IPCC-BerichtIm Kampf gegen die Erderwärmung drängt die Zeit mehr denn je

IPCC-Bericht / Im Kampf gegen die Erderwärmung drängt die Zeit mehr denn je
Die Menschen bringen weiterhin immer mehr Kohlendioxid in die Atmosphäre. 2019 lag die Menge etwa 12 Prozent höher als 2010 und 54 Prozent über dem Wert von 1990.  Foto: AFP

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Der Kampf gegen die Erderwärmung drängt mehr denn je – doch die Menschheit kann noch umsteuern und damit zugleich die Wirtschaft ankurbeln und Gesundheitsschäden verringern. Das ist die Botschaft des neuen Berichts des Weltklimarats IPCC, der am Montag im schweizerischen Interlaken vorgestellt wurde. Das UN-Gremium rechnet demnach damit, dass die im Pariser Klimaabkommen vereinbarte 1,5-Grad-Grenze für die Erderwärmung bereits im Zeitraum 2030 bis 2035 erreicht wird.

„Effektive und gerechte Klimamaßnahmen zu etablieren, wird nicht nur die Verluste und Schäden für Natur und Menschen verringern, es wird auch weiterreichende Vorteile bringen“, erklärte der IPCC-Vorsitzende Hoesung Lee. Der neue Sachstandsbericht seines Gremiums zeige, dass „wenn wir jetzt handeln, wir immer noch eine lebenswerte nachhaltige Zukunft für alle sicherstellen können“.

Um einen Klimawandel mit katastrophalen Folgen abzuwenden, hatte die Weltgemeinschaft 2015 im Pariser Klimaabkommen vereinbart, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad, möglichst aber auf 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen. Durch den Treibhausgas-Ausstoß der Menschheit, insbesondere durch die Nutzung fossiler Energieträger wie Erdöl und Erdgas, hat sich die Erde bereits um rund 1,1 Grad erwärmt. Und die Chancen, die 1,5-Grad-Grenze einzuhalten, stehen angesichts weiterhin zunehmender Treibhausgasemissionen schlecht.

Die Auswertungen der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse ergab nach Angaben der Autoren, dass die Auswirkungen des Klimawandels noch größer sind als im vorherigen Sachstandsbericht aus dem Jahr 2014 angenommen. Dies zeige sich an „häufigeren und intensiveren Extremwetterereignissen“ wie Hitzewellen und Stürmen. Laut IPCC werden die derzeit heißesten Jahre künftig zu den kühlsten innerhalb einer Generation zählen.

In seinem nun vorgelegten Synthesebericht erklärt der Weltklimarat, fast alle Szenarien für den kurzfristigen Treibhausgasstoß der Menschheit sagten voraus, dass die 1,5-Grad-Grenze schon im Zeitraum 2030 bis 2035 erreicht werde. Durch eine „tiefgreifende, schnelle und anhaltende Verringerung der Emissionen“ könne die internationale Gemeinschaft aber „eine sichtbare Verlangsamung der Erderwärmung“ erreichen.

Ein solches umfassendes Umsteuern sei im eigenen Interesse der Menschheit. „Der wirtschaftliche und soziale Nutzen einer Begrenzung des Klimawandels auf zwei Grad übersteigt die Kosten der dafür umzusetzenden Maßnahmen“, heißt es in dem IPCC-Bericht. So schaffe die Umstellung auf klimafreundliche Energien und Verkehrsmittel nicht nur Arbeitsplätze, sondern verringere auch die Luftverschmutzung und dadurch verursachte Leiden. Und der wirtschaftliche Nutzen hieraus sei mindestens in etwa so groß wie die Kosten der Maßnahmen zur Emissionsminderung.

„An Brisanz zugenommen“

„Der Abschlussbericht zeigt, dass die Dringlichkeit deutlich angestiegen ist und jede Zehntelgrad-Erhöhung der Erderwärmung zu einer raschen Eskalation der Gefahren führt“, heißt es in einer ersten Stellungnahme von „déi gréng“. Intensivere Hitzewellen, stärkere Regenfälle und andere Wetterextremen würden die Risiken für die menschliche Gesundheit und die Ökosysteme weiter erhöhen. Die klimabedingten Unsicherheiten bei der Nahrungsmittelproduktion und der Trinkwasserversorgung nähmen mit zunehmender Erderwärmung exponentiell zu.

