„Chambre des salariés“CSL: „Die Steuerpolitik im Budget ist eine Enttäuschung“

„Chambre des salariés“ / CSL: „Die Steuerpolitik im Budget ist eine Enttäuschung“
CSL-Präsidentin Nora Back und CSL-Direktor Sylvain Hoffmann stellten am Montag ihren Standpunkt zum Staatshaushalt für das kommende Jahr vor Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Die „Chambre des salariés“ (CSL) präsentierte am Montag ihre Stellungnahme zum Staatsbudget 2023, welches vor einigen Wochen durch Finanzministerin Yuriko Backes vorgestellt worden war. Für einige Punkte gab es Zustimmung, für andere, wie etwa die nicht erfolgte Anpassung der Steuertabelle an den Index, eine klare Ablehnung.

Nora Back, Präsidentin der „Chambre des salariés“ (CSL), wies am Montag bei der Stellungnahme zum Budget darauf hin, dass die Situation dieses Jahr eine spezielle sei. Damit meinte sie die Covid-Pandemie und die anschließende Krise, bedingt durch den Krieg in der Ukraine. „Vor uns stehen viele Unsicherheiten, für die Leute und für die Betriebe“, sagte Back. Deshalb sei es wichtig, dass ein Budget gemacht werde, das das Vertrauen der Leute stärke. Die Kammer der Arbeitnehmer begrüße deshalb den antizyklischen Haushalt, in dem keine Spar- oder Austeritätsmaßnahmen angekündigt worden seien. „Das ist ein wichtiges Signal nach draußen“, sagte die Präsidentin.

Auch betonte Back, dass die Staatsschulden nicht so arg seien, wie sie manchmal dargestellt würden. „Wir sind nicht dafür, dass man sich an die Grenze der 30 Prozent Schulden halten muss.“ Das Triple A sei dadurch keineswegs in Gefahr. „Diese heilige Kuh ist gar keine solch heilige Kuh“, sagte sie. In Krisenzeiten könne man da mehr Flexibilität zeigen. Das Tripartite-Abkommen sei wichtig gewesen und helfe dabei, die Inflation abzubremsen. Dennoch reiche dies nicht aus. Es fehle ein konkreter Aktionsplan für Lohngleichheit sowie zur Klärung sozialer Fragen. So müsste etwa die Kaufkraft der Haushalte gestärkt werden. Zur Steuerfrage sagte Back, dass noch „Sputt“ dagewesen sei, um steuerlichen Ungerechtigkeiten entgegenzuwirken, ohne allerdings eine große Steuerreform angehen zu müssen. So müsste man etwa die Besteuerung von Kapital, wie etwa Aktien, mit jener aus geleisteter Arbeit gleichsetzen. Der Mehrwert durch Aktien, die man länger als sechs Monate gehalten hat, sei völlig steuerfrei. Auch die Steuertabelle („barème“) müsste an die Inflation angepasst werden.

CSL-Direktor Sylvain Hoffmann ging auf die ökonomische Situation des Landes ein, bevor er das Budget, welches von der Regierung sehr vorsichtig aufgestellt worden sei, unter die Lupe nahm. Ein weiteres Thema waren die andauernden Ungleichheiten in Luxemburg und im letzten Teil ging er auf die konkreten Forderungen der Arbeitnehmerkammer zur Steuerpolitik ein. Hoffmann stufte die wirtschaftliche Lage als unsicher ein und bestätigte eine negative Tendenz. Dabei berief er sich auf Voraussagen internationaler Institute. Für 2023 werde in manchen Ländern eine Rezession befürchtet. Luxemburg könne aber für nächstes Jahr ein leichtes Wachstum erreichen. Es werde eine Inflation von 3,4 Prozent vorausgesagt. Damit liege Luxemburg im Vergleich zu den durchschnittlichen 6,1 Prozent der Eurozone noch relativ gut, sagte er. Dies sei auf das Tripartite-Abkommen, wo die Preise gedeckelt wurden, zurückzuführen. Zumindest die Energiepreise seien dadurch unter Kontrolle. Auch gab Hoffmann einige Argumente, wieso eine ausgelöste Indextranche nicht zwanghaft direkt eine nächste auslösen müsse.

