Interview vor der QualiDer neue slowakische Nationaltrainer tritt mit einer Baustelle gegen Luxemburg an

Interview vor der Quali / Der neue slowakische Nationaltrainer tritt mit einer Baustelle gegen Luxemburg an
Francesco Calzona war vor seinem Engagement in der Slowakei u.a. Techniktrainer und Co-Trainer unter Maurizio Sarri und Luciano Spalletti beim SSC Neapel Foto: imago

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Seit Juli 2022 hat die Slowakei einen neuen Teamchef. Nachdem Francesco Calzona (54) zuvor noch nie als Cheftrainer tätig war, und da ihn – außer vielleicht in Italien – niemand kannte, war es verständlich,dass die Fans und Medien in der Slowakei ihre Zweifel hatten. Vor dem Auftakt in der EM-Qualifikation gegen Luxemburg (Donnerstag, 20.45 Uhr in Trnava) zeigte sich Calzona im Exklusiv-Interview für das Tageblatt eher vorsichtig und zurückhaltend.

Tageblatt: Sie waren lange Zeit als Assistenz-Trainer tätig. Wie kam es zur Entscheidung, nun als Chef-Trainer arbeiten zu wollen?

Francesco Calzona: Meine Arbeit als Assistenz-Trainer hat mir viel Freude bereitet, weil ich die Gelegenheit hatte, mit großartigen Trainern zu arbeiten und auch weil ich vier Jahre lang bei einer fantastischen Adresse wie Neapel war. In den vergangenen Jahren hatte ich einige Angebote von italienischen Vereinen, als Cheftrainer zu arbeiten; darunter waren sogar auch Klubs aus der Serie A. Aber ich war fasziniert, erstmals ein Abenteuer im Ausland zu erleben und als die Anfrage vom slowakischen Verband kam, habe ich keinen Moment gezögert, das Angebot anzunehmen.

Sie haben zehn Jahre lang bei verschiedenen Vereinen mit Maurizio Sarri zusammengearbeitet. Warum folgten Sie ihm nicht auch, als er 2018 zu Chelsea ging?

Dies ist ein vertrauliches Thema. Es tut mir Leid, aber diese Frage kann ich nicht beantworten.

Stimmt es, dass der langjährige Napolitaner Marek Hamšik Sie dem slowakischen Verband empfohlen hat?

Ja, das stimmt. Der Verband suchte einen neuen Teamchef, mit der Option, dass diesmal auch ein Ausländer infrage kommt. Sie fragten dabei auch Marek Hamšik um seine Meinung und er brachte meinen Namen ins Gespräch.

Da Sie in der Slowakei niemand kannte, war es verständlich, dass die Öffentlichkeit Zweifel hatte, als Sie den Teamchef-Job bekamen. Wie gingen Sie damit um und was ist Ihre Botschaft für die slowakischen Fans?

Ich glaube dass ich in Italien einen guten Namen habe und dass ich von Profis in unserem Geschäft geschätzt werde. Es stimmt, dass ich im Ausland unbekannt bin und ich kann die Zweifel der Slowaken verstehen. Aber ich habe kein Problem damit. Im Gegenteil: Es ist ein zusätzlicher Ansporn, meine Fähigkeiten zu demonstrieren.

Was ist Ihre Fußball-Philosophie?

Ich mag nicht über den Gegner spekulieren und ich hasse es, hinten tief zu stehen und nur zu verteidigen. Dies wird niemals meine Wahl sein. Ich kann es nur dann akzeptieren, wenn es zwangsweise passiert, wenn der Gegner übermächtig ist. Ich liebe es, wenn meine Mannschaft den Ball hat und versucht, das Kommando zu übernehmen.

Wie sieht Ihr Fazit nach vier Länderspielen aus (1:2 gegen Aserbaidschan und 1:1 gegen Belarus in der Nations League, 2:2 gegen Montenegro und 0:0 gegen Chile in Freundschaftsspielen)? Was sind die Stärken Ihrer Mannschaft und was möchten Sie verbessern?

Ich hatte bisher nur zwei Lehrgänge, um die Mannschaft kennenzulernen, aber ich bin glücklich über die Einstellung der Spieler. Ich sehe eine Gruppe, die sich steigern will und die Ambitionen zeigt, einen Aufwärtstrend zu starten. Die Voraussetzungen sind da. Was unsere Leistungen betrifft, sah ich eine klare Steigerung von Spiel zu Spiel. Das gibt mir Hoffnung. In Montenegro hätten wir gewinnen müssen. Der Ausgleich fiel nach einem Elfer, der keiner war, noch dazu nach Ablauf der Nachspielzeit. Auf jeden Fall denke ich, dass wir in diesen vier Spielen gewachsen sind. Aber jetzt warten schwere Gegner auf uns und da werden wir uns noch steigern müssen. Sonst wird es nicht genügen, um unsere Ziele zu erreichen. Über Stärken und Schwächen zu reden, wäre zum jetzigen Zeitpunkt unangemessen, weil unsere Mannschaft noch immer eine Baustelle ist.“

Sie spielen viel vertikal, wollen Fußball spielen, was ihnen oft auch gut gelingt

Calzona über die FLF-Auswahl

Glauben Sie an eine Chance dass sich die Slowakei für die Euro 2024 qualifizieren kann?

Zunächst möchten wir den Prozess fortsetzen, den wir begonnen haben, und wir wollen uns weiterhin steigern. Nur dann werden wir eine Chance haben, uns für die EM zu qualifizieren.

Aus slowakischer Sicht sicherlich schade, dass Marek Hamšik sich vom Nationalteam verabschiedet hat. Haben Sie versucht, ihn zu überreden, dass er zumindest noch bei dieser EM-Qualifikation mitmacht?

Ja, ich habe es versucht. Ich hatte die Hoffnung auf sein Comeback. Letztendlich sollte es aber nicht sein, da seine Entscheidung offensichtlich endgültig war.

Wie stark schätzen Sie Luxemburg ein?

Da wir zur gleichen Zeit gespielt haben, konnte ich mir die Spiele von Luxemburg nicht live anschauen. Aber ich sah auf Video mehrere Spiele. In der Nations League hatten sie mit elf Punkten und Platz zwei einen starken Auftritt. Sie haben einen Coach, der schon 13 Jahre lang im Amt ist. Dies kann sehr wichtig und wertvoll sein. Ihr Spiel ist in beiden Phasen gut organisiert. Sie spielen viel vertikal, wollen Fußball spielen, was ihnen oft auch gut gelingt.

Ist die Slowakei gegen Luxemburg Favorit?

Wenn wir uns weiter steigern können, haben wir eine Chance, dieses Spiel zu gewinnen. Aber Luxemburg wird ganz sicher ein schwieriger Gegner sein.

Werden Sie die stärkste Mannschaft aufbieten könnnen?

Wir haben einige Spieler, die Probleme mit Verletzungen haben. Wenn die Vorbereitungen beginnen, werden wir die Situation besser einschätzen können. Sodass ich auf diese Frage bis zum Tag vor dem Spiel nicht viel mehr sagen kann.“ (Das Gespräch mit Calzona fand vergangene Woche statt. Nach dem letzten Stand der Dinge wird wohl Milan Skriniar wegen eines Rückenproblems für das Match gegen Luxemburg ausfallen, Anm. d. Red.).