ItalienMeloni laut ersten Prognosen vorne, rechter Erdrutschsieg konnte wohl verhindert werden

Italien / Meloni laut ersten Prognosen vorne, rechter Erdrutschsieg konnte wohl verhindert werden
Salvini, Berlusconi und Meloni beim Wahlkampf: Der Rechtsblock hat die Wahl gewonnen Foto: dpa/Oliver Weiken

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Mehr als 50 Millionen Italiener haben am Sonntag darüber abgestimmt, ob es in Rom erstmals seit Ende des Zweiten Weltkriegs wieder eine rechtsnationale Regierung geben wird. Erste Hochrechnungen nach Schließung der Wahllokale um 23.00 Uhr deuteten auf diesen Rechtsruck hin.

Die Wahl in Italien, bei der die Italienerinnen und Italiener noch bis 23.00 Uhr am Sonntag ihre Stimme abgeben konnten, galt bereits im Voraus als quasi entschieden. Der Rechtsblock um Giorgia Melonis Fratellli d’Italia, Matteo Salvinis Lega und Silvio Berlusconis Forza Italia lag in allen Umfragen scheinbar uneinholbar vorne. Den Linken des Partito Democratico und den immer noch schwer zuzuordnenden Cinque Stelle traute kaum jemand mehr zu, das Ruder am Wahltag noch herumzureißen.

Dieses Bild bestätigten die ersten Nachwahlbefragungen nach Schließung der Wahllokale am späten Sonntagabend. Der Rechtsblock kam den Prognosen zufolge auf 41 bis 45 Prozent der Stimmen. Durch eine Besonderheit im italienischen Wahlrecht dürfte dies dennoch für eine Mehrheit der Mandate reichen. Die Links- und Zentrumsparteien machten im Wahlkampf nicht geschlossen Front gegen die Rechten. Das Wahlbündnis der Sozialdemokraten mit linken Parteien und Grünen kam den Prognosen zufolge auf 25,5 bis 29,5 Prozent. Die Fünf-Sterne-Bewegung landete bei 13,5 bis 17,5 Prozent der Stimmen. Die Zentrumsallianz lag abgeschlagen bei 6,5 bis 8,5 Prozent.

Meloni hatte es den Sonntag über fertiggebracht, sogar am Wahltag alle Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Die Wahlgewinnerin zögerte ihre Stimmabgabe bis kurz vor Wahlschluss heraus, sodass Italien während Stunden rätseln konnte, wann die voraussichtliche Wahlgewinnerin denn ihren Stimmzettel abgeben würde.

Die offiziellen Ergebnisse gibt das Innenministerium erst am Montag bekannt. Sollten diese die ersten Hochrechnungen vom Sonntagabend bestätigen, könnte es in Rom erstmals seit Ende des Zweiten Weltkriegs wieder eine rechtsnationale Regierung geben. Im Oktober würde dann exakt 100 Jahre nach Mussolinis Marsch auf Rom mit Melonis „Brüder Italiens“ wieder eine Partei die Macht übernehmen, die ihre Wurzeln im Faschismus hat. 

Niedrige Wahlbeteiligung

Was sich bereits früh am Abend abzeichnete, war eine historisch niedrige Wahlbeteiligung. Um 19.00 Uhr hatten nur rund 51 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben, wie das Innenministerium bekannt gab. Bei den Wahlen im Jahr 2018 waren es zu dem Zeitpunkt rund 59 Prozent gewesen. Dabei hatte Italien damals am Ende mit knapp 73 Prozent die niedrigste Wahlbeteiligung seiner Nachkriegszeit registriert – dieser Wert könnte nun noch einmal deutlich unterschritten worden sein. Besonders schwach war der Zulauf demnach im Süden des Landes – den Hochburgen der Cinque Stelle – in den Regionen Kalabrien, Apulien, Kampanien und Basilikata sowie auf den Inseln Sizilien und Sardinien mit teils deutlich unter 40 Prozent.

Wie es jetzt weitergeht, müssen die kommenden Tage zeigen. Das rechte Bündnis hatte im Wahlkampf unter anderem massive Steuersenkungen präsentiert, um die Energiekrise und die Inflation abzufedern. Wie diese finanziert werden sollen, erklärten die Rechten nicht. Postfaschistin Meloni hatte zuletzt viel Wahlkampfenergie darauf verwendet, um ihre Partei in Italien, aber auch in Europa salonfähig zu machen. Bei den Wahlen 2018 hatten die Fratelli d’Italia nur knapp über vier Prozent der Stimmen geholt. Seither aber lief die Partei vor allem dank der charismatischen Meloni der Lega von Hardliner Salvini den Rang als stärkste rechte Kraft ab. Salvinis Popularität hatte im rechten Lager besonders durch die Regierungsbeteiligung seiner Lega mit den Cinque Stelle und später mit der Einheitsregierung unter Mario Draghi gelitten. Meloni blieb in der Opposition, das scheint sich jetzt auszuzahlen. Die Fratelli d’Italia schienen am Sonntagabend als stärkste Partei aus dem Wahlrennen zu gehen.