EU-KommissionStrategie für wachsenden Luftservice in Brüssel vorgestellt

EU-Kommission / Strategie für wachsenden Luftservice in Brüssel vorgestellt
Eine Drohne wird von einem großen Möbelhersteller für die Verwaltung der Lagerbestände eingesetzt Foto: James Arthur Gekiere/Belga/AFP

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Bereits in acht Jahren werden nach einem Szenario der EU-Kommission Drohnen zum Alltag in Europa gehören, Blutkonserven zur Not-OP bringen und auch Personen innerhalb von Städten transportieren – klimaneutral.

Schon jetzt überwachen sie Ölverschmutzungen, vermessen Gelände und Gebäude, unterstützen Sicherheitskräfte und Journalisten, sich in bestimmten Situationen einen Überblick in Echtzeit zu verschaffen. Drohnen werden immer wichtiger. In der Ukraine zeigen sie, welche verheerenden Wirkungen sie in einem Krieg haben können. „Mit dem richtigen Rahmen könnte der Markt für Drohnendienste in Europa bis 2030 einen Wert von 14,5 Milliarden Euro erreichen und 145.000 Arbeitsplätze schaffen“, sagte EU-Verkehrskommissarin Adina Valean, als sie am Dienstag in Brüssel die neue Drohnen-Strategie der EU vorstellte.

Bereits im übernächsten Jahr soll ein weltweit einzigartiges System zum sicheren Managen des Drohnenverkehrs in der EU an den Start gehen und damit die Grundlage liefern für eine immense Ausweitung des Flugverkehrs. Die Kommissarin appellierte an die Mitgliedsländer, insbesondere an die Städte, kluge regionale Konzepte zu entwerfen, die den jeweiligen Bedarf, aber auch die Befürchtungen der Bevölkerung in den Blick nehmen. Dabei gehe es insbesondere auch um Sicherheits- und Lärm-Aspekte.

Alltäglich soll nach den Vorstellungen der Kommission bis 2030 der Einsatz ziviler Drohnen für Notfalldienste, Kartierungen, Inspektionen der Infrastruktur und dringend benötigte Lieferungen etwa von biologischen Proben oder Arzneimitteln sein. Auf der anderen Seite rechnet die Kommission damit, dass sich auch eine innovative Luftmobilität, wie etwa durch Lufttaxis, mit regelmäßigen Angeboten entwickeln wird. Ein Probebetrieb wird bei den Olympischen Spielen in Paris 2024 erwartet. Zunächst würden diese Luftfahrzeuge noch Piloten an Bord haben. „Letztlich wird jedoch eine vollständige Automatisierung des Flugbetriebs angestrebt“, heißt es im Kommissions-Konzept. Mit einer Online-Plattform will die EU die regionalen und lokalen Interessenträger mit der Industrie zusammenbringen, um eine „nachhaltige innovative Luftmobilität“ zu entwickeln.

Synergien zwischen Zivil- und Militärdrohnen

Wichtig sei dabei auch die Schulung von Drohnen-Spezialisten. Einer der 19 Punkte, die die Kommission nun mit gezielten europaweit vereinheitlichten Regulierungen angehen will, dreht sich unter der Überschrift „Kenntnisse, Fähigkeiten, Training und Kompetenzen“ um das „Fördern der menschlichen Dimension“. Nötig seien Pilotenscheine sowohl für die Führer bemannter Senkrechtstarter als auch für Spezialisten, die eine oder mehrere Drohnen gleichzeitig aus der Ferne steuern.

Die Kommission kündigte an, Synergien zwischen Zivil- und Militärdrohnen ebenfalls in den Blick zu nehmen. Sie sollen einhergehen mit erhöhten Drohnenabwehrfähigkeiten und dem Bau resilienter Drohnen. Denn zu den Schreckensszenarien gehört nicht nur der Angriff auf europäische Städte durch feindliche Drohnen, sondern auch das Kapern gewöhnlicher Drohnen durch feindliche Mächte und deren Missbrauch als Angriffswaffe. Hier denkt die Kommission auch an ein Label für besonders zertifizierte und „sichere“ Drohnentechnik.

Im EU-Parlament wird die neue Drohnen-Initiative insgesamt begrüßt. Die alte Strategie aus dem Jahr 2015 sei überholt, weil es in den letzten Jahren „massive Entwicklungen in der Drohnen-Technologie gegeben“ habe, sagt etwa Jens Giesecke, verkehrspolitischer Sprecher der Unionsabgeordneten im EU-Parlament. Er warnt zugleich davor, „diesen innovativen Markt durch zu starre Vorgaben einzuschnüren oder Entwicklungen durch zu langsame Gesetzgebung zu verzögern“. Die Pläne der Kommission sähen einige komplizierte Anpassungen beim Flugverkehrsmanagement vor. Hier werde es eine Herausforderung sein, die vielen unterschiedlichen Interessen unter einen Hut zu bringen.

Zwischen Faszination und Skepsis

Für den Vizevorsitzenden im Verkehrsausschuss des Europa-Parlaments, Jan-Christoph Oetjen, ist die von Kommissarin Valean skizzierte Drohnen-Regulierung „nur der erste Schritt für ein vollständiges Drohnen-Ökosystem“. Drohnen hätten ein großes Potenzial für gesellschaftlichen Nutzen. Schon jetzt würden sie immer mehr in der Landwirtschaft, im Naturschutz und zum Beispiel bei der Inspektion von Brücken verwendet. In Zukunft würden auch Lieferdienste, Rettungsdienste und der Personentransport auf Drohnen setzen. „Die Europäische Union ist Vorreiter bei der Drohnen-Regulierung und bereitet damit den Boden dafür, dass eine neue Branche in Europa weiter wachsen kann“, unterstreicht der Liberale.

Zwischen Faszination und Skepsis bewegt sich die Verkehrsexpertin der europäischen Grünen, Anna Deparnay-Grunenberg. Drohnen seien auf der einen Seite eine „verheißungsvolle“ Technologie etwa für die medizinische Versorgung, deshalb mache eine Standardisierung und Regulierung auf europäischer Ebene definitiv Sinn. Auf der anderen Seite könnten sie die wirklichen Probleme im Personen- und Güterverkehr jedoch nicht lösen. „Deshalb sollten wir die Anwendungsbereiche klar und ehrlich diskutieren“, rät die Grünen-Europa-Abgeordnete. Andernfalls würden Staus und Umweltschädlicheit des Verkehrs möglicherweise „schlicht in die dritte Dimension verschoben“. Das hätte dann fragwürdige Konsequenzen für die Lebensqualität und das Sicherheitsgefühl der Menschen.