SCHWIMMEN – Der vierte Tag der 30. Europameisterschaften in Budapest war für Luxemburg ein ganz besonderer. Ein Novum in der Geschichte des luxemburgischen Schwimmsports hatte sich ergeben: Mit Laurent Carnol stand erstmals ein Luxemburger in einem EM-Finale. Leider erwischte Carnol einen schlechten Start, schoss aber auf der Schlussbahn bis auf Platz fünf nach vorne.
Marc Biwer
Eigentlich hätte die einzige Aufmerksamkeit am Donnerstag Jean-François Schneiders gegolten, der für die 100 m Kraul gemeldet war. Der Wiltzer schwamm auf Bahn 6 des dritten von neun Vorläufen und der Rückenspezialist beendete die Freistil-Strecke als Fünfter mit einem Chrono von 51″61, gleichbedeutend mit Rang 53 im Schlussklassement, unter 64 Konkurrenten. Für Schneiders war dies zugleich eine persönliche Bestzeit und eine sehr feine Leistung, nur hatte Laurent Carnol mit seinem Sieg am Mittwoch im ersten Halbfinale über 200 m Brust und dem dritten Platz im Klassement des gesamten Halbfinales das Interesse auf sich gezogen.
Europameister von Donnerstag
Männer
200 m Brust:
Daniel Gyurta (HUN)
200 m Schmetterling:
Pawel Korzeniowski (Polen)
50 m Rücken: Camille Lacourt (F)
Frauen
200 m Lagen:
Katinka Hosszu (HUN)
800 m Freistil:
Lotte Friis (DEN)
100 m Rücken:
Gemma Spofforth (GB)
4 x 200 m Freistil: Ungarn
Als erster Luxemburger schaffte der SCDE-Schwimmer den Sprung in ein EM-Finale. Das kleine Großherzogtum stand ebenso plötzlich wie unerwartet im Interesse der breiten europäischen Öffentlichkeit und deren Pressevertreter. Mit einer Rekordverbesserung von fast anderthalb Sekunden hatte Carnol diesen luxemburgischen Traum wahrgemacht. Und mit dem Versprechen, im Finale noch ein paar Hundertstel zulegen zu können, hatte der „englische Student“ (Loughborough University) sogar Hoffnung auf mehr geweckt: Podium?
Jedenfalls war die kleine luxemburgische Delegation um FLNS-Präsidentin Nancy Kemp-Arendt vor Ort außer Rand und Band. Auch das Sportministerium hatte in der Person von Guy Fusenig einen Vertreter für das Finale zum „Hajos Alfred Szechy Swimming Complex“ auf der Margareteninsel in Budapest entsandt.
Schatten: der Start
Diese durften ebenso wie die vielen gebannten Fernsehzuschauer ein packendes Rennen miterleben. Stand der Lokalmatador Daniel Gyurta vorweg als Favorit außer Frage, so ging es dahinter sehr spannend zu. Es war 17.43 Uhr, als das Finale über 200 m Brust gestartet wurde, mit Laurent Carnol auf Bahn 3. Und der Luxemburger lieferte erneut ein tolles Rennen ab, allerdings mit einem kleinen Schatten: der Start. Auf der ersten Bahn schwamm Carnol der Konkurrenz hinterher, konnte aber nach 100 m Anschluss zum Mittelfeld finden. Auf den letzten 50 m, seiner bekanntlich stärksten Bahn, legte der 20-Jährige dann enorm zu und schlug schlussendlich als Fünfter an. Nur trug sein Chrono von 2’11″93 der misslungenen ersten Bahn Rechnung, denn mit dieser Zeit lag Laurent Carnol zwar immer noch 97/100 unter seinem Landesrekord von vor der EM, aber leider auch 43/100 über seiner vorgestrigen Bestzeit aus dem Halbfinale. Am Ende war der Erwartungsdruck dann doch zu mächtig.
