Weinbau„Ein Kind der Sonne“: Weinbauexperte rechnet mit ordentlichem Jahrgang

Weinbau / „Ein Kind der Sonne“: Weinbauexperte rechnet mit ordentlichem Jahrgang
Serge Fischer vom Weinbauinstitut ist vorsichtig optimistisch, was die Qualität des Jahrganges angeht Foto: Editpress/Alain Rischard

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Hitze und Trockenheit setzen der Landwirtschaft arg zu. Die Bauern hoffen auf Regen, manche Produzenten sind von der Dürre besonders arg getroffen. Im Weinbau leiden vor allem die jungen Reben. Ansonsten bleiben die Winzer optimistisch. Denn: „Die Weinrebe ist ein Kind der Sonne“, sagt Serge Fischer vom Weinbauinstitut in Remich.

Waldbrände im Süden Europas, massenhaftes Fischsterben an der Oder und die Angst vor Ernte-Einbußen auch hierzulande: Hitze und Dürre sind derzeit omnipräsent. Seit Wochen schon sind die sommerlichen Temperaturen eine große Belastung für Mensch, Tier und Umwelt. Die Schauer, die am Montag über Luxemburg niedergegangen sind, sind angesichts dieser Entwicklungen kaum mehr als nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Und das im wahrsten Sinne des Wortes.

Ungewiss ist die Zukunft derzeit vor allem für die Luxemburger Landwirtschaft. Das zuständige Ministerium hält sich zwar bedeckt und beteuert, dass detaillierte Angaben zu den möglichen Einbußen noch nicht möglich seien. Im Norden halte sich der Schaden in Grenzen und allgemein sei die Qualität des Getreides gut. Doch die Verbände sprechen Klartext. Besonders hart habe es den Südosten des Landes getroffen, meint Aloyse Marx vom „Fräie Lëtzebuerger Bauereverband“ (FLB). „Katastrophal“ sei noch milde ausgedrückt, da es seit dem Frühling in dieser Region nicht mehr richtig geregnet habe, so Marx.

Was die Futtermittelproduktion betrifft, sei die Lage landesweit problematisch. Darin sind sich sämtliche Experten einig. Der Schaden am Mais sei irreversibel und auch im Garten- und Obstbau sehe die Lage nicht ganz rosig aus. Nur das Wintergetreide und der Raps seien kaum von der Trockenperiode betroffen.

Stress bedeuten Hitze und Trockenheit aber auch für Weinreben, vor allem wenn es sich um junge Stöcke handelt. „Die jungen Weinreben leiden unter den jüngsten Entwicklungen. Das steht fest“, sagt Serge Fischer vom Luxemburger Weinbauinstitut in Remich. Winzer seien gezwungen, ganze Fruchtruten zu entfernen, um die jungen Stöcke zu entlasten. Was sich auf Dauer wiederum auf das Wachstum der Rebstöcke auswirkt. Die betroffenen Winzer seien derzeit nur noch am Bewässern.

„Uns fehlen Vergleichswerte“

Ältere Weinberge seien etwas belastbarer. „Die halten wohl noch einige Zeit lang durch“, so Fischer. Dennoch müsse man abwarten, wie es nun mit der Dürre weitergeht. Vor allem da die Hitze das Wachstum der einzelnen Trauben je nach Rebsorte verlangsame. Bei der Lese seien die Trauben dann kleiner, was natürlich einen Einfluss auf die Quantität des Endproduktes habe.

Auch was die Qualität der Weine angeht, sei es für eine Prognose noch zu früh. „Uns fehlen einfach die Vergleichswerte, weil wir in unseren Gegenden bislang kaum mit solchen Bedingungen konfrontiert wurden“, betont der Experte des „Institut Vini-Viticole“. Aus der Fachliteratur wisse man, dass sich der Trockenstress durchaus positiv auf die Qualität von Rotweinen auswirkt. „Beim Weißwein wissen wir allerdings noch nicht, wohin wir steuern“, so Fischer.

