Das hat Brüssel noch nicht gesehen: Gleich drei internationale Gipfeltreffen werden sich am Donnerstag in der belgischen Hauptstadt mit dem Krieg in der Ukraine und seinen Folgen beschäftigen. Die NATO, die G7 und die EU wollen gemeinsam mit US-Präsident Joe Biden über das weitere Vorgehen beraten. Der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj wird per Video zugeschaltet.
Auf der Tagesordnung stehen weitere Waffenlieferungen an die Ukraine, neue Sanktionen gegen Russland sowie Maßnahmen gegen die Energiekrise, die vor allem Europa trifft. Dazu legte die EU-Kommission am Mittwoch erste Vorschläge vor.
Gespanntes Warten auf Bidens Sanktionen
Die laufenden Verhandlungen zwischen Kiew und Moskau über einen Waffenstillstand und eine Friedenslösung stehen dagegen nicht auf dem Programm. Im Entwurf für den EU-Gipfel werden sie nicht einmal erwähnt. Es sei nicht Aufgabe der EU, sich in die Vermittlungsbemühungen einzuschalten, sagte ein Insider. Auch der Gastgeber des EU-Gipfels, Ratspräsident Charles Michel, gibt sich nicht sehr diplomatisch. Kremlchef Wladimir Putin müsse „besiegt“ werden, sagte er CNN.
Im Vordergrund steht der Schulterschluss der Alliierten und die Solidarität mit der Ukraine. US-Präsident Biden wolle den „eisernen Beistand“ der Vereinigten Staaten mit den Verbündeten bekunden, teilte das Weiße Haus mit.
Biden will zudem neue Sanktionen gegen Russland auf den Weg bringen. Details sollten am Donnerstag bekannt gegeben werden, hieß es in Washington. In Brüssel warte man gespannt auf die Maßnahmen, sagte ein EU-Diplomat. Er rechne damit, dass es um die Energieversorgung gehe.
Mit seinem Blitzbesuch in Brüssel und dem neuen Sanktionspaket setzt Biden die EU unter Druck. Die Europäer haben bereits vier Sanktionspakete verabschiedet. Allerdings wurde bisher noch kein Embargo auf Öl- und Gaslieferungen aus Russland verhängt, wie in den USA. Für einen Importstopp haben sich neben der Ukraine auch Polen und Litauen ausgesprochen.
Deutschland, Ungarn und einige andere EU-Staaten stemmen sich jedoch gegen ein Energieembargo. Die Position der Bundesregierung sei unverändert, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz am Dienstag nach einem Treffen mit EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola in Berlin.
Luxemburg ist gegen den Strompreisdeckel
Streit droht auch wegen der explodierenden Energiepreise. Spanien will zusammen mit Portugal einen Strompreisdeckel vorschlagen. Auch Frankreich, Polen und andere EU-Staaten fordern Entlastung. Doch Deutschland lehnt Eingriffe in den Energiemarkt ab, auch Luxemburg ist dagegen.
Im Gipfelentwurf ist nur von gemeinsamen Öl- und Gaskäufen die Rede. „Mit Blick auf den nächsten Winter werden die Mitgliedstaaten und die Kommission dringend … beim gemeinsamen Kauf von Gas, LNG und Wasserstoff zusammenarbeiten“, heißt es darin.
Außerdem sieht der Entwurf einen neuen Solidaritätsfonds für die Ukraine vor. Dazu soll auch eine Geberkonferenz organisiert werden. Geplant sind auch neue Waffenlieferungen im Wert von bis zu 500 Millionen Euro. Das Geld soll aus der sogenannten Friedensfazilität der EU kommen, die mehr und mehr als Kriegskasse genutzt wird. Vor zwei Wochen waren bereits 450 Millionen Euro freigegeben worden.
Mit den Waffenlieferungen begibt sich die EU auf einen riskanten Pfad. Der russische Außenminister Sergej Lawrow warf dem Westen vor, ein Ende des Konflikts absichtlich zu sabotieren. „Sie spekulieren darauf, weitere Waffen in die Ukraine zu pumpen“, sagte er nach Angaben der Nachrichtenagentur Interfax in Moskau. Dies werde den Krieg verlängern und könne zu einer Eskalation führen.
De Maart
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