Die kleine Enttäuschung sollte aber nicht das Gesamtbild trüben. Denn mit Laurent Carnol war Luxemburg erstmals in einem Finale vertreten. Und mit Platz fünf zeigte der FLNS-Vertreter der Welt, dass sich das kleine Luxemburg anschickt, die großen Nationen zu ärgern. Zu grämen braucht sich Carnol auch nicht, denn die Podiumsplätze lagen (noch) außerhalb seiner Kragenweite. Zu Gold fehlten ganze 3″. Und für die Bronzemedaille hätte der Ettelbrücker seinen neuen Rekord um weitere 47/100 verbessern müssen, was dann doch des Guten zu viel war.
So verspielte er lediglich den undankbaren vierten Platz. Unterm Strich aber bleibt ein sensationelles EM-Ergebnis in Erinnerung, mit einem neuen luxemburgischen Schwimm-Stern: Laurent Carnol.
Die Ergebnisse
Herren, 100 m Freistil, Vorlauf (64 Teilnehmer): 1. Evgeny Lagunov (RUS) 48.50, 20. Yoris Grandjean (BEL) 49.97, … 53. Jean-François Schneiders (LUX) 51.61
200 m Brust, Finale: 1. Daniel Gyurta (HUN) 2.08.95, 2. Alexander Dale Oen (NOR) 2.09.68, 3. Hugues Duboscq (FRA) 2.11.03, 4. Grigory Falko (RUS) 2.11.70, 5. Laurent Carnol (LUX) 2.11.93, 6. Edoardo Giorgetti (ITA) 2.11.99, 7. Marco Koch (GER) 2.12.14, 8. Akos Molnar (HUN) 2.12.76
„Mehr als zufrieden“
SCHWIMMEN – Laurent Carnol hat mit seinem Finaleinzug bei der EM in Budapest Luxemburger Sport-Geschichte geschrieben. Nach seinem fünften Platz am Donnerstag im Finale über 200 m Brust stand der 20-Jährige (21. am 1. September) dem Tageblatt Rede und Antwort.
Marc Biwer
Tageblatt: Wie lautet dein Fazit nach dem Finale?
Laurent Carnol: „Ich bin schon sehr zufrieden mit dem Finale. Ich habe hier einen 5. Platz gemacht, und daran hat vor der EM niemand geglaubt. Ich bin zum zweiten Mal unter 2’12“ geschwommen, was nicht so einfach ist. Es war das dritte Rennen binnen zwei Tagen, und Brustschwimmen ist sehr anstrengend und intensiv. Deshalb bin auch mehr als zufrieden, auch wenn ich nicht an die Halbfinalzeit herankommen konnte.“
„T“: Wie hast du das Rennen aus deiner Sicht erlebt?
L.C.: „Es war ein sehr schnelles Rennen. Es war bekannt, dass der Ungar und der Norweger sehr schnell sein würden – und die, die versucht haben mitzuhalten, mussten es teuer bezahlen. Meine Taktik war deshalb, mich ausschließlich auf mein Rennen zu konzentrieren. Ich kann auch nicht sagen, dass ich nicht gut weggekommen bin. Das werden wir analysieren, aber ich hatte nicht das Gefühl. Am Ende war Gyurta so schnell wie niemand zuvor ohne die Anzüge.“
„T“: Deine EM kannst du bis jetzt mit einem Halbfinale und einem Finale positiv bewerten?
L.C.: „Diese EM war eine tolle Erfahrung für mich, und ich habe ein Ergebnis erzielt, mit dem ich sehr glücklich bin und mit dem ich nie und nimmer gerechnet hatte. Zumal es am Ende doch anstrengender war, als ich mir das vorgestellt hatte.“
„T“: Diese Resultate geben dir viel Selbstvertrauen für die Zukunft. Wie siehst du diese?
L.C.: „Über die weitere Zukunft habe ich mir momentan noch keine Gedanken gemacht. Jetzt will ich erst einmal eine Pause machen und diesen fünften Platz genießen. Und morgen (heute, die Red.) über 50 m Brust noch einmal alles geben. Ich werde versuchen, noch einmal sehr schnell zu sein. Und dann werden wir sehen, was passiert. Dass ich hier im Mittelpunkt stehen würde, ist mir so nicht aufgefallen. Ich habe mich auf meinen Einsatz konzentriert und alles andere außer Acht gelassen. Aber es ist doch schön, wenn man international Anerkennung findet und Luxemburg bekannt wird.“
De Maart

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