„Die Kosten des Nichtstuns beim Klimaschutz sind um ein Vielfaches höher als die Kosten ambitionierter Klimaschutzmaßnahmen“, schreiben die Parteivorsitzenden Djuna Bernard und Meris Šehović. Gleichzeitig zeige die Wissenschaft, dass Klimaschutzmaßnahmen auch positive Effekte für die menschliche Gesundheit, die Biodiversität und die Wirtschaft haben. Die Lösungen seien eindeutig und liegen seit Jahrzehnten auf dem Tisch. „Doch das Tempo und der Umfang sind schlicht unzureichend. Die Zeit der Ausreden und der Nebelkerzen muss endgültig vorbei sein!“, fordert die Partei.

„Der aktuelle IPCC-Bericht zeigt eindeutig, dass der Klimawandel mit all seinen negativen Konsequenzen für Mensch und Natur an Brisanz zugenommen hat. Die Klimaschutzmaßnahmen, die wir in diesem Jahrzehnt treffen, werden darüber entscheiden, ob wir eine sicherere Erde für die nächsten Tausenden von Jahren gewährleisten können“, erklärte Raymond Aendekerk, Direktor von Greenpeace Luxemburg. „Wir haben alle Lösungen, um die Emissionen in diesem Jahrzehnt zu halbieren. Auch Luxemburg muss seine Bemühungen verstärken, damit unsere Wirtschaft, die Finanzindustrie, unsere Ernährung und der allgemeine Konsum sich klimagerecht entwickeln.“

Das 1,5-Grad-Ziel gelte indessen nicht nur für Haushalte und Wirtschaft, sondern auch für die Finanzindustrie. „Greenpeace geht davon aus, dass der Luxemburger Finanzplatz milliardenschwere Investitionen in Unternehmen tätigt, die verantwortlich für die Zerstörung des Klimas und der Artenvielfalt sind“, sagt Martina Holbach von Greenpeace Luxemburg. „Luxemburg muss als weltweit führender Finanzplatz seine Verantwortung für den weltweiten Klimaschutz übernehmen. Dies gilt nicht nur für die Luxemburger Banken und Investmentfonds, sondern auch für den Pensionsfonds FDC, dessen Investitionen in weltweite Unternehmen zu einer globalen Temperaturerhöhung von 2,7 Grad Celsius beitragen. Der FDC muss mit gutem Beispiel vorangehen und endlich seine Investitionen in Einklang mit den Zielen des Pariser Klimaschutzabkommens bringen.“ (AFP/dpa)


Temperaturen

Die Temperaturen auf der Erde liegen im Zeitraum 2011 bis 2020 um rund 1,1 Grad Celsius höher als im vorindustriellen Zeitraum (1850-1900). Auf den Landflächen sind es sogar rund 1,6 Grad, über den Ozeanen 0,9. Sollte der Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase nicht umgehend und tiefgreifend vermindert werden, könnten die eigentlich für das Ende des Jahrhunderts anvisierten 1,5 Grad bereits in den 2030er Jahren überschritten werden. Modelle ließen sogar erwarten, dass am Ende des 21. Jahrhunderts die Erwärmung bei 2,8 Grad liegen könnte, sollten die Staaten ihre versprochenen Anstrengungen gegen den Klimawandel nach 2030 nicht intensivieren.

Ozeane

Der globale Meeresspiegel lag 2018 im Mittel um 20 Zentimeter höher als 1901. In den vergangenen Jahren hat sich der Anstieg sogar beschleunigt: Bis 1971 waren es im Schnitt pro Jahr 1,3 Millimeter, von 2006 bis 2018 hingegen jährlich schon 3,7 Millimeter. Der Weltklimarat hält es für nicht ganz unwahrscheinlich, dass der Meeresspiegel je nach Entwicklung der CO2-Emissionen bis zum Jahr 2100 um bis zu einem halben oder im Extremfall sogar um einen Meter steigen könnte im Vergleich zum Zeitraum 1995 bis 2014.

Emissionen

Die Menschen bringen weiterhin immer mehr Kohlendioxid in die Atmosphäre. 2019 lag die Menge etwa 12 Prozent höher als 2010 und 54 Prozent über dem Wert von 1990. Von der Gesamtmenge an Emissionen zwischen 1850 und 2019 wurden 42 Prozent von 1990 bis 2019 ausgestoßen. Sollte der jährliche CO2-Ausstoß bis 2030 im Schnitt auf demselben Niveau wie 2019 bleiben, dann wäre das Budget, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, fast aufgebraucht.

