Die Fakten gehen auf den Freitag, 15. Juli 2005 zurück, als ein dreijähriges Mädchen, das kurz vorher in Düdelingen von einem Auto angefahren wurde, mit einem schweren Hirntrauma in der Notfallstation des „Centre hospitalier de Luxembourg“ (CHL) aufgenommen wurde. Das Kind war daraufhin mit dem Medikament Diprivan (Propofol) betäubt worden, um Untersuchungen durchführen zu können. Nach rund 79 Stunden Behandlung im CHL wurde es am 19. Juli 2005 dann per Nottransport ins Klinikum Saint-Luc nach Brüssel verlegt, wo es kurz darauf am sogenannten Propofol-Infusionssyndrom (PRIS) verstarb.
Schon 1990 wurde über ein Kind mit Multiorganversagen nach einer Behandlung mit Propofol berichtet. 1992 wurden dann fünf Fälle von metabolischer Azidose und Myokardversagen publiziert. Der eigentliche Begriff „Propofolinfusionssyndrom“ wurde 1998 erstmals verwendet, als in einer wissenschaftlichen Publikation 18 Fälle von Kindern mit PRIS beschrieben wurden, 15 Fälle verliefen tödlich.
Haft auf Bewährung?
Die Staatsanwaltschaft hatte für den bei der Notaufnahme diensthabenden Arzt und den darauf folgenden Kollegen, die das Opfer als Erste behandelten, eine Haftstrafe von neun Monaten auf Bewährung gefordert. Für die vier anderen Mediziner und die sechs Krankenpfleger empfahl Staatsanwalt Gilles Herrmann den Richtern den Freispruch.
Beim Strafantrag war für keinen der Angeklagten die Schadensabsicht zurückbehalten worden. Auch stellte die Staatsanwaltschaft fest, dass eine Autopsie keine weiteren Antworten geliefert hätte, da das Propofol-Infusionssyndrom von den Experten als einzige Todesursache zurückbehalten wurde.
Wie im Fall des kleinen Luca, der in der „Maison relais“ in Steinsel durch einen umfallenden Schrank ums Leben kam, erinnerte der Staatsanwalt jedoch daran, dass der Gesetzgeber auch den kleinsten Fehler oder Unterlassung, durch die einem anderen Menschen Leid zugefügt wurde, als strafbar ansieht. Auch hätten die spezialisierten Ärzte, die im CHL mit Diprivan und Dormicum nur zwei Medikamente im Bereich punktueller Narkose oder struktureller Sedierung einsetzten, sich über die damals schon online verfügbaren Nebenwirkungen informieren können.
Nach sieben Wochen öffentlicher Verhandlungen im vergangenen Frühling wird nun also am Donnerstag (28.06.12) das Urteil im sogenannten CHL-Prozess fallen.
De Maart

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