Da werden umgerechnet rund 3.000 Steaks amtlich vernichtet. Nicht etwa, weil das Fleisch nicht mehr genießbar gewesen wäre, sondern weil es gestohlen war und der Ursprung nicht genau ermittelt werden konnte.
" class="infobox_img" />Léon Marx [email protected]
Sicherlich ein Extremfall. Aber leider keine Ausnahme. Während die Zahl der von Armut und Hunger bedrohten Menschen weltweit zunimmt – 2010 waren es erstmals über eine Milliarde – und alle drei Sekunden ein Kind verhungert, landen gleichzeitig in der sogenannten „zivilisierten“ Welt 1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittel auf dem Müll. Rund 90 Mio. Tonnen sind es schätzungsweise in Europa, 20 Mio. Tonnen allein in Deutschland. Rund 310 Euro wirft jeder Bundesbürger so pro Jahr in den Mülleimer. Ein Wert, der sich mit dem österreichischer Studien deckt. Dort landen jährlich 96.000 Tonnen noch genießbarer Lebensmittel in der grauen Tonne, ein Gegenwert von rund 300 Euro pro Kopf. Laut einer Studie der FAO, der Welternährungsorganisation der UNO, wirft in Europa und Nordamerika jährlich jeder Bürger 11 Kilo an Lebensmitteln in den Müll.
„Wir lassen uns hier für teures Geld Fett absaugen, während andere nicht mal genug zu essen haben“, meinte am Mittwoch bei der Debatte über die Kooperationspolitik im Parlament eine entrüstete Abgeordnete. Die Reaktion ist durchaus nachvollziehbar. Auch wenn das Bild nicht ganz der Realität entspricht.
Man braucht nur einmal abends mit offenen Augen durch die Straßen zu gehen, um festzustellen, dass es mittlerweile – die Globalisierung lässt grüßen – auch in Luxemburg sogenannte Mülltaucher gibt; Menschen, die gezwungen sind, die Abfalltonnen anderer nach Essbarem zu durchwühlen, weil ihr Geld nicht für die Grundversorgung reicht und es in ihrer Gemeinde keine „épicerie sociale“ gibt.
Hat unsere moderne Gesellschaft den Bezug zu Lebensmitteln verloren? Sind wir verwöhnt? Haben die Bauern recht, wenn sie sagen, Lebensmittel seien zu billig? Fragen, die sich anlässlich des Welternährungstages am 16. Oktober förmlich aufdrängen.
In seinem Dokumentarfilm „Taste the waste“, der auf der Berlinale im Februar Premiere hatte, macht der Filmemacher Valentin Thurn auf den globalisierten Wahnsinn aufmerksam. Wer ihn gesehen hat, dem kommt unweigerlich die Protestschrift von Stéphane Hessel in den Sinn: „Indignez-vous!“
Ja, was da abgeht, müsste jeden halbwegs denkenden Menschen zutiefst empören und zum Handeln bewegen.
Die Verschwendung beginnt schon auf dem Acker: Kartoffeln, die zu klein sind, zu dick sind oder eine „Macke“ haben, schaffen es gar nicht erst in den Verarbeitungsprozess, Kohl, der zu klein ist oder ein paar welke Blätter hat, wird aussortiert. Und Brot wird am Abend massenweise weggeschmissen, nur weil eine ungeschriebene Regel besagt, dass auch der letzte Kunde, der fünf Minuten vor Ladenschluss kommt, noch eine komplette Auswahl habensoll … Den letzten Akt vollziehen dann übervorsichtige Verbraucher selbst. Vielen ist der Unterschied zwischen Mindesthaltbarkeitsdatum und Verfallsdatum nicht klar. Und die Hersteller haben kein Interesse daran, für Aufklärung zu sorgen. In der Gesamtrechnung landet so rund ein Drittel der produzierten Lebensmittel auf dem Müll.
Verheerender Teufelskreis
Vernetzt denken, hieß es am Mittwoch richtigerweise im Parlament bei der Debatte über die Kooperationspolitik. Denn die weggeschmissenen Lebensmittel müssen ja nicht nur produziert und letztlich vom Konsumenten mitbezahlt werden; die Rohstoffe dazu, Soja, Getreide usw. stammen zu einem erheblichen Teil aus Entwicklungs- und Schwellenländern, wo sie dringendst für die Grundversorgung der eigenen Bevölkerung gebraucht würden. Ganz zu schweigen davon, dass für den Anbau die letzten Urwälder gerodet werden. Mit verheerenden Folgen für das Weltklima.
„Chanter contre la pauvreté“, heißt eine gemeinsame Aktion mehrerer NGOs am Dienstag um 17.00 Uhr in der Eingangshalle des Bahnhofs Luxemburg. Dabei ist der Anlass eher zum Weinen …
De Maart
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