Weinbau / Kampf gegen Mehltau: So funktioniert der Spritzhubschrauber an der Mosel
Ohne Sondergenehmigung darf seit Ende 2014 an der Mosel kein Spritzhubschrauber mehr starten. Das vom Dachverband der Luxemburger Spritzgenossenschaften betriebene Gerät muss strengste Auflagen erfüllen und darf nur noch ganz bestimmte Fungizide verteilen. Weinbauexperte Serge Fischer erklärt, was Winzer dabei beachten müssen.
Hitze, Dürre, Preisexplosionen: Auch für Winzer ist 2022 kein einfaches Jahr. Zumindest was Krankheiten angeht, brauchen sich die Genossenschaften aber keine Sorgen zu machen: Reben sind in trockenen Jahren allgemein weniger anfällig für Pilze. Das bestätigt Serge Fischer, Weinbauexperte vom „Institut vini-viticole“ (IVV). Zwar sollten Weinberge immer vorbeugend gegen Krankheiten geschützt werden. „Dieses Jahr war aber etwas speziell, weil es bislang kaum geregnet hat und Pilze vor allem in feuchten Bedingungen gedeihen“, sagt Fischer.
Dennoch konnten die Winzer auch dieses Jahr nicht vollständig auf Fungizide verzichten. Diese wurden in den vergangenen Monaten manuell oder aus der Luft vorbeugend unter die Reben gebracht. „In der Regel zwischen dem Aufblühen der ersten Vegetation Anfang Mai, bis die Pflanzen ein gewisses Stadium erreicht haben“, erklärt Fischer. „Das ist meist Mitte August der Fall. Wegen der Wetterbedingungen haben wir aber ein recht frühes Jahr. Weil die Weinberge bis zum 1. August nicht von Pilzen befallen waren, müssen die Reben bis zur Lese auch nicht mehr behandelt werden“, ergänzt der führende Mitarbeiter des Weinbauinstituts.
Einsatz nur in steilen Weinbergen
Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ist an der Mosel nicht ganz unumstritten. Das weiß auch Serge Fischer. Vor allem Hubschrauberspritzungen sorgen seit jeher für Diskussionen. Dabei sind deren Einsatz und die Verwendung bestimmter Mittel seit Jahren strengstens reguliert. Zum einen dürfen Hubschrauber nur noch mit Sondergenehmigungen starten. Zum anderen dürfen nur noch Fungizide ausgebracht werden – und das ausschließlich in Weinbergen mit einer Neigung über 20 Prozent.
Der Grund: Auf feuchtem Untergrund steigt bei einer Bespritzung am Boden die Unfallgefahr für Traktoren. Ab einer gewissen Neigung sei das Risiko zu hoch, dass die Winzer mit ihren Fahrzeugen abrutschen. „Deshalb wird der Hubschraubereinsatz nur auf steilere Weinberge begrenzt, die in einer Verordnung kartografisch festgehalten wurden“, erklärt Fischer.
Eine wichtige Rolle spiele allerdings auch die Nähe zu gefährdeten Gebieten. Von Wohnhäusern, Gärten und öffentlichen Plätzen sowie ökologisch bewirtschafteten Weinbauflächen muss der Hubschrauberperimeter mindestens 20 Meter entfernt sein. Bei Flüssen, Gewässern, Quellen und Trinkwasserbecken sind sogar 30 Meter vorgesehen, während bei Naturschutzgebieten nochmals ganz andere Sicherheitsabstände gelten.
Geflogen wird der Spritzhelikopter von einer deutschen Firma, die einen mehrjährigen Vertrag mit Protvigne abgeschlossen hat, dem Dachverband der Luxemburger Spritzgenossenschaften. Dieser wurde 1969 gegründet, um neben dem Einkauf von Bedarfsmitteln wie Sprit und Pflanzenschutzmitteln auch den Einsatz des Hubschraubers zu koordinieren. Seit 2014 werden die Sprühbehälter allerdings nur noch mit Fungiziden gefüllt. Insektizide oder Herbizide dürfen nicht mehr in den Tank.
Denn: Seit der Umsetzung einer EU-Direktive ins nationale Pflanzenschutzgesetz 2014 ist der Einsatz von chemischen Mitteln an der Mosel streng reguliert. Insektizide werden in den Weinbergen keine mehr eingesetzt. „Es kommt auch nur ein einziger Schädling infrage, der für rund 95 Prozent der Probleme verantwortlich ist“, betont Serge Fischer. Es geht um den Traubenwickler – einen Nachtfalter, der seine Eier an den Reben ablegt, von denen sich die geschlüpften Raupen dann ernähren.
„Bei der Bekämpfung setzen wir auf die sogenannte Verwirrmethode: Entlang der gesamten Mosel wurden in den Weinbergen Behälter verteilt, die Pheromone in der Luft verteilen. Der ganze Weinberg riecht dann nach weiblichen Traubenwicklern“, so Fischer. Männliche Falter seien so verwirrt, dass sie keine Weibchen zur Begattung finden. Die Folge: Es können auch keine Eier abgelegt werden.
Gleichzeitig sei auch die Hälfte der Weinberge an der Mosel schon von Herbiziden befreit. „Für den Verzicht auf Unkrautvernichtungsmittel werden die Winzer mit finanziellen Beihilfen entschädigt. Damit wird der zusätzliche Kostenaufwand kompensiert, der anfällt, wenn die Winzer das Unkraut mit technischen Hilfsmitteln regulieren“, erklärt der Weinbauexperte. „Aus der Luft werden also nur noch Fungizide verteilt, von denen nur noch wenige in Luxemburg zugelassen sind.“
Von echtem und falschem Mehltau
Fischer nennt zwei Pilzkrankheiten, die den Winzern Kopfzerbrechen bereiten: Oidium oder der echte Mehltau und die Peronospora, auch falscher Mehltau genannt. „Bei den Krankheiten handelt es sich um Pilze vom amerikanischen Kontinent. Unsere europäischen Reben haben keine natürlichen Abwehrmechanismen gegen diese Pilze“, so der Weinbauexperte.
Der echte Mehltau ist eine der häufigsten Krankheiten an Weinreben. Er macht sich Experten zufolge in normalen Jahren ab Ende Mai, Anfang Juni bemerkbar. Dabei entsteht ein weißgrauer, an Spinnweben erinnernder Belag auf den Blättern und jungen Trauben, der mit bloßem Auge kaum zu erkennen ist. Zum Herbst hin verfärbt sich der Pilzbelag grau. Das Wachstum der Früchte wird dadurch massiv gehemmt. Laut Landwirtschaftsportal traten in manchen Betrieben zuletzt immer wieder Schwierigkeiten mit dem Oidium auf. Meist wurden die Probleme in der zweiten Julihälfte sichtbar und waren dann kaum mehr in den Griff zu bekommen. Aus diesem Grund sollten die Weinreben stets vorbeugend behandelt werden.
Der falsche Mehltau, auch Peronospora oder Lederbeerenkrankheit genannt, wird auch von einem pilzlichen Erreger verursacht. Die Blätter haben zunächst gelbliche, später braune Flecken, während sich auf der Unterseite ein weißer Pilzrasen bildet. Bei starkem Befall werden auch andere Teile der Rebe angegriffen, inklusive den jungen Beeren. Die Trauben werden bräunlich, fangen an zu schrumpeln und fallen schließlich ab. Der Pilz überwintert im abgefallenen Laub am Boden und breitet sich bei feuchtwarmem Wetter besonders stark aus.
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