauptet der UEL-Präsident u.a., die Einführung der 36-Stunden-Woche würde zu 10% Reduzierung der Arbeitszeiten bei den „Infirmières“ führen. Auch dies ist falsch, da die wöchentliche Arbeitszeit bei den Krankenpflegerinnen und Krankenpflegern per Kollektivvertrag schon heute auf 38 Stunden festgesetzt ist. Eine Reduzierung auf 36 Stunden würde also eine Reduzierung von 5,26% bedeuten. Hätte der ehrenwerte Präsident der UEL an der Präsentation der Studie durch den Minister teilgenommen, dann hätte er dies gewusst, weil die Studie u.a. diesen Kollektivvertrag erwähnt.

Falschinformation 3: Weiterhin behauptet der Arbeitgeberpräsident fälschlicherweise, die 36-Stunden-Woche würde zu 10 Prozent weniger Arbeitszeit bei Lehrerinnen und Lehrern führen. Dabei weiß jedes Kind, dass die Arbeitszeit der Lehrerinnen und Lehrer, aufs Jahr bezogen, schon heutzutage aufgrund wohlverdienter Schulferien wesentlich niedriger ist als in anderen Sektoren. Sie ist also ein Sonderfall.

Falschinformation 4: Das vom UEL-Präsidenten gemalte Schreckensszenario, dass im Fall einer 10%-Reduzierung 50.000 zusätzliche Arbeitskräfte in Luxemburg gebraucht würden, mit allen Problemen, die das in Fragen der Mobilität und des Wohnungsbaus bedeuten würde, unterschlägt die Einsparungspotenziale aufgrund der Intensivierung von Arbeitsprozessen durch die Digitalisierung und einer modernen Arbeitsorganisation verbunden mit einer möglichen Vermeidung von Arbeitswegen. Diese Aussagen sind in die Kategorie der reinen Angstmache zu klassieren, aufbauend auf einer Milchmädchenrechnung, die mit einer seriösen Analyse nichts gemein hat.

Falschinformation 5: Es ist einfach falsch zu behaupten, dass ich 2016 eine angebliche Einigung über die Regelung der Arbeitszeiten zwischen dem damaligen Arbeitsminister Nicolas Schmit und den Sozialpartnern über Bord geworfen hätte. Vielmehr war es trotz monatelanger Verhandlungen nie zu einer Einigung der Sozialpartner gekommen, sodass die Regierung auf Vorschlag von Minister Schmit politische Verantwortung übernahm und Entscheidungen traf. Dabei saß ich als Minister, wie alle anderen Mitglieder der Regierung, gleichberechtigt mit am Tisch und habe meinen Standpunkt vertreten. Die Entscheidung aber wurde von der gesamten Regierung einstimmig getroffen. Dabei wurden Elemente der Forderungen der Gewerkschaften, genau wie Elemente der Forderungen des Patronats, umgesetzt. Insgesamt ein politisch festgelegter Kompromiss, der weder der einen noch der anderen Seite vollste Zufriedenheit gab. Das ist nun mal das Wesen eines Kompromisses.

Falschinformation 6: Zwar stimmt es, dass besagtes Gesetz eine Zwischenbilanz des Gesetzes vorsieht. Es stimmt auch, dass im Koalitionsabkommen abgemacht wurde, diese Zwischenbilanz 2020 fertigzustellen. Es ist aber falsch, dass „weder de Kersch nach de Minister Engel“ eine Studie in Auftrag gegeben hätten. Das Gegenteil ist der Fall, besagte Studie ist sogar fast abgeschlossen und der Minister hat bereits angekündigt, sie im zuständigen Parlamentsausschuss zu präsentieren. Eine einfache Anfrage beim Ministerium hätte dieses „Missverständnis“ aus der Welt schaffen können. Dabei liegt es auf der Hand, wieso sie nicht wie geplant schon 2020 abgeschlossen wurde. Hat der Arbeitgeberpräsident wirklich schon vergessen, dass sich die luxemburgische Wirtschaft seit März 2020 in einer pandemiebedingten Ausnahmesituation befand bzw. befindet, in der bis zu 15.000 Betriebe gleichzeitig (!) in Kurzarbeit waren? Welche Aussagekraft soll in einer solchen Situation eine Studie über Arbeitszeitregelungen haben?

