Nach den jüngsten Skandalen will die EU-Kommission der Manipulation von Zinssätzen wie Libor oder Euribor einen Riegel vorschieben. Die beiden wichtigsten Vergleichssätze für den Handel zwischen den Banken sollen künftig nur noch unter behördlicher Aufsicht bestimmt werden. Missbrauch würde streng bestraft. Das sieht ein Gesetzesentwurf vor, den EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier am Mittwoch in Brüssel vorstellte. Bisher haben die Banken den Zinssatz nahezu unbeaufsichtigt ermittelt.
Nach den EU-Plänen müssen für die Bestimmung eines Referenzwertes korrekte Daten, die die Realität wiedergeben, herangezogen werden – und nicht allein Schätzungen. Für Zinsmanipulation sind Strafen von bis zu 500 000 Euro für Personen und 1 Million Euro oder zehn Prozent des Umsatzes für Firmen vorgesehen.
Regelung soll 2015 in Kraft treten
Damit der Vorschlag Gesetzeskraft erhalt, ist die Zustimmung vom Europaparlament und den EU-Staaten nötig. Die EU-Kommission erwartet dies bis zum Frühjahr, dann könnten die Vorgaben 2015 in Kraft treten.
Die EU-Kommission reagiert damit auf die Skandale der vergangenen Jahre, in denen Großbanken die Libor- und Euribor-Werte über Jahre mit falschen Angaben verschoben hatten, um höhere Gewinne einzustreichen. Banken wie Barclays und UBS wurden zu hohen Strafen verurteilt.
Anleger verlieren viel Geld
Die Zinssätze sind Grundlage für Geschäfte in Höhe von tausenden Milliarden Euro, etwa Finanzprodukte oder Wohnbaudarlehen. Anlegern bescheren Manipulationen nach EU-Angaben erhebliche Verluste. Barnier sagte: „Skandale und Manipulationsvorwürfe haben das Marktvertrauen untergraben. Damit muss Schluss sein: Wir müssen das Vertrauen wiederherstellen.“ Banken sollen künftig bei Hypothekenkrediten prüfen, ob der Referenzsatz sich dafür überhaupt eignet.
Der Libor wird täglich in London aus den Meldungen von Banken ermittelt und stellt den durchschnittlichen Zinssatz dar, zu dem sich die Institute untereinander Geld leihen. Der Euribor ist das Pendant in der Eurozone. Der Vorschlag der EU-Kommission bezieht sich aber auch auf weitere Indizes etwa für Rohstoffe.
Gesetzesänderungen sind auf dem Weg
Bereits auf dem Weg sind Gesetzesänderungen in der EU, wonach die Manipulation von Referenzwerten künftig als Straftat zu werten ist, die die EU-Staaten mit Mindeststrafen belegen müssen.
Die Kontrolle der Richtwerte wie Libor oder Euribor sollen künftig Vertreter nationaler Behörden übernehmen. Damit weicht Barnier von seinen ursprünglichen Plänen ab, die Referenzzinsen direkt von der EU-Börsenaufsicht Esma überwachen zu lassen. Es gibt Zweifel, dass die Esma nicht ausreichend Kapazitäten hat. Allerdings soll die Esma in Streitfällen das letzte Wort haben.
Kritik kam von den Grünen im Europaparlament. „Die Kommission kuscht vor dem angekündigten Widerstand und vergibt damit die Chance, in diesem Kernbereich für starke und europäische Finanzmarktregulierung zu streiten“, sagte der Grünen-Abgeordnete Sven Giegold.
De Maart

Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können