RadsportBob Jungels im Interview: „Ich würde gerne ein weiteres Monument gewinnen“

Radsport / Bob Jungels im Interview: „Ich würde gerne ein weiteres Monument gewinnen“
Luxemburgs Landesmeister im Zeitfahren will sich im Frühjahr auf die Flandern-Klassiker fokussieren Foto: Anne Christine Poujoulat/AFP

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Bob Jungels wird ab der kommenden Saison das Trikot von Bora-hansgrohe überstreifen. Der 30-Jährige befindet sich aktuell mit der Mannschaft im Trainingslager auf Mallorca. Im Gespräch mit dem Tageblatt blickt der Landesmeister im Zeitfahren auf das vergangene Jahr zurück und gibt gleichzeitig einen Ausblick auf die kommende Saison. 

Tageblatt: Bob Jungels, Anfang Dezember wurden Sie zusammen mit Dylan Pereira als Luxemburgs Sportler des Jahres ausgezeichnet. Ein gelungener Jahresabschluss, oder?

Bob Jungels: Ja, es ist immer eine besondere Auszeichnung. Vor allem nach den letzten Jahren war es eine schöne Entschädigung für mich. Es war ein toller Weg, das Jahr zu beenden, aber gleichzeitig auch das neue Jahr anzugehen. 

Sie hatten vor 2022 schwierige Jahre. Was hat das mit Ihnen gemacht?

Ich habe eine andere Sicht auf Dinge bekommen. Die kleinen Probleme im Leben werden viel unwichtiger. Ich hatte eine konstante Karriere und war seit jungen Jahren immer erfolgreich. Die zwei schlechteren Jahre haben viel mit mir gemacht – eher mental als physisch. Wenn du aber aus einer solch schwierigen Situation herauskommst, wirst du stärker. Ich habe aus diesen schwierigen Momenten sehr viel gelernt. 

Wie fassen Sie Ihr vergangenes Jahr zusammen?

Ich bin 2022 mit großen Ambitionen gestartet. Ich war nach meinen Operationen 2021 sehr motiviert. Leider hat mir während der Klassiker das Selbstvertrauen und die Kraft auf dem Rad gefehlt. Das habe ich dann alles bei der Tour de Suisse zurückgefunden. Dort war ich wirklich wieder unter den Besten und dort habe ich auch mein Level zurückgefunden. Das hat für die Tour de France sehr geholfen. Der Etappensieg war dann ein sehr schöner Moment. Von da an habe ich mich wieder wie ein starker Radfahrer gefühlt. Alles in allem war das Jahr sehr erfolgreich. Ich habe hart gearbeitet und gleichzeitig eine gute Basis für das kommende Jahr gelegt. 

Die zwei schlechteren Jahre haben viel mit mir gemacht – eher mental als physisch

Bob Jungels

Gab es die Option, bei Ag2r-Citroën, wo Sie zwei Jahre waren, zu bleiben?

Die Option gab es. Ich hatte zwei gute Saisons mit Ag2r-Citroën, auch wenn wegen der Verletzung nicht alles einfach war. Ich hatte gute Gespräche mit Bora-hansgrohe und konnte mich mit den Visionen des Teams identifizieren. Dabei hatte ich das Gefühl, dass Bora besser zu mir passt. Ich kenne außerdem die Räder von Quick-Step. Alles in allem war es für mich eine klare Entscheidung. Das heißt aber nicht, dass ich bei Ag2r-Citroën unglücklich war. 

Hatten Sie vor Ihrem Wechsel zu Bora-hansgrohe Gespräche mit Jempy Drucker, der zwei Jahre für den Rennstall fuhr?

Ich habe ein Alter erreicht, in dem man über Entscheidungen mehr nachdenkt, als wenn man 22 ist. Ich hatte Gespräche mit Jempy, er hat viel Positives erzählt und ich konnte mir ein Bild machen, wie das Team funktioniert. Das hat mir bei der Entscheidung geholfen. Am Ende war es aber die Vision des Teams, die mich überzeugt hat. 

Wie sieht Ihr Rennprogramm für die kommende Saison aus?

Der Plan ist noch nicht fix. Es gibt eine grobe Idee, aber es ist noch nichts festgenagelt. Im Januar werde ich ins Trainingslager nach Gran Canaria reisen, um dann in Valencia (22.1.) mein erstes Rennen zu bestreiten. Im Februar geht es ins Höhentrainingslager. Danach steht Paris-Nice an sowie die Flandern-Klassiker. Diese Rennen gehören zu meinen ersten großen Zielen in der Saison. Speziell bei der Ronde van Vlaanderen will ich eine gute Leistung zeigen. 

Welche Rolle nehmen Sie im Team ein?

Es ist erst mal wichtig, mit dem Team gut zu starten, damit man sich Vertrauen bei den Fahrern, dem Team und sich selbst gewinnt. Wenn du bei Paris-Nice stark bist und zu den Besten gehörst, wird es leicht, Leader zu werden. Ich glaube, dass ich zu Beginn eine beschützte Rolle einnehme werde, und dann sehen wir, wie es weitergeht. Wir haben ein starkes Team für die Klassiker und ich hoffe, mit ihnen kompetitiv zu sein. 

Inwiefern haben Ihre Jahre bei Quick-Step geholfen, die Flandern-Klassiker besser zu verstehen?

Die Flandern-Klasisker gehören zur DNA von Quick-Step. Ich habe sicherlich dort viel über die Rennen gelernt – über die Taktik, über die Strecken. Am Ende sind es jedoch immer die Fahrer, die das Rennen bestimmen. Jedes Jahr kann das anders sein. Auch für Gesamtklassement-Fahrer werden diese Rennen immer attraktiver. Die Dinge ändern sich jährlich. Es hilft aber sicherlich, die Strecken zu kennen und mögliche Rennszenarien. Ich hoffe, meine Erfahrungen teilen zu können. Wir haben aber bei Bora auch einige Fahrer dabei, die erfahren sind. 2019 habe ich gesehen, dass diese Rennen mir sehr liegen können und ich dort gut performen kann. Sie sind anders als die Ardennen-Klassiker. Andererseits habe ich auch Liège-Bastogne-Liège gewonnen. Ich würde gerne ein weiteres Monument gewinnen – die Ronde passt dabei eher zu mir als Paris-Roubaix oder Mailand-Sanremo. 

Gibt es schon eine Idee, wie Ihr Rennprogramm nach den Klassikern aussehen könnte?

Ich bin offen für alles. Ich hatte sehr schöne Moment im Giro d’Italia, die ich gerne wiederholen würde. Auf der anderen Seite ist die Tour eben die Tour. Wir müssen das alles noch besprechen. Nach den Klassikern habe ich noch kein Programm.