Finanzplatz2022 war kein gutes Jahr für die Luxemburger Investmentfonds

Finanzplatz / 2022 war kein gutes Jahr für die Luxemburger Investmentfonds
Letztes Jahr ist das von Luxemburger Fonds verwaltete Geldvermögen täglich um 2,3 Milliarden Euro geschrumpft Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Für die erfolgsverwöhnte Branche der Luxemburger Investmentfonds hat sich das Jahr 2022 anders entwickelt als ursprünglich erwartet. Das Volumen der Gelder, die hierzulande verwaltet werden, ist um mehr als 800 Milliarden Euro eingebrochen.

Der weltweite Vertrieb von Investmentfonds ist seit vielen Jahren eine Erfolgsgeschichte für den Luxemburger Finanzplatz. Innerhalb der letzten zehn Jahre wurde das von dem Sektor verwaltete Geldvolumen mehr als verdoppelt. 2009 lag die Summe der investierten Gelder noch weit unter 2.000 Milliarden Euro (1.526,6 Milliarden). Die 3.000-Milliarden-Marke wurde 2014 überschritten – die 4.000-Milliarden-Marke nur drei Jahre später. Anfang 2021 wurde die 5.000-Milliarden-Marke durchbrochen.

Auch im Dezember 2021 lief es noch rund. Um mehr als 100 zusätzliche Milliarden stieg das von den Luxemburger Fonds verwaltete Kapital auf die fast unvorstellbar hohe Rekordsumme von 5.859 Milliarden Euro. Die Marke von 6.000 Milliarden Euro geriet in Reichweite. Doch dazu sollte es nicht mehr kommen. Im Gegenteil.

Mit dem Aufmarsch an der Grenze und dem späteren Einmarsch der russischen Truppen in der Ukraine brach die Zuversicht in die weitere wirtschaftliche Entwicklung ein. An den Börsen taumelten die Kurse nach unten. Die von den Fonds gekauften Wertpapiere verloren an Wert.

Ende Dezember 2022 verwalten die Fonds am Finanzplatz Luxemburg „nur“ noch 5.028,5 Milliarden Euro, wie die Finanzaufsicht CSSF diese Woche mitgeteilt hat. Ein Minus von 831 Milliarden Euro (oder 14,8 Prozent), verglichen mit den Zahlen vom Vorjahr. Pro Tag ist das von Luxemburger Fonds verwaltete Geldvermögen somit um 2,3 Milliarden Euro geschrumpft.

Die jährliche Entwicklung des Geldvolumens und der Anzahl der Luxemburger Investmentfonds zwischen 1992 und 2022
Die jährliche Entwicklung des Geldvolumens und der Anzahl der Luxemburger Investmentfonds zwischen 1992 und 2022 Screenshot: CSSF

Ein Rückgang von 831 Milliarden Euro ist eine negative Rekordzahl für den Sektor. In den zehn Jahren zuvor war das Geldvolumen in den Luxemburger Fonds im Schnitt um 376,3 Milliarden Euro pro Jahr gewachsen.
Im Jahr 2021 war es ein Plus von 885,7 Milliarden. Selbst im Corona-Jahr 2020 war ein Zuwachs von 254,9 Milliarden verbucht worden. Das letzte Mal, dass ein ähnlich starkes Minus verbucht wurde, war im Jahr der Finanzkrise von 2008. Damals ging das verwaltete Geldvolumen in einem Jahr um fast 500 Milliarden Euro zurück. Bis sich der Finanzplatz vom Rückgang des Geldvolumens erholt hatte, dauerte es bis August 2010.

Investoren ziehen Gelder ab

Erschwerend für den Finanzplatz kommt hinzu, dass 2022 nicht nur Kursrückgänge an den internationalen Märkten hinter dem Rückgang der Geldsumme stehen: So konnte sich die Branche in der Vergangenheit während Kursrückgängen oftmals damit trösten, dass doch gleichzeitig Kunden mehr neues Geld in den Luxemburger Fonds anlegten, als sie Geld aus ihnen herausnahmen. Diesmal jedoch nicht.

