Von unserem Korrespondenten Thomas Roser
Gastronomen und Hoteliers an Adria und Schwarzmeerküste hoffen auf eine Rekordsaison. Doch dem wachsenden Touristenandrang steht ein verstärkter Aderlass der Arbeitskräfte gegenüber. Die anhaltende Emigration lässt Saisonarbeitskräfte rar und teurer werden.
Von den steinigen Stränden Istriens bis zum bulgarischen Sonnenstrand rüsten sich die Gastronomen und Hoteliers im Südosten des Kontinents erwartungsfroh auf eine neue Rekordsaison: Sommerliche Temperaturen dürften schon an den nahenden Maifeiertagen kräftig die Kassen klingeln lassen. Doch ungetrübt ist die Vorfreude auf den Gästesegen bei den Herren der Bettenburgen keineswegs. Der in den letzten Jahren auch wegen rückläufiger Gästezahlen in der Türkei und Tunesien kräftig brummenden Branche macht der Emigrationsaderlass der heimischen Arbeitskräfte zunehmend zu schaffen.
Hotels finden keine Arbeitskräfte
In Kroatien spülten im vergangenen Rekordjahr 18,7 Millionen Gäste dem Tourismusgewerbe zwar ein Umsatzplus von 10 Prozent in die Kassen. Doch obwohl die großen Hotelketten des Adriastaats die Löhne für Zimmermädchen, Köche und Kellner in diesem Jahr um bis 10 Prozent kräftig angehoben haben, sind Saisonarbeitskräfte immer schwerer zu finden. Der Grund: Das Arbeitskräftereservoir im Hinterland wandert zunehmend ins Ausland ab.
Vor allem seit dem Wegfall der Beschränkungen für kroatische Arbeitnehmer auf dem deutschen Arbeitsmarkt 2015 hat sich der Gastarbeiter-Exodus beim EU-Neuling spürbar verstärkt. Besonders hart trifft der Aderlass das ostkroatische Slawonien. Der Mangel an Arbeitsplätzen und Perspektiven lässt in Kroatiens verarmter Kornkammer ganze Familien die Koffer packen: So hat Vukovar in drei Jahren ein Zehntel seiner Bevölkerung verloren.
Saisonarbeit lohnt sich nicht
Außer dem Baugewerbe macht die Emigration vor allem dem Tourismussektor zu schaffen. Denn attraktiv ist die Arbeit als Saisonkraft an der Küste angesichts des hohen Arbeitsdrucks und Zwölf-Stunden-Tagen keineswegs: Selbst bei geringeren Gehältern ziehen viele eine Beschäftigung das ganze Jahr der nur vier bis fünf Monate währenden Arbeitsfron an der Küste vor. „Langfristig zahlt sich die Arbeit als Saisonkraft nicht aus“, so die Studentin Sara gegenüber dem Wirtschaftsportal Dnevnik.hr: „Eine feste Anstellung ist einfach besser.“
20.000 freie Stellen in Kroatiens Gastronomiegewerbe sind noch nicht besetzt, vor allem in der sommerlichen Hochsaison sind die Engpässe bereits absehbar. Mit in Bosnien, Mazedonien und Serbien angeheuerten Aushilfskellnern und Köchen hoffen Kroatiens Gastronomen die Lücken an den Theken und Herden zu füllen: Nettogehälter von 600 Euro bis zu 1.000 Euro pro Saisonmonat gelten zumindest im EU-Wartesaal immer noch als attraktiv.
Auch Rumänien ist betroffen
Auf das Billigarbeitskräftereservoir früherer Bruderrepubliken können die ebenfalls von der Emigration hart getroffenen Schwarzmeeranrainer Bulgarien und Rumänien nicht zurückgreifen. Über den „schlimmsten Personalmangel seit 28 Jahren“, klagt der Verband von Rumäniens Tourismus-Arbeitgebern, demzufolge 5.000 Stellen noch immer nicht besetzt sind. Tatsächlich verdienen viele Kellner und Köche des Karpatenstaats mittlerweile bei besser bezahlenden Hotels und Restaurants in Mittel- und Südeuropa ihr Brot. Und selbst Studenten heuern für Sommerjobs wegen der höheren Gehälter lieber auf Kreuzfahrtschiffen als in heimischen Wirtshäusern an.
Nach Meinung des kroatischen Webportals index.hr hat sich die Tourismusbranche ihre Personalprobleme mit ihren jahrelang üblichen Niedriglöhnen aber auch selbst mit eingebrockt. Saisonaler Tourismus sei etwas für „arme, nicht entwickelte Staaten“: „Es geht darum, dass man die Leute auch bezahlen muss. Wenn es keine Beschäftigten für 500 Euro gibt, findet man sie für 1.000 Euro. Und wenn es keine für 1.000 Euro gibt, lassen sie sich für 2.000 Euro finden. Und für 3.000 Euro kommen selbst die Deutschen kellnern.“
De Maart
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