Die öffentlichen Investitionen und der Verbrauch der Haushalte in Luxemburg machen laut CSL-Berechnungen zusammen 66 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) aus. In einer schwierigen Phase sei es wichtig, dies zu stützen, erklärte der CSL-Direktor. Das Budget sehe eine Degradierung vor, die in den Augen der Arbeitnehmerkammer absolut akzeptabel sei. Die Schuld sei immer noch weit unter dem offiziellen europäischen Standard von 60 Prozent. Luxemburg befinde sich weiterhin unter den 30 Prozent. Für dieses Limit gebe es keinen wissenschaftlichen Grund, sagte Hoffmann. Für 2022 habe der Staat einen Überschuss (Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben) von rund knapp einer Milliarde Euro zu verzeichnen. Im nun vorgestellten Staatshaushalt stehe aber ein Defizit von über einer Milliarde Euro für 2022 vermerkt. „Wir müssten demnach in den nächsten Monaten von einem Plus von knapp einer Milliarde auf ein Minus von über einer Milliarde abfallen“, stellte Hoffmann fest. „Das ist fast nicht möglich“. Er spricht von einer extrem negativen Voraussage, die gemacht worden sei. Die CSL gehe davon aus, dass das Resultat für 2022 besser sein werde als dort gedacht. Dies spiegele sich wiederum im Budget von 2023 wider.

Weder in Xavier Bettels Rede zur Lage der Nation noch in der Vorstellung des Budgets durch Yuriko Backes ist das Thema Ungleichheiten angesprochen worden

Nora Back, CSL-Präsidentin

Im Budget habe man keine Prioritäten erkannt, um gegen Ungleichheiten, Armutsrisiko und soziale Ausgrenzung vorzugehen, stellte der CSL-Direktor fest. Hier gebe es eine starke Tendenz nach oben. „Weder in Xavier Bettels Rede zur Lage der Nation noch in der Vorstellung des Budgets durch Yuriko Backes ist das Thema Ungleichheiten angesprochen worden“, ergänzte Nora Back. Beim Armutsrisiko der arbeitenden Bevölkerung liege Luxemburg in der Eurozone an erster Stelle, sagte Sylvain Hoffmann. Dies müsse endlich eine Priorität werden. Um dem entgegenzuwirken, hat die Arbeitnehmerkammer einige Maßnahmen vorgesehen. Eine davon ist die Aufwertung des Kindergeldes. Nun sei es zwar zu einer längst überfälligen Indexierung des Kindergeldes gekommen, so Hoffmann. In den Jahren, wo dies nicht der Fall war, habe man bis zu zehn Prozent Wertverlust beim Kindergeld erreicht. Hätte man alle ausgelassenen Indextranchen aktiviert, würde dies eine Zunahme von rund 300 Euro pro Jahr und pro Kind bedeuten, erklärte der CSL-Direktor. Weitere Maßnahmen sieht die CSL in der Indexierung der „allocation de vie chère“, der Aufwertung der Mindestrente, der Steigerung des „crédit monoparental“ bei Alleinerziehenden sowie der Aufbesserung des Mindestlohns.

Keine Anpassung der Steuertabelle

Die Steuerpolitik nannte Hoffmann ein Werkzeug, um gegen die Ungleichheiten vorzugehen. Dennoch würden einige Dispositionen darin diese Ungleichheiten eher vergrößern statt zu verkleinern. „Für uns ist das eine Enttäuschung, was in puncto Steuerpolitik im Budget vorgesehen ist.“ Die Herabsetzung der Mehrwertsteuer sei ein positiver Punkt und eine soziale Maßnahme. Was dagegen nicht gemacht wurde, sei eine Anpassung der Steuertabelle an die Inflation, monierte Hoffmann. Bei einem Durchschnittslohn würde eine solche Anpassung ein Plus von bis zu 2.000 Euro im Jahr an Einkommen bedeuten. Passiert eine solche Anpassung nicht, könne man dies mit einer Steuererhöhung gleichsetzen. Dies gehe mit einem Verlust der Kaufkraft einher. Nora Back kritisierte die Aussagen Bettels, seine Regierung mache keine Steuererhöhungen. Genau dies sei allerdings durch die Nicht-Anpassung der Steuertabelle an die Inflation passiert.

Für uns ist das eine Enttäuschung, was in puncto Steuerpolitik im Budget vorgesehen ist

Sylvain Hoffmann, CSL-Direktor

Die CSL machte einen Vorschlag, wie man die Steuertabelle gerechter aufstellen könnte. In der Steuerklasse 1 würde dies bedeuten, dass man bei einem besteuerbaren Jahreseinkommen von 50.000 Euro rund 2.500 Euro weniger an Steuern bezahlen müsste, sagte Hoffmann. Ab dem Niveau Mindestlohn an würden Steuern anfallen. Dafür würden Jahreseinkommen ab 150.000 Euro stärker belastet werden. Neben der Steuertabelle sollte man auch andere Steuerfreibeträge („abattement fiscaux“) wie Versicherungszulagen oder Reisespesen an die Inflation anpassen. Auch die Steuerkredite sollten angeglichen werden, forderte der CSL-Direktor.