Von dem Rückgang von 831 Milliarden Euro sind nämlich „nur“ rund 663 auf den schrumpfenden Wert der angelegten Gelder zurückzuführen. Grund für den Rest des Rückgangs ist, dass Investoren in den letzten zwölf Monaten gleichzeitig auch netto 168 Milliarden Euro aus Luxemburger Fonds abgezogen haben, wie aus Zahlen der Zentralbank (BCL) ersichtlich.

Der Rückgang der Vermögenswerte belastet die Aktivitäten und die Wertschöpfung von Dienstleistern und Depotbanken sowie Luxemburgs Exporte von Finanzdienstleistungen, von denen die überwiegende Mehrheit Transaktionen mit Investmentfonds sind, wie das statistische Institut Statec im „Conjoncture flash“ vom Monat Mai geschrieben hat. Vereinfacht gesagt: Auf „kleineren“ Summen gibt es kleinere Kommissionen zu erwirtschaften.

Auch die Zahl der Fonds schrumpft

Wichtig für den Standort ist zudem nicht nur das verwaltete Geldvolumen. Für die Beschäftigung am Finanzplatz ist die Zahl der Fonds das wichtigere Kriterium. Im Schnitt heißt es, dass jeder Fonds rund drei Jobs im Land schafft. Die schlechte Neuigkeit: In den letzten Jahren ist die Zahl der Fonds geschrumpft. Während es, laut Zahlen der Zentralbank, Ende Dezember 2016 insgesamt 4.144 Fonds in Luxemburg gab, ist ihre Zahl im März 2018 unter die Marke von 4.000 gefallen. 2020 fiel ihre Zahl auf unter 3.700. Im Dezember 2022 waren es nur noch 3.377 Fonds – 115 weniger als zu Jahresbeginn.

Viele Experten sind der Überzeugung, dass es in Europa insgesamt zu viele Investmentfonds gebe. Das sei eine Frage der Kosten. Je höher die Summe, die es zu verwalten gibt, desto kleiner sind proportional die Kosten.

Der Weltmarkt der Investmentfonds (nach verwaltetem Geldvermögen)
Der Weltmarkt der Investmentfonds (nach verwaltetem Geldvermögen) Screenshot: Efama

Dennoch kann sich der Sektor sehen lassen: Das Großherzogtum ist nach wie vor der zweitwichtigste Fondsstandort weltweit – nach den USA. Was Fonds angeht, die grenzüberschreitend verkauft werden, ist Luxemburg die Nummer eins. Auch längerfristig betrachtet sind die Zahlen auch gar nicht so schlecht: Das verwaltete Geldvolumen liegt, trotz der Rückgänge 2022, immer noch 55 Milliarden über dem Volumen von Dezember 2020.

Insgesamt 8,1 Prozent aller Gelder, die weltweit in Fonds angelegt werden, waren Ende September 2022 in Luxemburger Fonds investiert, wie Zahlen von Efama zeigen. Das ist deutlich mehr als in andere Länder: Irland hat 5,9 Prozent Weltmarktanteil, Deutschland 3,9 Prozent, Frankreich 3,2 Prozent. Doch der Wettbewerb ist hart: Vor drei Jahren hielt Luxemburg noch einen weltweiten Marktanteil von 9 Prozent. Vor acht Jahren waren es 9,4 Prozent.

Der Sektor der Investmentfonds ist ein gewichtiger Bestandteil der Luxemburger Wirtschaft. Die Branche beschäftigt einige Tausend Mitarbeiter hierzulande. Ein kleiner Teil der riesigen Summe bleibt bei den Firmen, etwa als Bearbeitungsgebühren. Auch für die Steuereinnahmen ist der Bereich von Bedeutung: Neben den Abgaben auf Gehältern und Gewinnen zahlt die Branche zusätzlich eine Steuer auf dem verwalteten Geldvolumen. Im Jahr 2021 hatte alleine diese „Taxe d’abonnement“ rekordträchtige 1,25 Milliarden Euro in die Staatskasse gespült. Im Jahr davor waren es 1,05 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Die jährlichen Einnahmen und Ausgaben des Luxemburger Staates liegen bei etwas über 20 Milliarden Euro.