Falschinformation 7: Luxemburg brauche die Möglichkeit zur Einführung einer Referenzperiode von einem Jahr, meint der UEL-Präsident. Ist es Unwissenheit? Jedenfalls besteht diese Möglichkeit schon heute in der luxemburgischen Arbeitsgesetzgebung, unter der Bedingung einer betriebsgerechten Regelung über Kollektivvertrag oder eines interprofessionellen Abkommens zwischen Gewerkschaften und Patronat. Und dies ist übrigens einer für die Arbeitgeber sehr großzügigen Umsetzung einer europäischen Direktive zu verdanken. Zusätzlich können die Arbeitgeber schon heute einseitig eine Referenzperiode von vier Monaten festlegen, unter der Bedingung des Erhalts von 3,5 zusätzlichen Urlaubstagen für die betroffenen Arbeitnehmer.

Falschinformation 8: In Luxemburg sind nicht, wie der Präsident der UEL verkündet, seit 2016 zwei Urlaubstage und ein zusätzlicher Feiertag hinzugekommen (+3), sondern der Mindesturlaub wurde von 25 auf 26 Tage erhöht (+ 0 oder +1) und ein zusätzlicher Feiertag mit dem Europatag vom 9. Mai eingeführt (+1). Also im höchsten Fall eine Reduzierung der Arbeitszeit von 1-2 Tagen im Jahr. Wie der Arbeitgeberpräsident daraus eine Reduzierung von 170 Stunden pro Jahr im Zeitrahmen 2016-2022 konstruiert, die dazu geführt habe, dass Luxemburg nun an vierter Stelle stehe in der Rangliste der Länder, wo am wenigsten gearbeitet wird, bleibt sein Geheimnis. Er verstieg sich sogar zur Aussage, dass in Luxemburg weniger gearbeitet würde als im Ausland. Europäische Statistiken besagen jedenfalls das Gegenteil.

Falschinformation 9: Zwar beziehen sich die Zahlen aus der Liser-Studie zu den Arbeitsstunden im Vergleich von Luxemburg zum nahen Ausland bedauerlicherweise auf 2016. Allerdings zeigen auch wesentlich aktuellere Zahlen, dass die Arbeitszeiten in Luxemburg höher sind als im Ausland. Eurofound, also die offizielle Agentur der EU zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen mit Sitz in Dublin, errechnet im Mai 2022 für das Jahr 2020 eine Sollarbeitszeit für Deutschland von 1.574 Stunden, für Frankreich von 1.610 Stunden, für Belgien von 1.728 Stunden gegenüber 1.791 Stunden für Luxemburg. Damit liegt Luxemburg an 16. Stelle im europäischen Vergleich, und nicht an vierter Stelle, wie der UEL-Präsident weismachen will. Weit über dem EU-Durchschnitt der EU der 27 mit 1.703 Stunden, und noch weiter über dem Durchschnitt der Länder der Eurozone mit 1.672 Stunden.

Falschinformation 10: Es ist dreist und falsch zu behaupten, dass kein Betrieb die Flexibilisierungsmöglichkeiten des Gesetzes vom 23. Dezember 2016 nutzt. Es gibt sehr wohl Betriebe, die sie nutzen. Es sind dies Betriebe, die kein Problem damit haben, zusätzliche Flexibilisierung im Interesse des Betriebes mit zusätzlichen Urlaubstagen für die Angestellten zu vergüten. Es ist genau dieses Prinzip des Nehmens und Gebens, die der Arbeitgeberpräsident bis heute nicht verinnerlicht hat. Dies unterstreicht er auch mit seiner verräterisch despektierlichen Äußerung über die Sozialurlaube: „… congé parental, congé post natal, congé d’accueil blablabla …“. Wer so spricht, und sich gleichzeitig als fairer Partner des Sozialdialogs präsentieren will, ist einfach nicht glaubhaft.

