Stoffel VandoorneDer neue Formel-E-Weltmeister im Interview: „Die Perfektion finden“

Stoffel Vandoorne / Der neue Formel-E-Weltmeister im Interview: „Die Perfektion finden“
Stoffel Vandoorne im Mercedes EQ bei seinem einzigen Sieg dieses Jahr im Monaco-E-Prix Fotos: Norbert & Fernande Nickels

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Am Wochenende hat sich der 30-jährige Belgier Stoffel Vandoorne in Seoul zum neuen Formel-E-Weltmeister gekrönt. Der ehemalige Formel-1-Pilot überzeugte während der ganzen Saison mit konstanten Top-fünf-Ergebnissen. Obwohl Mitch Evans und Edo Mortara in diesem Jahr vier Rennen gewannen, gegenüber einem einzigen Sieg von Vandoorne, konnten sie den Vorsprung des Belgiers nie einholen. 

Bei den insgesamt 16 Läufen der diesjährigen Saison punktete Stoffel Vandoorne nicht weniger als 15 Mal. Genau diese Beständigkeit brachte ihm und dem Mercedes-EQ-Team beide Weltmeistertitel ein. Das Tageblatt unterhielt sich vor kurzem beim London-E-Prix mit dem früheren McLaren-Formel-1-Piloten.

Tageblatt: Sie waren letztes Jahr von großem Pech verfolgt und hätten damals schon den Titel verdient gehabt. Dieses Jahr hat Sie das Pech endlich verlassen und Sie konnten in dieser Saison regelmäßig Punkte sammeln …

Stoffel Vandoorne: Ja, letztes Jahr hatte ich vielleicht etliche Male Pech, besonders in London, wo Oliver Rowland mich in Führung liegend abgeschossen und mich somit um jede Chance auf den Weltmeistertitel gebracht hatte. Dieses Jahr ist unsere Saison eher gut verlaufen. Wir hatten ganz gute Rennen und einige etwas schwierigere, aber wir haben es fertig gebracht, regelmäßig Punkte zu sammeln, was in einer Meisterschaft wie der Formel E sehr wichtig ist. Außer dem Rennen in Mexiko, wo Lucas di Grassi uns aus den Punkten geworfen hat, haben wir alle Rennen in den Top fünf beendet.

In der Formel 1 war Mercedes über die letzten Jahre dominant und jetzt ist dies auch in der Formel E der Fall, wie erklären Sie sich das?

Das ist die Team-Mentalität und –Kultur. Jeder im Team ist darum bemüht, die Perfektion zu finden und Rennen zu gewinnen, und dies immer wieder aufs Neue – das macht wohl den Unterschied.

Gibt es eigentlich eine Zusammenarbeit zwischen den Mercedes-Formel-1- und Formel-E-Teams?

Nicht sehr viel. Am Anfang unserer Formel-E-Zeit war das etwas mehr der Fall, insbesondere um die Kultur des Formel-1-Teams ins Formel-E-Team zu integrieren: die Arbeitsmethoden und den Professionalismus. Nun verfügen wir aber über die nötige Erfahrung und wir wissen, wie man es machen muss, um erfolgreich zu sein. Man muss ja auch berücksichtigen, dass Mercedes am Ende dieser Saison die Formel E verlassen wird. (ein Großteil des bestehenden Teams wird vom Neueinsteiger McLaren übernommen, allerdings nicht die Piloten; Anm. d. Red.)

Der neue Formel-E-Weltmeister im Gespräch mit dem Tageblatt
Der neue Formel-E-Weltmeister im Gespräch mit dem Tageblatt

Sie sind ja auch noch immer für das Mercedes Formel-1-Team tätig. Worin bestehen genau Ihre Aufgaben?

Mit Nyck de Vries zusammen bin ich immer noch Reservepilot bei Mercedes in der Formel 1. Nyck war bei den meisten Rennen am Anfang der Saison dabei, ich werde mehr in der zweiten Saisonhälfte vor Ort sein. Natürlich machen wir auch eine ganze Reihe an Simulatorarbeit.

Sie haben auch zwei Saisons als McLaren-Stammfahrer in der Formel 1 bestritten, war dies Ihnen für Ihre Formel-E-Zeit von Nutzen?

