Freitag14. November 2025

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Auf Herz und Nieren prüfen

Auf Herz und Nieren prüfen
(Tageblatt/Akim Schmit)

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LUXEMBURG - Wenn am Donnerstag die Schobermesse ihre Pforten öffnet und sich die ersten Besucher unbekümmert durch die Luft wirbeln lassen, hat Serge Simon Feierabend.

Serge Simon fährt nicht gerne Achterbahn. Dass er es trotzdem tut, beweist zum einen, dass er seinen Sohn liebt, zum anderen, dass er volles Vertrauen in die Technik hat. Er und sein Team haben im Vorfeld sämtliche Fahrgeschäfte, Restaurants und Schießbuden unter die Lupe genommen.

Serge Simon ist Kontrolleur bei Luxcontrol, dem Unternehmen, das die Schausteller im Auftrag der Gemeinde Luxemburg auf Herz und Nieren kontrolliert. Weniger als eine Woche vor der Eröffnung durch Bürgermeister Xavier Bettel läuft ihm und seinen fünf Kollegen die Zeit weg. 184 Schausteller haben sich angekündigt, doch ohne das Okay von Luxcontrol bleiben die Lichter aus.

Alles wird unter die Lupe genommen

„Seit 1997 kontrollieren wir auf der ‚Fouer‘. Sämtliche Spiele, Restaurants und Schießbuden werden überprüft. Eine Ausnahme sind die Händler in der Allée Scheffer“, sagt Simon. Die Kontrolle teilt sich in drei Teile auf. Zum einen wird die mechanische Struktur überprüft, anschließend die elektrische Installation. Bei der allgemeinen Sicherheitsüberprüfung haben die Kontrolleure unter anderem ein Auge darauf, ob Fluchtwege in ausreichender Anzahl vorhanden sind, Feuerlöscher bereit stehen und alles fest verschraubt ist.

Doch es gibt einen Haken: Sind die Fahrgeschäfte erst einmal aufgebaut, lässt sich nicht mehr jedes Bauteil erreichen. Vertrauen schafft das „Baubuch“, das mit dem „Certificat de conformité“ eines Pkw vergleichbar ist. Es beinhaltet den Bauplan, die Schalpläne und eine Dokumentation sämtlicher Funktionen und Parameter. Daneben kommt ihm die Funktion eines „Scheckhefts“ zu. Die mehrere Millionen Euro teuren Geschäfte werden jährlich kontrolliert, alle drei Jahre werden sie Stück für Stück auseinandergebaut und zum Teil (u.a. die Achsen) geröntgt, um Haarrisse frühzeitig zu erkennen. Damit einher geht die Verlängerung der Betriebserlaubnis.

„Auch wenn wir wollten, hätten wir in einer Woche nicht die Zeit, sämtliche Fahrgeschäfte zu röntgen“, sagt Simon. Neben einem visuellen Check steht vor der Eröffnung ein Funktionstest an. Dabei wird auch die Notabschaltung ausprobiert. Allerdings nur mit dem Einverständnis des Schaustellers. Denn bei komplexen Anlagen kann ein „Neustart“ mehrere Tage in Anspruch nehmen.

Arbeit in luftiger Höhe

Zeit nehmen auch die Kontrollen in Anspruch. Dabei hängt der Aufwand stets vom Fahrgeschäft ab. Am zeitaufwendigsten ist in diesem Jahr der Freifall-Turm. „Ein Mitarbeiter klettert bis ganz nach oben und überprüft die Seilführungen und stichprobenartig das Drehmoment, mit dem die Schrauben festgezogen worden sind.“ Nicht alle nehmen es mit der Sicherheit ernst: Lockere Schrauben lassen sich beim Abbau schneller lösen.
Simon kennt seine Pappenheimer. Für viele Schausteller ist die Schobermesse ein fester Termin im Kalender. „Es gibt immer welche, bei denen Kleinigkeiten zu beanstanden sind. Mal hat es mit den Keilen zu tun, ein anderes Mal sind es andere Kleinigkeiten“. Einen richtigen Patzer kann sich kein Schausteller erlauben. Immerhin wissen sie, dass der Abschlussbericht auf dem Schreibtisch von Chef-Planer Marc Weydert landet. Und dieser trifft die Entscheidung, ob das Geschäft am Donnerstag Besucher durch die Luft wirbeln oder beköstigen darf.

In den 12 Jahren, in denen Simon bislang auf der „Fouer“ kontrolliert hat, kam es erst einmal vor, dass er ein Fahrgeschäft abgelehnt hat, weil es in schlechtem Zustand war.
Neu ist in diesem Jahr, dass die Schausteller ein Sicherheitsdossier bekommen haben. Erst nachdem Luxcontrol, Feuerwehr und Gesundheitsamt ihren Besuch abgestattet haben, steht der „Fouer“ nichts mehr im Weg.

Pannen bleiben unvorhersehbar

Beschränkte sich die Arbeit von Simons Team bislang auf die Montage im Vorfeld, werden die Kontrollen in diesem Jahr auch während der Schobermesse durchgeführt. Ein Augenmerk liegt dabei auf der Einhaltung der vorgeschriebenen Prozeduren.

Pannen lassen sich hingegen nie zu 100 Prozent verhindern. „Schon gar nicht auf einer Kirmes.“ Sich Vorwürfe zu machen, bringe unterm Strich keinen weiter. Die Panne am Katapult, der Bungee-Kugel, im vergangenen Jahr war ebenso unvorhersehbar wie der Getriebeschaden an einem anderen Fahrgeschäft im Vorjahr.

Moderne Technik sorgt für Sicherheit

„Der TÜV stufte den Riss des Bungee-Seils nicht als Unfall, sondern als Betriebsstörung ein. Von einem Unfall reden wir erst, wenn Personen zu Schaden kamen“, so Simon.

Mit der modernen Technik steigt auch die Sicherheit für die Fahrgäste. Wobei Simon in Erinnerung ruft, dass rund 30 Prozent der diesjährigen Fahrgeschäfte schon vor 15 oder mehr Jahren auf der „Fouer“ standen. Generell achten die Kontrolleure dann verstärkt auf Verschleißerscheinungen durch den häufigen Auf- und Abbau.
Für Alexandre Marc, der das „Break Dance“ betreibt, gehören die Kontrollen zu seiner täglichen Arbeit.
„Jeden Morgen vergewissere ich mich vom ordnungsgemäßen Zustand des Spiels. Hinzu kommen die Kontrollen nach jeder Montage und die jährlichen Checks. Die Sicherheit steht an erster Stelle.“ Zehn Jahrmärkte besucht der Schausteller in vierter Generation im Jahr, die strengsten Kontrollen führe der deutsche TÜV durch. „Die Sicherheitsbestimmungen werden ständig verschärft“, sagt Simon. Für den Fahrgast gibt es keine Kontrolle über den Zustand eines Fahrgeschäfts. Er muss sich auf Serge Simon und die anderen Kontrolleure von Luxcontrol verlassen können.

„Etwas Menschenverstand kann nicht Schaden“, sagt er zum Abschluss und verabschiedet sich. Der Countdown läuft.