Mittwoch12. November 2025

Demaart De Maart

Rasche Lösung nicht in Sicht

Rasche Lösung nicht in Sicht
(Tageblatt/Jean-Claude Ernst)

Jetzt weiterlesen!

Für 0,99 € können Sie diesen Artikel erwerben:

Oder schließen Sie ein Abo ab:

ZU DEN ABOS

Sie sind bereits Kunde?

Die EU-Außenminister reden auch am Samstag in Luxemburg über die Flüchtlinge und deren Verteilung in Europa. Eine rasche Lösung der Krise ist nicht in Sicht. Der Ruf nach einem Sondergipfel wird lauter.

Die Außenminister der Europäischen Union wollen am zweiten Tag eines Treffens in Luxemburg weiter über die Flüchtlingskrise beraten. Zu den Gesprächen an diesem Samstag werden auch Vertreter aus den westlichen Balkanstaaten erwartet. Über Länder wie Serbien versuchen derzeit Tausende Asylsuchende, in westliche EU-Staaten zu gelangen.

Überraschend durften in der Nacht zum Samstag in Ungarn gestrandete Flüchtlinge Richtung Österreich und Deutschland ausreisen. Das sei in mehreren Gesprächen am Freitagabend festgehalten worden, so ein Sprecher der deutschen Bundesregierung. Ein erster Sonderzug (Link) brachte am Samstagmorgen nach Polizeiangaben von Ungarn aus 2500 bis 3000 Flüchtlinge nach Salzburg in Österreich. Per Bus geht es weiter nach Deutschland.

Unklarheiten über Einreisemöglichkeiten

Allerdings haben Deutschland und Österreich offensichtlich noch nicht entschieden, wie lange sie Flüchtlinge über Ungarn einreisen lassen wollen. Der österreichische Außenminister Sebastian Kurz sagte am Samstagmorgen bei einem Treffen mit EU-Amtskollegen in Luxemburg, „dass das Dublin-System natürlich nach wie vor gilt“. Dieses regelt, dass derjenige Mitgliedstaat, in dem ein Asylbewerber erstmals europäischen Boden betritt, für das Asylverfahren verantwortlich ist.

Der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann hatte zuvor mitgeteilt, dass Österreich und Deutschland aufgrund der „Notlage an der ungarischen Grenze“ einer Weiterreise der Flüchtlinge in ihre Länder zugestimmt hätten. Weiter hieß es: „Zugleich aber erwarten wir von Ungarn die Bereitschaft, die bestehenden Belastungen auf der Basis der von der Europäischen Kommission angestrebten fairen Verteilung der Flüchtlinge und des geplanten Notfallmechanismus zu lösen. (…).“

„Rasche Lösung nicht in Sicht“

Inmitten des Flüchtlingsdramas stellen auch Einwohner der westlichen Balkanstaaten Asylanträge in westeuropäischen Staaten. Dies ist vielen in der EU ein Dorn im Auge. Die EU-Kommission will deshalb vorschlagen, die westlichen Balkanländer EU-weit zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären. Auch deswegen, weil sie als Länder, die einen EU-Beitritt anstreben, bestimmte Standards erfüllen müssen.

Nach Ansicht des UN-Beauftragten für Menschenrechte, Ivan Šimonovi?, wird die Flüchtlingskrise in Europa noch lange anhalten. „Wir müssen uns auf Jahre einstellen“, sagte der Kroate in New York. „Dieses Problem wird erst gelöst (Link) werden, wenn die Ursachen gelöst sind, vor allem der Konflikt in Syrien. Und ich fürchte, da können wir auf keine rasche Lösung hoffen.“

Krise dauert „Jahre lang“

Nach den Worten von Šimonovi? war 2014 ein Rekordjahr bei den Flüchtlingen: „Noch nie waren auf der Erde seit dem Zweiten Weltkrieg so viele Menschen auf der Flucht und noch nie waren die Rückkehrraten so gering“, sagte er. Demnach gab es im vergangenen Jahr 9,5 Millionen Flüchtlinge. Mehr als die Hälfte kam nur aus drei Ländern: 3,9 Millionen aus Syrien, 2,6 Millionen aus Afghanistan und 1,1 Millionen aus Somalia. „Wir müssen befürchten, dass dieses Jahr das vergangene noch überflügeln wird. Alle Anzeichen sprechen dafür.“

In der Europäischen Union wird indes der Ruf nach einem Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs zur Flüchtlingskrise lauter. Beim Außenministertreffen in Luxemburg sprach sich am Freitag unter anderem der österreichische Außenminister Sebastian Kurz offen dafür aus. Sein slowakischer Kollege Miroslaw Lajcak sagte: «Wir wären sicherlich dafür. Wenn wir bis Mitte Oktober warten, könnte das zu spät sein.» Neben einem Sondergipfel ist auch ein weiteres Sondertreffen der europäischen Außen- und Innenminister im Gespräch. Es könnte den Gipfel vorbereiten.

EU tief gespalten

Allerdings ist die EU weiter tief zerstritten, wie mit den Flüchtlingen umgegangen werden soll. Außenminister Jean Asselborn sprach sich für eine vollständige Europäisierung der Asylverfahren. „Wir müssen die Logik des Systems überdenken“ (Link), so Asselborn. Die Zuständigkeit liegt bisher bei den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte eine grundlegende Reform der europäischen Flüchtlingspolitik. „Das gesamte System muss neu gestaltet werden“, sagte sie. Zwischen den 28 EU-Ländern müsse es eine „faire Lastenverteilung“ geben.

Auf der sogenannten Balkanroute und in Griechenland warten weiterhin Zigtausende Migranten auf eine Möglichkeit, in den Westen zu gelangen. Angesichts der großen Zahl an Flüchtlingen auf griechischen Inseln versprach der Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, Athen weitere Hilfe. In der Hafenstadt Piräus soll bald ein sogenanntes Hotspot-Zentrum öffnen, wo Flüchtlinge registriert werden.

Lesen Sie auch:

Erster Sonderzug bringt Flüchtlinge nach Salzburg

Die Situation gerät außer Kontrolle

„Müssen die Logik des Systems überdenken“