Die Formel-1-Erfahrung wird mir immer in meiner Karriere helfen. Die F1 ist eine ganz spezielle und sehr professionelle Welt. Schon als Nachwuchsfahrer bei McLaren habe ich vieles gelernt, wie zum Beispiel die Arbeitsmethoden, das Set-up zu optimieren, das Team weiterzubringen, usw.

Nächste Saison werden Sie immer noch in der Formel E am Start sein (wohl in einem neu zusammengemischen Team DS-Dragon-Penske, mit Jean-Eric Vergne als Teamkollegen). Haben Sie eventuell vor, daneben auch noch in anderen Serien an den Start zu gehen?

Das kann ich jetzt noch nicht sagen und das hängt auch von verschiedenen Begebenheiten ab. Natürlich will man als Rennfahrer so viele Rennen wie möglich bestreiten, aber dies wird natürlich immer schwieriger mit einem Formel-E-Kalender, der immer mehr Rennen aufweist. Gleiches gilt auch für die WEC (Vandoorne ist bereits in der Vergangenheit hier angetreten; Anm. d. Red). Bei Terminüberschneidungen müsste man dann natürlich auch einer Serie den Vortritt geben und dies wäre bei mir ganz klar die Formel E.

Sie haben letzten Winter ja auch in Amerika ein IndyCar getestet?

Die amerikanische IndyCar Serie kommt sicherlich für mich 2023 nicht in Frage, da es zu viele terminliche Überschneidungen gäbe. Falls es ein zweites Programm geben sollte, dann wohl eher in der WEC, da man alles daransetzt, damit keine Rennen der Formel E und der WEC an gleichen Wochenenden stattfinden. Es gibt ja eine ganze Reihe an Fahrern, die in beiden Serien antreten.

Ich nehme an, dass Sie das neue Generation-3-Auto der Formel E noch nicht gefahren sind, da Sie 2023 in einem andern Team fahren werden. Was erwarten Sie für die Zukunft?

Ja, das stimmt, ich habe das neue Auto noch nicht getestet, aber es wird viele Veränderungen geben: ein leichteres Auto, mehr Power und Reifen, die anscheinend sehr verschieden zu den jetzigen sind (Hankook anstatt Michelin; Anm. d. Red.). Ich warte ganz ungeduldig darauf das neue Auto zu fahren.

In Luxemburg ist die Formel E sehr wenig bekannt. Wie sieht es eigentlich in Ihrer Heimat, Belgien, aus?

Wissen Sie, der Automobilsport allgemein ist nicht die beliebteste Sportart in Belgien, das sind eher der Fußball und der Radsport. Ich weiß nicht, was man tun muss, um unseren Sport bekannter zu machen. Vielleicht würde die Organisation eines E-Prix ja helfen … (grinst)

Sprechen wir noch kurz über Ihre Anfänge im Motorsport. Ich nehme an, dass es für Sie, als Pilot aus einem kleinen Land wie Belgien, genau wie Luxemburg, nicht einfach war, Sponsoren zu finden?

Ja, das stimmt. Wie bereits erwähnt ist der Motorsport nicht die größte Sportart in meinem Heimatland, aber ich muss sagen, dass der RACB (Royal Automobile Club de Belgique) mich am Anfang meiner Karriere sehr gut unterstützt hat und mir geholfen hat, belgische Partner zu finden, um meine Karriere zu fördern. (Vandoorne hat als Schützling des RACB 2012 am Young Drivers Day im Sicherheitszentrum auf Colmar-Berg als Gast-Rennfahrer teilgenommen, damals zusammen mit Bruno Spengler, Steve Jans und Brice Bosi, der übrigens bis letztes Jahr Vandoornes Teamchef bei Mercedes EQ in der Formel E war; Anm. d. Red).

Im Überblick

1. Stoffel Vandoorne (Mercedes EQ) 213 Punkte
2. Mitch Evans (Jaguar TCS) 180
3. Edo Mortara (Rokit Venturi) 169
4. Jean-Eric Vergne (DS Techeetah) 144
5. Lucas di Grassi (Rokit Venturi) 126
6. Jake Dennis (Avalanche Andretti) 126
7. Robin Frijns (Envision Virgin) 126

Romain
17. August 2022 - 10.17

Das Schönsten an der Formel E, ist das Geräusch der Dieselmotoren um die Batterien aufzuladen.