Wie sollte der Geplagte, über dessen Terminkalender Merkozy und Co. direkt und indirekt dezidieren, die Freiheit für eine kurzfristige Umbuchung finden? – Er läuft halt im Rad.
" class="infobox_img" />Alvin Sold [email protected]
So beginnt denn die Dreierrunde nicht, wie es sein müsste, unter den besten Voraussetzungen.
Seit Monaten ist Herr Juncker nur noch nebenamtlich Regierungschef. Für Vize Jean Asselborn liegen verständlicherweise die Luxemburger Interessen im Ausland ganz oben, es muss ihm u.a. gelingen, für unser Land erstmals einen der 10 nicht ständigen Sitze im UN-Sicherheitsrat zu bekommen: Welch höchste Anerkennung wäre das! Und leider fügen es die neuerdings herrschenden Finanzmärkte in der Schuldenfrage so, dass unser Finanzminister überall und immer da zu sein hat, wo den Sündern härteste Folter angedroht wird, sogar der Rauswurf aus dem Verein gehört laut Herrn Frieden zum Strafmaß. Wie sollte ein derart herausgeforderter Richter über die ökonomischen und sozialen Fehler der Griechen, Iren, Portugiesen, Spanier und Italiener noch Muße haben für seinen Luxemburger Haushaltsplan?
Ein Haushaltsplan, der nicht einmal das Papier wert ist, auf dem er gedruckt steht, denn keine der Rechengrundlagen wird stimmen: weder die Wachstumsprognosen der Wirtschaft noch die Steuervorhersage, die so falsch ist wie die Wettervorhersage für 2012, noch die Ausgabenbegrenzung auf x Prozent.
Damit kein Missverständnis aufkomme: Wir schwelgen nicht, wie die Grünen, deren Geschäftsfonds mögliche Katastrophen sind, in Untergangsszenarien; wir stellen fest, dass die Börsen und die Finanzströme erratisch funktionieren, ohne jede Logik. Gestern z.B. genügte es, dass die Notenbanken sich abstimmten, um die Kurse um 3 und 4 Prozent springen zu lassen.
Wir glauben keinen von der Statistik hochgerechneten Zahlen mehr.
Wir glauben nicht, dass auf derart flüchtigen Zahlenwerken, wie sie einem heute vorgelegt werden, für die lange Frist vernünftige Entscheide getroffen werden können.
Wir können über die Hybris derer, welche ihre jetzige Politik mit dem Verweis auf extrapolierte Kurven für 2030 und 2050 rechtfertigen, nur staunen. Welch Vermessenheit! Wo war diese Zunft 1990? Was prognostizierte sie damals? Carpe diem, nutze den Tag. Man sollte, sogar als abtretender Wirtschaftsminister dieses kleinen Landes, den jetzigen Tag dafür nutzen, um die Vorteile, die hier zu finden sind, ins Licht zu rücken. Den legendären sozialen Frieden beispielsweise, der zu einem erheblichen Maß auf dem Inflationsausgleich fußt, den wir Index nennen.
Ohne Indexierung verringerte sich die Kaufkraft der Nominalgehälter; die Gewerkschaften müssten um den Ausgleich kämpfen, und zwar in den einzelnen Betrieben, und darüber hinaus, in denselben Betrieben, um Lohnaufbesserungen. Will das Patronat die ständig brennende Streitfackel? Will die Regierung eine ständig schwelende Konfliktstimmung? Man verliere doch nicht aus dem Auge, dass Luxemburg, seit seiner überraschenden, von den damaligen Großmächten verfügten Gründung im Jahre 1839, wegen seiner Kleinheit nie ein auswärtiges Modell kopieren konnte, sondern seine Wege zu finden und zu gehen hatte. Es gab in der Vergangenheit schwierigere Wege als die, auf denen die Juncker-Regierung wandeln darf.
Natürlich lässt sich heutzutage beinahe alles kaputtreden. Passé, das schöne alte Luxemburg mit seinen sozialen Extras: Für so was haben die Märkte und ihre Ratingagenturen kein Verständnis.
On verra bien
Anpassen müssen wir uns. Ausziehen müssen wir uns. Wegen der Spekulanten, denen wir freiwillig geben sollten, was sie uns sonst abnehmen. Das, lieber Leser, ist frei interpretiertes „Ministerlëtzebuergesch“. Wehe, wenn die Märkte und die Ratingagenturen merken, dass unser Pensionssystem auf lange Sicht ein Risiko für die Staatsfinanzen darstellt, sagte vorgestern ein sozialistisches Regierungsmitglied vor versammeltem Finanzpublikum. Beifall! Fort mit dem Unding! Könnte „uns“ ein oder 2 A kosten! Wehe!
Und heute (Do.), am 1. Dezember, ist Tripartite. Hat Juncker in der Euro-Krise an Statur gewonnen? Glaubt er noch an die soziale Marktwirtschaft? Führt er die Diskussion mit Blick über das Tagesgeschäft hinaus, im Geiste des erhaltenswerten Luxemburger Modells?
Oder sucht er, wie andere aus seiner Regierung, den Bruch mit den Gewerkschaften, insbesondere mit dem OGBL, um Luxemburg für „Europa“ zu normen?
On verra bien.
De Maart
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