Grober J-P.
4. Mai 2023 - 12.02

@Jemp / Sie haben bestimmt Ahnung, dann erzählen Sie uns mal wie das mit dem Tuten und Blasen so gehandhabt wird. Habe genau 2 im Bekanntenkreis die von dem Tuten echt Ahnung gehabt haben bis vor 5 Jahren. Vielleicht hat das Schulwesen in den Jahren unter der Regie des Herrn Meisch sehr viel geändert. Sie haben Recht, mit dem Alter, aber Augen und Ohren habe ich immer noch. Leider war ich nicht so intelligent wie Sie, den Beruf zu "erreichen"! War nur ein einfach zu mittelmässiger Schüler.

Jemp
29. April 2023 - 20.47

@JJ, Grober: Na, dann werden Sie doch Lehrer. Ausser Ihnen scheint nämlich kaum noch einer den Beruf anziehend zu finden. Zumindest nicht bei denen, die selbst noch vor Kurzem Schüler oder Studenten waren. Meisch muss ja mittlerweile "Quereinsteiger" einstellen, von denen ein großer Teil schon nach einem Monat die weiße Fahne hisst, schon bevor er überhaupt den ersten Lohn bekommen hat. Man kann schon behaupten, dass Sie älter sind und eine völlig falsche Vorstellung vom Schulbetrieb haben. Deshalb mein Vorschlag: Sparen Sie sich Ihre blödsinnigen Kommentare, wenn Sie von Tuten und Blasen keine Ahnung haben.

JJ
29. April 2023 - 9.07

@Jemp, " es gibt drei Gründe Lehrer zu werden: Juli-August-September." Stammt von meinem Lehrer. Da hatte er Weihnachten,Ostern,Pfingsten usw. noch gar nicht erwähnt.

Phil
29. April 2023 - 4.31

Sie sollen mol deen blöden Europadag ofschafen. Ass esou iwwerflësseg wéi e Schwier beim Pupes. Wat déi do zu Bréissel "schaffen" brauch net gefeiert ze gin.

Grober J-P.
28. April 2023 - 21.06

@Jemp / Manche nehmen es sehr genau. Kenne jetzt direkt einen Herrn Professor im "Endstadium" der mir sagte 16 Stunden die Woche vor Ort und noch 16 Stunden zu Hause vorbereiten, ist schon genug. Von den Ferien haben wir nicht gesprochen, also 11. Info nur bedingt gültig. Habe in einem Betrieb gearbeitet wo die 36 Stundenwoche um 1991-1992 eingeführt wurde. Die Inhaber hatten nichts dagegen gehabt, es funktionierte sogar auf Anhieb mit der nötigen Arbeitszeitverteilung.

Jemp
28. April 2023 - 19.29

Falschinformation 11: Die Lehrer sind nicht nur ein Sonderfall, sondern sie arbeiten durchschnittlich 45 Stunden pro Woche, weil die stressigen Unterrichtsstunden vorbereitet werden müssen, die Arbeiten der Schüler verbessert und bewertet werden müssen, nichtssagende Bilans erstellt werden müssen und noch allerlei weiterer bürokratischer Quatsch erledigt werden muss. Und das von der Spielschule bis zum Bachelor.

300tdi
28. April 2023 - 18.21

Wou den „opgeblosenen DK“ Recht huet, huet en Recht! Dat den „Häer“ Reckinger onmanéierlech an despektéierlech as, huet en jo leider schon méi wéi eng Kéier bewisen.

charles.hild
28. April 2023 - 16.51

Bravo Här Kersch. Ech hunn de Bertrand Russel (1872-1970) hei schon öfter zitéiert, an d'UEL passt ganz genau an dat Schéma: "l 'idée que les pauvres puissent avoir des loisirs a toujours choqué les riches (UEL)". Wa ech doheem e Virement bei der Spuerkees um PC selwer ausfëllen, a fortschécken, da muss ech dofir "Frais" bezuelen. Wee krit dat Geld? Sécher keen deen et mat Aarbecht verdéngt hät, well dee Virement mécht abselutt keng Aarbecht! Ee vun der UEL?

Lucilinburhuc
28. April 2023 - 15.00

Toller Beitrag: Fakten anstatt Fake !

Nomi
28. April 2023 - 14.44

Den DK soll sech net so'u obblosen, hien huet och net emmer d'Wo'ueregt gesoot !