EditorialLila und grün: Zum Aufstieg der Piraten in Luxemburg

Editorial / Lila und grün: Zum Aufstieg der Piraten in Luxemburg
 Editpress / Alain Rischard

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Glaubt man den neuesten Umfragen, legen die Piraten bei den nächsten Wahlen zu. Zum Aufstieg skrupelloser Königsmacher.

Die Piraten sind ein Fehler in der Polit-Matrix. Was im Ausland gescheitert ist, funktioniert in Luxemburg – entgegen allen Erwartungen hat die Piratenpartei 2018 zwei Chamber-Sitze ergattert. Über ihr Erfolgsrezept wird bis heute philosophiert: Gaming, Cannabis, Netzfreiheit, jugendliche Unbekümmertheit, aber auch eine saftige Portion an Populismus haben den Piraten-Aufstieg ermöglicht.

Sollte sich der aktuelle Trend stabilisieren, könnte Clements Truppe für eine erneute Überraschung sorgen. Bereits 2018 kritisierte der damalige LSAP-Abgeordnete Alex Bodry, es gebe „kein blau-rot-grünes Projekt mehr“. Eine Pandemie und ein entfesselter Ukraine-Krieg später sieht die Lage ähnlich aus. Die Herausforderungen sind so komplex, dass für parteipolitisches Klein-Klein kaum Spielraum bleibt. Piraten und die CSV können nur von der Macht träumen, wenn koalitionsinterne Risse entstehen, die DP unter Druck gerät und andere Parteien plötzlich interessant werden.

Erhält „Gambia“ wieder eine Mehrheit, bleibt die Frage, wer den Premier stellt. Während Regierungschef Xavier Bettel keine Zweifel an seinen Ambitionen lässt, geht Paulette Lenert vorsichtiger vor. Unklar ist, ob sie allein oder gemeinsam mit Jean Asselborn bzw. Franz Fayot ins Rennen zieht. Und fast interessanter: Hätten die Sozialisten im Extremfall den gleichen Machtinstinkt wie einst Etienne Schneider, der gemeinsam mit Félix Braz und Xavier Bettel Jean-Claude Juncker vom Thron stieß?

Die gleiche Frage ließe sich auch an die DP richten. Dass den politischen Bulldozer Bettel etwas zu einer Koalition mit der CSV und den Piraten verleitet, ist eher unwahrscheinlich: Sven Clement hat den Premier mehrmals unter Druck gesetzt. Was inhaltlich erfolgreich war, kommt machtpolitischem Harakiri gleich. Bettel bleibt zudem ein Praktiker: Was spricht gegen die Dreierkoalition, wenn es 2018 mit 31 Sitzen geklappt hat und jetzt 33 Sitze prognostiziert werden?

Umso ironischer wäre es, wenn sich die Umfrageergebnisse der Grünen bewahrheiten sollten. Standen die Grünen einst für politischen Punkrock, sind jetzt Computernerds in Lila die Politanarchos. Was in Friedenszeiten seinen Charme hat, kann in Kriegsjahren fatal sein: Sollten in Europa die Lichter ausgehen, ist ein grüner Energieminister nicht die schlechteste Wahl. Denn das Letzte, was die Ukraine jetzt gebrauchen könnte, wären politische Trittbrettfahrer – oder wie es die grüne Außenministerin Annalena Baerbock formuliert hat: „Wenn ich den Menschen in der Ukraine das Versprechen gegeben habe, ‚Wir stehen an eurer Seite – so lange, wie ihr uns braucht‘, dann will ich das auch einhalten – egal, was meine deutschen Wähler denken.“

Phil
11. Dezember 2022 - 12.34

Sven Clement ist nichts weiter als ein politischer Opportunist und Wadenbeisser. Er fördert seine Popularität - einmal nicht durch massive RTL Präsenz - sondern als quirliger Questions Parlementaires Sammler. Baerbock's Spruch "... egal was meine deutschen Wähler denken" braucht man nicht zu kommentieren, die Zeit dafür ist zu schade!

H.Horst
8. Dezember 2022 - 23.21

Was ist an grünen Energieministern nicht real. Unreal waren die nicht-grünen Energieminister der vergangenen 25 Jahre die sich weigerten der Energiewende die notwendige Priorität einzuräumen und die verantwortlich sind für die Abhängigkeit von Russland und die Rückstände beim Klimaschutz.

Jill
8. Dezember 2022 - 15.05

Der Zusammenhang wieso ein „grüner“ Energieminister nicht die schlechteste Wahl sei, wenn in Europa die Lichter ausgehen - erschliesst sich mir nicht. Wäre nicht gerade dann ein „Real“-Energieminister die bessere Wahl? Die Farbe grün steht ja nicht automatisch für eine gute Energiepolitik - welche die Bürger und Unternehmen auch mittragen. Diese Aussage von Frau Baerbock war Verrat an ihren Wählern, aber die grünen Wähler verzeihen und vergessen.

lupus-canis
8. Dezember 2022 - 13.59

et ass net emmer einfach eng Partei ze louwen oder se ze kritiséieren, et fällt jo schon engem Blannen op, dat an de Newcomer's-Parteien, nemmen EEN vun en All gekuckt , gelauschtert an eventuel dann och gewielt get, do wou eng ganz Partei =Läit nach do derbäi sin, an déi een mol net kennt, Déi awer dann och mat geielt gin wann een eng Partei schwärzt oder et wiel een einfach déi Käpp déi engem Eppes soen oder "verspriechen" an dann hu mer erem dee selwechte Schlammassel wéi elo et gouf keng Partei gewielt, Gambia ass just aus Combinatioun entstaanen, an dat riskéiert esou weider ze goen..nach eng Kéier Gambia ..

JJ
8. Dezember 2022 - 9.55

Es ist vielleicht auch die luxemburgische Tradition bei Unwohlsein der Regierung die Schuld zu geben.Also werden Parteien wie ADR,Piraten usw. gewählt.Sogar die Dinosaurierpartei CSV wurde Opfer ihres Erfolges weil die braven Altwähler so langsam davon sterben und "Christ sein" ist ja auch nicht mehr was es einmal war. So kommen die frechen Piraten oder die populistischen ADR-Nasen zum Zug. Aber Nörgeln allein genügt nicht.Man muss auch Alternativen bringen.Was hätten ADR oder Piraten denn besser gemacht in der Pandemie. Natürlich kommen die Müslis jetzt schlecht weg wo wir doch die Welt im Alleingang retten wollen und der Luxemburger darf nicht mehr Heizen und soll mit dem Rad zur Arbeit. Da können ein Clement oder Kartheiser sich zurücklehnen und abwarten.