Herr Lopez, Senna 7. und Petrov 10. – sind Sie zufrieden mit dem Ergebnis des Qualifyings (das Interview wurde am Samstagabend geführt)?
Gerard Lopez: „Ja, Bruno war sehr gut, und auch das Update-Package des Autos hat das gebracht, was wir uns erhofft haben. Vitaly hatte leider einen kleinen Fehler, sonst hätte er vielleicht 6. werden können.“
Haben Sie damit gerechnet, dass Bruno Senna vor Vitaly Petrov landen könnte?
„Nicht unbedingt, aber wie gesagt, Vitaly hat einen kleinen Fehler gemacht. Aber mit der Top 10 für Bruno haben wir schon gerechnet, deshalb haben wir ihn ja auch geholt.“
Sie haben den Fahrertausch Senna für Nick Heidfeld angesprochen. Gaben dafür ausschließlich sportliche Gründe den Ausschlag?
„Ja. Wir wissen noch nicht genau, mit welcher Fahrer-Paarung wir 2012 antreten werden. Nick hatte für ein Jahr unterschrieben. Seine Performance hat nicht mehr gestimmt, deshalb müssen wir andere Fahrer testen. Dass die Wahl auf Senna gefallen ist und Genii Capital vor kurzem einen geschäftlichen Deal in Brasilien unter Dach und Fach gebracht hat, hat übrigens rein gar nichts damit zu tun. Das ist strikt getrennt.“
Damit wäre die nächste Frage schon beantwortet, also eine andere: Werden Sie denn noch weitere Fahrer testen?
„Mal sehen. Ich gehe im Moment nicht davon aus, vielleicht werden wir in dem einen oder anderen Freitagstraining jemanden testen. Bruno wird nun erst mal für uns fahren, und Vitaly hat noch einen Vertrag bis 2012 einschließlich …“
… womit wir bei Nr.-1-Pilot Robert Kubica (wurde am Sonntag ein letztes Mal erfolgreich operiert) wären, der nach seinem Rallye-Unfall von Heidfeld ersetzt wurde. Wie sieht es aus für 2012?
„Das weiß man immer noch nicht genau, ich denke aber, dass in ein paar Wochen Klarheit herrscht. Im Moment gehen wir deshalb immer noch davon aus, dass Robert 2012 für uns fahren wird.“
Zurück zu Nick Heidfeld: Der frühere F1-Teamchef Eddie Jordan hat in seinem Blog von „Mobbing“ gesprochen was den deutschen Piloten angeht …
„Nick war und ist ein guter Kollege von mir, wir haben vorgestern noch miteinander telefoniert. Er hat einen ‚gesunden Druck‘ gehabt, wir haben ihm gesagt, dass seine Performance unserer Meinung nach nicht stimmt und was wir von ihm erwarten. Er wurde immer mit Respekt behandelt, und das wird er auch weiterhin, denn er ist ja noch Team-Mitglied.“
Trotzdem stehen sie sich nun vor Gericht gegenüber (siehe „T“ vom Samstag). Überrascht?
„Ich würde mal sagen, das war die emotionale Reaktion eines Menschen, der nun mal für sein Leben gern Rennen fährt. Überrascht, ja.“
Nach jeweils einem 3. Platz in den zwei ersten Rennen der Saison ist Lotus Renault GP in der Konstrukteurswertung nun Fünfter. Das entspricht nicht den Erwartungen?
„Nein. Wir hatten viele Probleme. Beim Umbau des Windkanals beispielsweise, da haben wir einen Monat verloren. Die Änderungen an den Auspuff-Regelungen, das war auch ein schwerer Schlag für uns. Und unsere Fahrer waren zu dem Moment nicht top, so kamen drei Sachen beieinander. Die technischen Probleme haben wir nun im Griff, und ich denke, dass es wieder aufwärts gehen kann.“
Um den 4. Platz von Mercedes GP anzugreifen? Platz drei scheint weit weg …
„Ja, das Ziel ist, Platz vier zu erreichen. Platz drei ist illusorisch nach unserem Durchhänger. Das Loch ist zu groß. Ich hoffe, dass wir wieder aufs Podium fahren können.“
Vor Kurzem wurden Sie in einem Interview zitiert, dass Spa ein „moment de vérité“ sei: „Il faut réussir, sinon cela sera perçu comme un échec (…).“ Eine Zwischenbilanz nach dem Qualifying.
„Die Zeichen sind positiv. Ohne seinen Fehler wäre Vitaly wohl Sechster geworden. Wenn wir jetzt vom Speed her komplett danebenliegen würden, wäre das natürlich nicht okay, aber das scheint ja nicht der Fall zu sein. Und gegen ‚incidents de course‘ können wir nichts machen, das wird in eine solche Bewertung nicht einfließen.“
Eine technische Frage: Schwarz-Gold sieht seit diesem Wochenende an ihren Boliden eher schwarz-beige aus?
„Ja, das ist wegen des TVs. Die ’neue‘ Farbe ergibt mehr Kontrast, Schriftzüge sind besser sichtbar. Auch die Original-Lotus sind während zwei Saisons mit dieser Farbe gefahren.“
Vergangene Saison gab es Gerüchte, der Rennstall habe Geld- bzw. Liquiditätsprobleme. Solche Gerüchte kursieren nun schon wieder, was sagen Sie dazu?
(schmunzelt): „Wir sind ein Privat-Team, beschäftigen über 500 Mitarbeiter, wir sind das größte Privat-Team in der Formel 1. Es versuchen halt immer wieder Leute, Unruhe reinzubringen. Wir haben unseren Windkanal ausgebaut, sind dabei, ein neues Gebäude am Firmensitz in Enstone zu bauen, wir bauen einen neuen Simulator – wir investieren also, wie man sieht.“
Noch so ein Gerücht: das Team würde anscheinend 2012 nicht mehr mit Renault-Motoren fahren?
„Wir haben einen Vertrag bis 2013 einschließlich und wollen auch darüber hinaus mit Renault zusammenarbeiten.“
Wissen Sie, wo diese Gerüchte herkommen?
„Immer das Gleiche, aus einem franko-italienischen Lager…“ (lächelt wissend).
Apropos: Wann immer es zuletzt im Motorsport um ein großes Projekt ging und viel Geld, tauchten gleich die Namen Gerard Lopez und Genii Capital auf. Nervt das?
„Ja.“
Konkret: Den Sommer über wurden Sie/Ihre Firma mit einer Übernahme der Formel 1 als Rennserie bzw. der in Luxemburg ansässigen Firma CVC, welche die Rechte an der F1 hält, in Verbindung gebracht. Ist da was dran?
„Wir kennen diese Leute sehr gut und wären bestimmt nicht abgeneigt, enger mit ihnen zusammenzuarbeiten. Aber im Moment gibt es da nichts. Es gäbe auch keine Ursache dafür.“
Zweites Projekt: Spa, die Rennstrecke, auch eine Übernahme ihrerseits. Was ist da dran?
„Das ist schon konkreter. Spa ist eine super Rennstrecke, da würde sich noch viel mehr draus machen lassen. Man könnte die Entwicklung der gesamten Gegend hier noch weiter vorantreiben. Wenn auf Seiten der Verantwortlichen eine positive Einstellung gegenüber einem Engagement aus dem Privatsektor da ist: warum nicht?“
Womit wir zum Abschluss beim Geschäftlichen angekommen sind: Sie sahen die Formel 1 von Beginn Ihres Engagements an als Geschäftsplattform. Wie läuft es in dieser Hinsicht?
„Das ist außerhalb der Performance des Teams der Teil, der absolut nicht enttäuscht hat.“
De Maart

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