EditorialSchule und Religion: Es gibt einen Unterschied zwischen informieren und indoktrinieren

Editorial / Schule und Religion: Es gibt einen Unterschied zwischen informieren und indoktrinieren
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Aktuell wird in Europa wieder um das Tragen religiöser Symbole diskutiert. Auslöser war ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs, dass etwa ein Kopftuchverbot am Arbeitsplatz grundsätzlich möglich ist. Allerdings müsse es sich dabei um ein Verbot aller religiösen Symbole handeln, für das es eine genaue Begründung brauche. Beispielsweise, weil der Arbeitgeber gegenüber Kunden ein Bild der Neutralität vermitteln wolle. Auf Tageblatt-Anfragen reagiert die Luxemburger Betriebswelt verhalten

Das ist auch gut so. Schließlich gehört der Ausdruck der eigenen Glaubenswelt zur Privatsphäre. Wenn also ein Angestellter oder eine Angestellte tiefgläubig ist und das mit Kippa, Kopftuch oder Kreuzkette zum Ausdruck bringen will, dann sollte man sich nicht daran stören. Zurückzuweisen ist eigentlich nur, wenn der Ausdruck der eigenen Religion auf andere Auswirkungen hat, zum Beispiel ein Kreuz auf der Wand eines an sich neutralen Büros auftaucht, oder die Person versucht, auf der Arbeit ihre Kollegen zu missionieren. 

Pikanter wird die Sache allerdings in der Schule. Mit der Trennung von Kirche und Staat hat Luxemburg 2017 den Religionsunterricht abgeschafft. Stattdessen sollen Schüler im Fach „Vie et société“ über die verschiedenen Weltreligionen, ihre jeweiligen Kulturkreise und allgemeine Ethik aufgeklärt werden. Ein wichtiger Schritt, der es ermöglicht, dass sich die unterschiedlichen Glaubensrichtungen auf Augenhöhe begegnen und die Schüler zwar informiert, aber nicht indoktriniert werden. 

Doch sensibler ist es, wenn Lehrer ihre eigenen Werte und Symbole ihres Glaubens sichtbar am Körper tragen. Vor allem in den USA kommen aus teils sehr rechten Milieus Vorwürfe, dass Kinder etwas aufgezwungen wird, wenn Lehrer selbst religiöse Symbole wie etwa Kopftuch oder Kippa tragen, oder zum Beispiel preisgeben, selbst LGBTQIA+ zu sein. Das Denken fasst sich wie folgt zusammen: Was ist, wenn der Lehrer unserem Kind etwas unterrichtet, an das wir selbst nicht glauben, beziehungsweise was für uns moralisch verwerflich ist? 

Dazu bleibt nur zu sagen: Erstens haben Eltern deutlich mehr Einfluss auf ihr eigenes Kind als ein Lehrer in einem einzigen Fach. Welche Weltanschauungen wir als Kind haben, beruht häufig auf dem, was wir zu Hause immer wieder hören. Wächst man in einem tief katholischen Haushalt auf, kann man noch Jahrzehnte später als Nichtgläubiger das Vaterunser aufsagen. 

Zweitens heißt informieren nicht gleich indoktrinieren. Gibt man Kindern die richtigen Werkzeuge mit auf den Weg, können sie sich ihre eigene Meinung zu Themen bilden. Das natürlich in einem altersgerechten Format. Wenn also die Lehrerin ein Kopftuch trägt und mit ihren Schülern, wenn diese sie darauf ansprechen, offen über ihre Religion spricht, dann ist nichts Verwerfliches daran. Und wenn ein Lehrer, zum Beispiel im Rahmen einer Buchvorstellung, über LGBTQIA+ spricht, heißt das nicht, dass das Kind „auf einmal“ selbst queer wird.

Nur wer gut informiert ist, kann für sich selbst die richtigen Entscheidungen treffen. Statt sich über Kopftuch, Kippa oder Kreuz aufzuregen, sollte man selbst erst einmal prüfen, ob man nicht auf Vorurteile und Missinformation hereingefallen ist. 

Robert Hottua
22. November 2022 - 1.28

Guten Tag Frau Oé, meinen katholischen luxemburgischen Eltern, 1911 und 1916 geboren, wurde ab 1933 die Vereinbarkeit von friedensliebendem Katholizismus und martialischem Nationalsozialismus durch katholische Priester und Politiker beigebracht. Mir ist aus der Literatur keine Schilderung dieser Millionen Menschen betreffenden Konstellation bekannt. Für entsprechende Hinweise bin ich dankbar. MfG Robert Hottua

Jacques Zeyen
21. November 2022 - 10.31

".. sollen Schüler im Fach „Vie et société“ über die verschiedenen Weltreligionen, ihre jeweiligen Kulturkreise und allgemeine Ethik aufgeklärt werden." Genau so ist es.Und zwar mit allen "Details" der Gebräuche und Sitten der verschiedenen Religionen. Dass Gott oder Götter im 21. überhaupt noch einen Platz finden ist erstaunlich genug,jedenfalls in einer aufgeklärten Gesellschaft. Und genau diese Aufklärung hat es den "Vertetern der Götter auf Erden" in letzter Zeit so schwer gemacht überhaupt noch Schäfchen zu rekrutieren.Im Gegenteil,sie laufen ihnen in Scharen davon.Und die Zahl der Wunder hat mit der Bildung drastisch abgenommen. Wie oben erwähnt:wer sich besser fühlt wenn er ein Kreuz,ein Kopftuch oder ein Tatoo trägt soll das tun.Aber wenn es um körperliche und seelische Unversehrheit geht ist Schluss mit Toleranz. Auch das sollte den Kindern erklärt werden.Es gibt keine Krokodile in der Kanalisation,auch wenn man ganz fest daran glaubt und daher:"wer nichts weiß muss alles glauben."

jung.luc.lux
21. November 2022 - 9.41

In der Schule hat keine Religion etwas verloren. Religion ist Privatangelegenheit. Mohamed, Luther und der Vatikan gehören in den Geschichtsunterricht im Lyzeum. Jedes ostentative Religionsabzeichen in einem Klassenzimmer ist verwerflich. Ich will noch bemerken, dass man versucht hat mich bei den Jesuiten zu indoktrinieren. Das Ziel dieser Indoktrination wurde bei mir nicht erreicht.