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Der epische Zusammenbruch des 32-Milliarden-Dollar-Kryptoimperiums FTX von Wunderkind Sam Bankman-Fried wird wohl als eines der größten Finanzdebakel aller Zeiten in die Geschichte eingehen. Bei einer Story voller Prominenter, Politiker, Sex und Drogen reiben sich jetzt schon Produzenten von Spiel- und Dokumentarfilmen freudig die Hände. Dennoch, um Mark Twain zu paraphrasieren, sind Gerüchte über den Tod der Kryptowährung selbst stark übertrieben.

Zum Autor

Kenneth Rogoff ist ein ehemaliger Chefvolkswirt des Internationalen Währungsfonds. Er lehrt Wirtschaft und „Public Policy“ an der Harvard-Universität.

Es stimmt, dass der Vertrauensverlust in „Börsen“ wie FTX – im Wesentlichen sind dies Krypto-Finanzintermediäre – mit ziemlicher Sicherheit einen anhaltend starken Preisverfall für die zugrunde liegenden Vermögenswerte bedeutet. Die überwiegende Mehrheit der Bitcoin-Transaktionen wird „off-chain“ über Börsen abgewickelt, nicht über die Bitcoin-Blockchain selbst. Diese Finanzintermediäre sind weitaus bequemer, erfordern viel weniger Raffinesse bei der Nutzung und verschwenden nicht annähernd so viel Energie.

Das Aufkommen von Börsen war ein wichtiger Faktor für das Preiswachstum von Kryptowährungen, und wenn die Regulierungsbehörden hart gegen sie vorgehen, wird der Preis der zugrunde liegenden Token fallen. Dementsprechend sind die Preise von Bitcoin und Ethereum gesunken.

Eine Preisanpassung allein bedeutet jedoch noch keinen Weltuntergang. Die entscheidende Frage ist, ob die Krypto-Lobbyisten in der Lage sein werden, den Schaden zu begrenzen. Bislang hat ihr Geld Bände gesprochen; Bankman-Fried hat Berichten zufolge 40 Millionen Dollar zur Unterstützung der Demokraten in den Vereinigten Staaten gespendet, und sein FTX-Kollege Ryan Salame soll 23 Millionen Dollar an die Republikaner gespendet haben. Diese Großzügigkeit hat sicherlich dazu beigetragen, Regulierungsbehörden auf der ganzen Welt davon zu überzeugen, bei der Regulierung von Kryptowährungen lieber abzuwarten, als den Eindruck zu erwecken, dass sie die Innovation abwürgen. Nun, sie haben gewartet, und mit dem FTX-Crash müssen wir hoffen, dass sie es verstanden haben.

Doch was werden sie daraus schließen? Der wahrscheinlichste Weg ist eine bessere Regulierung der zentralen Börsen – der Unternehmen, die Einzelpersonen dabei helfen, Kryptowährungen „off-chain“ zu speichern und zu handeln. Die Tatsache, dass ein milliardenschwerer Finanzintermediär nicht den normalen Aufzeichnungspflichten unterliegt, ist verblüffend, egal was man über die Zukunft der Kryptowährung denkt.

Die wahre Lehre

Natürlich kämen auf die Unternehmen Kosten für die Einhaltung der Vorschriften zu, aber eine wirksame Regulierung könnte das Vertrauen wiederherstellen und den Unternehmen zugutekommen, die sich um eine ehrliche Geschäftstätigkeit bemühen, was sicherlich die Mehrheit ist, zumindest wenn man diese Börsen nach ihrer Größe gewichtet. Ein größeres Vertrauen in die verbleibenden Börsen könnte sogar zu höheren Kryptopreisen führen, auch wenn vieles davon abhängt, inwieweit regulatorische Anforderungen, insbesondere in Bezug auf individuelle Identitäten, letztlich die Nachfrage untergraben. Schließlich dürften die wichtigsten Transaktionen, die derzeit mit Kryptowährungen abgewickelt werden, Überweisungen aus reichen Ländern in Entwicklungs- und Schwellenländer sowie die Kapitalflucht in die andere Richtung sein. In beiden Fällen impliziert der Wunsch der Parteien, Devisenkontrollen und Steuern zu vermeiden, dass Anonymität hoch geschätzt wird.

