USAAlvin Bragg könnte Donald Trump vor Gericht bringen

USA / Alvin Bragg könnte Donald Trump vor Gericht bringen
Der Oberstaatsanwalt von Manhattan Alvin Bragg (M.) kommt mit Personenschutz beim Gebäude der Staatsanwaltschaft an Foto: AFP/Angela Weiss

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Alvin Bragg hat sich in den vergangenen Tagen einiges anhören müssen. Als „Rassisten“ beschimpfte der frühere US-Präsident Donald Trump den leitenden Oberstaatsanwalt von Manhattan – der wohlgemerkt der erste Afroamerikaner in diesem Amt ist.

Das Wahlkampfteam des Rechtspopulisten bezeichnete Bragg als „woken Tyrannen“, der „weich gegenüber Berufsverbrechern“ sei. Die Republikaner im Repräsentantenhaus wiederum warfen dem Juristen von der Demokratischen Partei einen „beispiellosen Missbrauch“ seiner Amtsbefugnisse und „politisch motivierte“ Ermittlungen vor.

Die Attacken kommen für Bragg sicherlich nicht überraschend, denn der „Manhattan District Attorney“ hat sich in ein politisch höchst vermintes Gelände begeben: Als erster Staatsanwalt überhaupt könnte der 49-Jährige eine Anklage gegen Trump erwirken. Es wäre die erste Anklageerhebung gegen einen früheren US-Präsidenten in der Geschichte.

Dass sich Bragg in dieser Rolle wiederfindet, ist nicht ohne Ironie. Nachdem er das Amt des Chefanklägers in Manhattan Anfang Januar 2022 angetreten hatte, hatte er mit der Entscheidung für Wirbel gesorgt, Trump im Zusammenhang mit dem Finanzgebaren seines Geschäftsimperiums nicht strafrechtlich zu verfolgen. Aus Wut über diese Entscheidung traten prompt die zwei für die Ermittlungen zuständigen Staatsanwälte zurück.

Es folgte ein Prozess, in dem die Trump Organization und deren langjähriger Finanzchef Allen Weisselberg wegen Steuerbetrugs verurteilt wurden – zweifellos ein Erfolg für Bragg. Trump selbst entging aber in diesem Verfahren einer Anklage.

Dafür nahm Bragg die unter seinem Vorgänger Cyrus Vance Jr. eingeleiteten, dann aber nicht weiter vorangetriebenen Ermittlungen zu einer Schweigegeldzahlung an die Pornodarstellerin Stormy Daniels wieder auf. Es ist dieser Fall, der auf die Zeit vor der Präsidentschaftswahl 2016 zurückgeht, in dem Trump jetzt angeklagt werden könnte.

Amt hat politische Dimension

Der Ex-Präsident und führende Republikaner haben Bragg mit Attacken überzogen, seitdem sich eine Anklage immer mehr abzeichnet. Trump bezeichnet sich als Opfer einer politisch motivierten „Hexenjagd“ rachsüchtiger Demokraten, die verhindern wollen, dass er 2024 das Weiße Haus zurückerobert.

Bragg hat für sich stets in Anspruch genommen, auf Grundlage juristischer Erwägungen Entscheidungen zu treffen, und nicht aus politischem Kalkül. „In der Sekunde, in der wir denken, wir seien Politiker, sind wir richtig falsch abgebogen“, sagte er wenige Monate nach Amtsantritt der New York Times.

Aber natürlich hat das Amt auch eine politische Dimension. Oberstaatsanwälte wie Bragg werden in den USA gewählt, und der 49-Jährige gehört der Demokratischen Partei an. Staatsanwälte haben auch einen großen Ermessensspielraum, welche Fälle sie zur Anklage bringen und welche nicht. Und ohne jede Frage sind Ermittlungen gegen einen Ex-Staatschef und Präsidentschaftsbewerber politisch höchst brisant.

Die Republikaner verweisen immer wieder darauf, dass nicht nur Braggs Vorgänger Vance die Schweigegeld-Vorwürfe gegen Trump nicht weiterverfolgt hatte, sondern auch die Bundesstaatsanwaltschaft und die US-Wahlkommission. Das an sich bedeutet zwar nicht, dass die Vorwürfe gegen Trump nicht stichhaltig sein können. Doch auch einige Rechtsexperten fragen sich, ob Bragg einen Prozess gegen Trump in dem juristisch komplexen Fall gewinnen würde.

Zielscheibe der Republikaner

Bragg war im Herbst 2021 als erster Schwarzer zum leitenden Oberstaatsanwalt von Manhattan gewählt worden. Der aus dem New Yorker Stadtteil Harlem stammende Absolvent der Elite-Universität Harvard kann auf eine lange Karriere als Staatsanwalt zurückblicken. Er arbeitete unter anderem bei der Bundesstaatsanwaltschaft in New York und bei der Generalstaatsanwaltschaft des Bundesstaates New York.

Im Wahlkampf für den Spitzenposten in Manhattan warb er unter anderem dafür, bei kleineren Straftaten den Schwerpunkt auf Resozialisierung zu setzen und weniger Menschen ins Gefängnis zu schicken. Das machte ihn zur Zielscheibe der Republikaner, die den Demokraten grundsätzlich Schwäche im Kampf gegen Kriminalität vorwerfen.

Nachdem Trump am Wochenende seine Anhänger angesichts seiner angeblich bevorstehenden Festnahme zu Protesten aufgerufen hatte, zeigte Bragg sich unerschrocken. „Wir werden keine Versuche tolerieren, unsere Behörde einzuschüchtern oder die Rechtsstaatlichkeit in New York zu bedrohen“, schrieb der Oberstaatsanwalt Medienberichten zufolge in einer E-Mail an seine Mitarbeiter. „Wie bei allen unseren Ermittlungen werden wir weiterhin das Recht ausgeglichen und fair anwenden.“ (AFP)