Betroffene

Weltweit leben bis zu 3,6 Milliarden Menschen in Gegenden, die durch den Klimawandel stark gefährdet sind – besonders in Afrika, Asien, Mittel- und Südamerika, auf kleinen Inseln und in der Arktis. An Überschwemmungen, Dürren, Ernährungskrisen und Wasserknappheit leiden insbesondere Menschen in den am wenigsten wirtschaftlich entwickelten Ländern, indigene Völker, kleine Lebensmittelproduzenten und Haushalte mit niedrigen Einkommen.

Auswirkungen

Die Zunahme extremer Hitzeereignisse führt zu höherer Sterblichkeit und zu mehr Erkrankungen. Von 2010 bis 2020 war die Sterblichkeit durch Überschwemmungen, Dürren und Stürme in stark gefährdeten Regionen 15-mal höher als in Gegenden mit sehr geringer Gefährdung. Neben Krankheiten, die aus Nahrungs- und Wassermangel entstehen, gibt es psychische Probleme und Traumata wegen steigender Temperaturen, Extremereignissen oder des Verlustes von Lebensgrundlagen und Kultur. Das führt auch dazu, dass Menschen ihre Heimat verlassen müssen. Der Weltklimarat geht davon aus, dass Risiken, Verluste und Schäden mit jedem Erwärmungsschritt steigen, immer komplexer werden und schwieriger zu bewältigen sind.

Maßnahmen

Vorhaben zur Eindämmung des Klimawandels werden zunehmend günstiger. Von 2010 bis 2019 sind dem Weltklimarat zufolge die Kosten pro Einheit bei der Solarenergie um 85 Prozent, bei der Windenergie um 55 Prozent und bei Lithium-Ionen-Batterien um 85 Prozent gesunken. In diesem Zeitraum habe der Einsatz von Solarenergie um das Zehnfache und die Zahl der E-Fahrzeuge um mehr als das 100-Fache zugenommen. Ziel müsse sein, schnellstmöglich CO2-neutral zu werden. In diesem Jahrzehnt müssten Entscheidungen und Maßnahmen getroffen werden, die Auswirkungen auf Tausende von Jahren hätten, so der Weltklimarat.

Ben
22. März 2023 - 10.46

Nur gut dass die Waffenproduktionen und das damit verbundene Töten so sehr umweltfreundlich sind. Da braucht man sich wenigstens keine Gedanken zum Ukraine Konflikt und zum Milliarden teuren E.U. Sponsoring zu machen.

carlocoin
21. März 2023 - 23.13

Haalt op matt déier Panikmache. Weist dat dir richteg Journalisten sidd, an keng Journaillisten. Soot den Leit, dat den Militärsektor an kengem Klimagipfelrapport ass.

TOURIST
21. März 2023 - 18.24

Von der Luftfahrt kann man nicht erwarten, dass sie jährlich weniger Co2 ausstösst, da sie über allem schwebt, träumt ständig zu wachsen... In dieser Hinsicht Null Anstrengungen zur Co2 Reduzierung absolvieren muss. Desshalb erwarten wir global und hier zu Lande jährlich neue Rekorde im Luftfahrt Co2 Ausstoss.

Nomi
21. März 2023 - 11.37

An emmer rem gett den Bierger ausgequetscht ! Keng Heizung, keen Auto, Haus renovei'eren, nei Heizung, Verbued hei an Verbuet do, etc etc Mee wei'vill CO2 gett dann vun der Waffenindustrie bei der Hierstellung vun Panzer an Granaten produzei'ert ? Mee wei'vill Loftverschmotzung gett durch Krich produzei'ert ? Mee wei'vill CO2 gett dann fir dem Rem-Obbau vun den Haiser produzei'ert ? Den Mensch ass einfach onfaeheg di richteg Entscheedungen ze huelen !

Münchhausen
21. März 2023 - 8.23

Solange die "Großen" nicht mitmachen werden keine Änderungen zu erwarten sein. Nur ein trauriges Beispiel am Rande:Wenn wir mit dem E-Auto zum Burgbrennen fahren,dann haben wir nur unser Gewissen beruhigt,nicht das Klima. In einigen Jahren wird unsere geliebte blaue Kugel eisfrei sein.Da gibt es kein zurück mehr. Derweil lesen wir von korrupten Banken und bescheuerten Diktatoren.Das lenkt ab.