Auf der anderen Seite hat Vitalik Buterin, der Mitbegründer der Ethereum-Blockchain und einer der einflussreichsten Denker der Kryptoindustrie, argumentiert, dass die wahre Lehre aus dem Zusammenbruch von FTX darin besteht, dass die Kryptowährung zu ihren dezentralen Wurzeln zurückkehren muss. Zentralisierte Börsen wie FTX machen das Halten und den Handel mit Kryptowährungen viel bequemer, auch auf die Gefahr hin, dass der Korruption im Management – genau wie in jedem konventionellen Finanzunternehmen – Tür und Tor geöffnet werden. Dezentralisierung kann eine größere Anfälligkeit für Angriffe bedeuten, aber bisher haben sich die größten Kryptowährungen, wie Bitcoin und Ethereum, als widerstandsfähig erwiesen.

Das Problem mit nur dezentralen Börsen ist ihre Ineffizienz im Vergleich zu Visa und Mastercard oder normalen Banktransaktionen in fortgeschrittenen Volkswirtschaften. Zentralisierte Börsen wie FTX haben die Krypto-Domäne demokratisiert und es normalen Menschen ohne technische Kenntnisse ermöglicht, zu investieren und Transaktionen durchzuführen. Es ist sicherlich möglich, dass irgendwann Wege gefunden werden, die Geschwindigkeits- und Kostenvorteile zentralisierter Börsen zu duplizieren. Dies scheint jedoch in absehbarer Zukunft unwahrscheinlich, sodass schwer zu erkennen ist, warum irgendjemand, der nicht in Steuer- und Regulierungshinterziehung (ganz zu schweigen von Kriminalität) verwickelt ist, Kryptowährungen nutzen sollte, ein Punkt, den ich schon seit langem betone.

Vielleicht sollten die Regulierungsbehörden auf ein dezentrales Gleichgewicht drängen, indem sie verlangen, dass die Börsen die Identität aller Personen, mit denen sie Transaktionen durchführen, kennen – auch in der Blockchain. Dies mag zwar harmlos klingen, würde es aber ziemlich schwierig machen, in der anonymen Blockchain im Namen von Kunden einer Börse zu handeln.

Alternative Strategie

Es gibt zwar Alternativen, wie z. B. eine „Chain-Analyse“, bei der Transaktionen in und aus einer Bitcoin-Brieftasche (Konto) algorithmisch untersucht werden können, wodurch in einigen Fällen die zugrunde liegende Identität aufgedeckt werden kann. Aber wenn dieser Ansatz immer ausreichen würde und jeder Anschein von Anonymität immer ausgelöscht werden könnte, ist es schwer zu erkennen, wie Kryptowährungen mit effizienteren Finanzvermittlungsoptionen konkurrieren könnten.

Und schließlich könnten viele Länder, anstatt einfach nur Krypto-Intermediäre zu verbieten, letztendlich versuchen, alle Krypto-Transaktionen zu verbieten, wie es China und eine Handvoll Entwicklungsländer bereits getan haben. Ein Verbot von Transaktionen mit Bitcoin, Ethereum und den meisten anderen Kryptowährungen würde zwar nicht jeden aufhalten, aber es würde das System sicherlich einschränken. Nur weil China zu den Ersten gehörte, ist die Strategie nicht falsch, vor allem wenn man vermutet, dass die Haupttransaktionen mit Steuerhinterziehung und Kriminalität zu tun haben, ähnlich wie bei großen Mengen von Banknoten wie dem 100-Dollar-Schein.

Letztendlich werden wahrscheinlich viele andere Länder dem Beispiel Chinas folgen. Aber es ist unwahrscheinlich, dass der wichtigste Akteur, die USA, mit ihrer schwachen und zersplitterten Krypto-Regulierung, in nächster Zeit eine mutige Strategie verfolgen wird. FTX mag der bisher größte Skandal in der Kryptowelt sein; vermutlich wird er nicht der letzte gewesen sein.

Übersetzung: Andreas Hubig
© Project Syndicate, 2022

D Duck
6. Dezember 2022 - 18.49

Eine "Cloud-Währung". Ein digitales "Nichts". Da genügt ein Sonnenflare oder ein starkes Magnetfeld und das Konto steht auf NULL. Habe im ersten Jahr 60% Verlust eingefahren. Hätte ich z.B. Gold gekauft,das läge wenigstens noch im Safe.