Für den wissenschaftlichen Mitarbeiter liegt es auf der Hand, dass man sich in den kommenden Jahren noch eingehender mit Hitzewellen, anhaltenden Trockenperioden und deren Auswirkungen auf den Weinbau beschäftigen müsse. Merlot sei etwa eine Rebsorte, die bei diesen meteorologischen Bedingungen auch in unseren Gegenden interessant werden könne.

Gleichzeitig befasst sich das Weinbauinstitut mit Unterlagen – also jenem Teil der gepfropften Pflanzen, der nicht für die Produktion von Früchten bestimmt ist. In Südfrankreich existieren Stämme, die wesentlich trockenheitsresistenter seien. In diesem Kontext wolle man nun in Versuchsanlagen die Wirkung auf die einheimischen Rebsorten untersuchen. Mit der Forstverwaltung wolle das Weinbauinstitut außerdem an einem „Vitiforesterie“-Projekt arbeiten. Dabei werden abwechselnd mehrere Reihen Rebstöcke und mehrere Reihen Bäume gepflanzt, die als natürliche Schattenspender dienen, ohne dem Boden zu viel Wasser zu entziehen. „Das ist auch eine Richtung, die wir in Zukunft einschlagen könnten“, sagt Fischer. Ein Konzept befinde sich noch in Ausarbeitung.

Was aber den aktuellen Jahrgang angeht, ist nun „Abwarten und Weintrinken“ angesagt. Serge Fischer bleibt optimistisch: „Prinzipiell kann man sagen, dass ein trockenes Jahr von der Qualität her noch nie schlecht ausgefallen ist“, unterstreicht der Weinbauexperte. „Das sagt uns die Erfahrung aus den letzten 40 Jahren. Die Weinrebe ist nun mal ein Kind der Sonne.“

Aktuell leiden vor allem junge Rebstöcke unter der Trockenheit, da sie in ihrem Wachstum gebremst werden
Aktuell leiden vor allem junge Rebstöcke unter der Trockenheit, da sie in ihrem Wachstum gebremst werden Foto: Editpress/Alain Rischard

Federweißer markiert Lesebeginn in Deutschland

Nach den heißen und trockenen Sommerwochen hat in Deutschland gestern die Traubenlese begonnen. Den Anfang machte die Pfalz, wo in Mußbacher Lagen der Winzergenossenschaft Weinbiet-Manufaktur in Neustadt an der Weinstraße Trauben der früh reifenden Rebsorten Solaris und Ortega geerntet wurden. Sie sind für den Federweißen bestimmt, also für jungen, noch gärenden Wein, der in anderen Regionen auch als Rauscher oder Sauser bezeichnet wird.

„Die Beeren sind klein, aber die Qualität sieht gut aus“, sagte Weinbiet-Geschäftsführer Bastian Klohr. Die Trauben hatten nach seinen Angaben den hohen Wert von 92 Grad Oechsle. Bei der Menge erwartet Klohr in diesem Jahr eine eher geringere Ernte. „Die nach der Rebblüte noch vorhandene Hoffnung auf eine gute Erntemenge hat sich in Staub aufgelöst.“

Aber auch in fast allen anderen der 13 Weinanbaugebiete in Deutschland wie Mosel, Franken oder Sachsen werden in dieser Woche die ersten Trauben gelesen. „Die Unterschiede zwischen den Anbauregionen haben sich in diesem Jahr abgeschwächt“, sagte Ernst Büscher vom Deutschen Wein-Institut (DWI). „Der Sommer war außergewöhnlich, weil es in ganz Deutschland kaum Temperaturunterschiede gab.“ Im vergangenen Jahr begann die Lese für den Federweißen nach einem niederschlagsreichen Sommer am 23. August. Der bislang früheste Beginn der Lese für den Federweißen war 2018 am 6. August.

Das DWI erwartet für Ende August oder Anfang September zudem einen vergleichsweise frühen Beginn der Hauptlese. Mit dem später reifenden Riesling geht es nach Einschätzung des DWI dann ab Mitte September los. Die zu erwartende Erntemengen sei sehr stark von den Niederschlägen der nächsten Wochen abhängig. Die Winzer hoffen auf ausgiebigen Landregen im restlichen August und einen trockenen September zur Hauptlesezeit. (dpa/ham)