Mittwoch12. November 2025

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Arcelormittal geht in die Offensive

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Stahl in Frankreich heißt ArcelorMittal. In der Politik des Landes aber mag man das Unternehmen nicht. Industrieminister Montebourg hatte Lakshmi Mittal sogar zur persona non grata erklärt. Die Firma geht jetzt in die Offensive.

Das Unternehmen hat aus der Erklärung des Industrieministers Konsequenzen gezogen und bezeichnet sich in einer Pressemitteilung als einen der „wichtigsten ausländischen Arbeitgeber in Frankreich“. Die Gruppe beschäftigt 20.000 Stahlwerker in der „grande nation“ und erwirtschaftet einen Umsatz von zehn Milliarden Euro. Gewinn gibt es seit der Finanzkrise in Frankreich nicht mehr. Entsprechende Steuern zahlt das Unternehmen daher auch nicht. Aber: Das Unternehmen zahlt Umweltabgaben und lokale Steuern wie etwa Grundsteuern, sagt Frankreich-Chef Hervé Bourrier. Die Umweltabgaben oder Grundsteuern sollen nach Tageblatt-Informationen bei über 120 Millionen Euro in ganz Frankreich liegen und bei über 50 Millionen in Lothringen liegen. ArcelorMittal äußert sich auf Nachfrage zu diesen Zahlen nicht.

Der Konzern ist in Lothringen nicht beliebt. In der Nachbarregion wird die Nostalgie der stillgelegten Hochöfen geübt. Der Kampf der Stahlwerker zur Erhaltung der Hochöfen von Hayange wird mittlerweile auch in einem Bühnenstück verklärt. Konzernchef Lakshmi Mittal wird dabei persönlich angegriffen. Die Lokalpolitiker im Tal der Fench stehen dabei stets hinter den Stahlwerkern und lassen auch Entgleisungen zu. Von ihnen gab es keine Proteste gegen ein Computerspiel mit dem Titel „Kill Mittal“. ArcelorMittal ließ es gerichtlich verbieten.

Kern-Rolle

Die Abneigung und Beschimpfung von Lakshmi Mittal nimmt dabei nicht zur Kenntnis, dass Frankreich im europäischen Bereich von ArcelorMittal eine Kern-Rolle einnimmt. Das größte Forschungszentrum des weltweiten Konzerns liegt in Maizières-les-Metz, in Sichtweite der lothringischen Hauptstadt Metz. Hier ist, so Greg Ludkovsky, Vizepräsident für Forschung und Entwicklung der Gruppe, der neue Erfolgsstahl von ArcelorMittal geboren worden. Er heißt Usibor, wird unter anderem in Florange und in Düdelingen hergestellt. In diesem Jahr werden bereits 500.000 Tonnen dieses besonders resistenten aber auch leichten Stahls produziert. Fast jeder vierte Automobilhersteller in der Welt setzt ihn schon ein. Usibor, so Ludkovsky ist ein Stahl auf dem Weg, diesem Werkstoff in der Automobilindustrie die Konkurrenzfähigkeit zu erhalten.

Von 18 auf 10

Eine Autotür hat vor wenigen Jahren noch 18 Kilogramm gewogen. Jetzt ist sie auf dem Weg Richtung zehn Kilogramm, ohne dass sie ihre Widerstandsfähigkeit verliert. Damit ist sie immer noch schwerer als eine Tür aus Aluminium, „aber“, sagt Ludkovski, „sie ist um bis zu 33 Prozent preiswerter in der Herstellung“.

„Frankreich“, sagt der Forscher, „hat eine erhebliche Bedeutung für die automobile Entwicklung“. Ein Elektromobil muss nicht automatisch aus Karbon bestehen. In Frankreich ist der Stahl für Elektrofahrzeuge und die Energiewirtschaft entwickelt worden. In Frankreich holt ArcelorMittal derzeit auch in er Gebäudekonstruktion auf. Der neue Turm in der Pariser Défense heißt D2. Er wird von der Versicherungsgesellschaft der Société Générale gebaut und beruht auf einem Stahlgerüst mit Stahl aus Luxemburg, überwiegend aus Differdingen. Insgesamt liefert ArcelorMittal 4.200 Tonnen Stahl für das Gebäude. Anthony Béchu, Architekt des 171 Meter hohen Gebäudes, das 50.000 Quadratmeter Fläche haben wird: „Stahl hat erlaubt, bis zu 30 Prozent Material einzusparen. Das verbessert die Umweltauswirkung des Hauses erheblich.“

250 Millionen Euro

Die Investitionszahlen des Konzerns in Frankreich sind beachtlich. Im vergangenen Jahr gingen 250 Millionen Euro allein in die Erneuerung von Produktionsstraßen, in den Bau einer neuen Produktionsstraße oder auch in de Refektion von Hochöfen. Insgesamt hat das Unternehmen in Frankreich seit 2005 gut zwei Milliarden Euro in Frankreich investiert. In der kommenden Woche wird ArcelorMittal in Saint-Gely-d´Apcher ein neues Stahlwerk einweihen, das mit einem Investitionsvolumen von 90 Millionen Euro erstellt worden ist.

ArcelorMittal will seine industriellen Produktionssstandorte so hoch wie irgend möglich auslasten. Nach der Schließung der beiden Hochöfen in Lothringen sind die verbleibenden fünf maximal ausgelastet, sagt Frankreich-Chef Hervé Bourrier. Er macht aber auch deutlich; dass Frankreich in einen europäischen Verbund eingegliedert ist. So werden die Walzstraßen in Lothringen von Duisburg, Hamburg und Dünkirchen aus mit Brammen beliefert. Befürchtungen, dass durch Arbeitskämpfe etwa in Dünkirchen die Vorprodukte für Lothringen ausfallen könnten, weist Bourrelier zurück. Man könne das jederzeit durch das europäische Versorgungsnetz ausgleichen, in das Lothringen und Frankreich eingebettet seien, sagt er.