EditorialDen EM-Hype nutzen

Editorial / Den EM-Hype nutzen
Die FLGym-Juniorinnen zeigten bei der EM im eigenen Land, dass sie sich auf internationalem Niveau keinesfalls verstecken müssen Foto: Jeff Lahr

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Vergangene Woche stand die Coque auf Kirchberg ganz im Zeichen des Turnsports und eine bessere Werbung hätte der nationale Verband FLGym nicht für sich machen können. Die Europameisterschaft im TeamGym, einer noch jungen, aber umso spektakuläreren Mannschaftsdisziplin, zog vier Tage lang die Zuschauer an und für die Organisatoren gab es von allen Seiten Lob. Binnen gerade mal vier Jahren hat es der Verband ebenfalls fertiggebracht, ein Juniorinnen-Team aufzubauen, das sich auf internationalem Niveau keinesfalls verstecken muss, auch wenn es zum Einzug ins Finale – ein Jahr nach der Überraschung in Portugal – bei der Heim-EM leider nicht geklappt hat. 

Wer hätte dem einstigen Problemverband noch vor fünf Jahren eine derartige Entwicklung zugetraut? Vorbei die Zeiten, als der Vorstand der FLGym in der Öffentlichkeit vor allem durch seine Unstimmigkeiten auffiel; durch Rücktrittswellen, die einen der größten Sportverbände des Landes zeitweise sogar komplett funktionsunfähig gemacht hatten. Inzwischen dominiert wieder der sportliche Aspekt und dieser ist durchaus vielversprechend.

Die Herausforderung eines kontinentalen Wettbewerbs hat die FLGym jedenfalls mit Bravour gemeistert, ein Wettkampf, bei dem allein tausend Sportler, Betreuer und Freiwillige versorgt werden mussten. Und auch im Kunstturnen und der Rhythmischen Sportgymnastik zeigt die sportliche Kurve deutlich nach oben. Mit Céleste Mordenti, Lola Schleich, Sophie Turpel und Quentin Brandenburger stehen derzeit vier Turner im Elite- bzw. Promotionskader des Nationalen Olympischen Komitees (COSL). Während Kunstturnerin Mordenti vom COSL durchaus die Olympischen Spiele 2024 in Paris zugetraut werden, war bei den Männern im Sommer in München erstmals ein komplettes Juniorenteam bei einer Europameisterschaft im Einsatz. Medaillen hat Brandenburger auf internationalem Parkett im Jahr 2022 ebenfalls geholt. 

Viele positive Schlagzeilen, die allerdings mit einer besseren Infrastruktur noch einmal um einiges besser ausfallen könnten. Denn wenn sich die Turner sämtlicher Disziplinen mit etwas herumschlagen müssen, dann sind es die Trainingsbedingungen, die längst nicht mehr adäquat sind. Die Räumlichkeiten im „Institut national des sports“ (INS) sind veraltet und gleichen einem ständigen Provisorium. Ein gleichzeitiges Training beider Nationalkader – fast ein Ding der Unmöglichkeit. Die Vorbereitungen für größere internationale Events werden somit immer häufiger bei Lehrgängen im Ausland bestritten.

Das TeamGym hat seinen Platz derweil im Norden des Landes, in Hosingen, gefunden. Doch auch hier mussten vor der EM Trainingseinheiten im Ausland eingestreut werden, einfach weil sonst keine passende Halle zur Verfügung stand. Umstände, die die wieder aufstrebenden Turn-Disziplinen ungemein bremsen. Dabei war es gerade die Infrastruktur auf Kirchberg, die bei der Konkurrenz im Ausland bleibenden Eindruck hinterließ. In diesem Sinne bleibt zu hoffen, dass die EM ein Anstoß war, um auch in diesem Bereich endlich ein Stück weiterzukommen.