Geht es dieses Mal gut? Klappt das am Donnerstag mit der Richterwahl, nachdem der eher routinemäßige Vorgang vor der Sommerpause in einem schwarz-roten Desaster geendet hatte? In dieser Woche entscheidet es sich. Und damit ist die Koalition in die zweite Sitzungswoche nach der Sommerpause eingebogen, in der wegweisende Themen auf der Tagesordnung stehen.
Die Richterwahl ist eine davon. Union und SPD sind am Donnerstag mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auf Stimmen von der Linksfraktion angewiesen, um die drei Kandidaten für das Bundesverfassungsgericht mit der nötigen Zweidrittel-Mehrheit auszustatten. Dass die Linken dazu Gespräche mit der Unionsfraktion „auf Augenhöhe“ führen wollten, hat schon mal nicht geklappt. Nach Angaben von Linksfraktionschefin Heidi Reichinnek hat es solche Gespräche etwa mit Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU) nicht gegeben. Ob angesichts dessen ausreichend Linken-Abgeordnete etwa für den Unionskandidaten Günter Spinner stimmen werden, damit die Koalition nicht auf AfD-Stimmen angewiesen sein wird, ließ sie am Montag vor einer Fraktionssitzung offen.
In den Fraktionen von Union und SPD ist man zuversichtlich, dass es klappen wird. Am Montagabend sollte der Richterwahlausschuss die erste Hürde dafür nehmen. Und am Donnerstag soll dann der Bundestag in geheimer Abstimmung endlich einen Haken hinter Spinner, Ann-Katrin Kaufhold und die neue SPD-Kandidatin Sigrid Emmenegger machen, die sich nach dem Rückzug von Frauke Brosius-Gersdorf aufstellen ließ. Doch die Richterwahl ist nur eins der großen Themen, mit denen die Koalition sich in dieser Woche befassen muss.
520,5 Mrd. Euro Ausgaben
Vizekanzler und Bundesfinanzminister Lars Klingbeil bereitet sich auf seine Weise auf die Woche vor, in der er den Haushalt 2026 ins Parlament einbringen wird: Die Sportschuhe schnüren und aus dem Fitnessraum ein Video in den sozialen Netzwerken posten. „Vor so einer entscheidenden und auch spannenden Woche genieße ich es noch mal ein bisschen, mich auszupowern“, erklärt der SPD-Politiker in dem Video, das ihn in Sportmontur in einer Sporthalle zeigt. „Und das mache ich jetzt.“
Die Debatte über das Budget für 2026 bezeichnet Klingbeil als „ganz wichtige Woche“. Es gehe um Milliardeninvestitionen, „Milliarden für unsere Zukunft, mit denen wir das Land modernisieren, Deutschland voranbringen und Deutschland stärken wollen“.
Klingbeil wird am Dienstag in einer 45-minütigen Rede den Haushalt für 2026 einbringen. Nach der Debatte im Bundestag wird der Haushaltsplan in den Ausschüssen weiter beraten. Die zentrale Rolle hat dabei der Haushaltsausschuss, dessen abschließende Bereinigungssitzung am 13. November stattfinden soll. Bis zum 19. Dezember sollen dann Bundestag und Bundesrat das Budget verabschieden.
Und der Haushalt hat es in sich: Die Ausgaben des Bundes steigen im kommenden Jahr auf 520,5 Milliarden Euro – nach 502,5 Milliarden Euro im laufenden Haushaltsjahr. Dem stehen 2026 geschätzte Einnahmen von 430,6 Milliarden Euro gegenüber. Den mit Abstand größten Einzeletat hat erneut das Bundesarbeitsministerium mit nun 197,4 Milliarden Euro. Davon fließt der allergrößte Teil in die Rentenkassen, nämlich fast 128 Milliarden Euro.
Gesprächsbedarf
Für die Jahre 2027 bis 2029 ergibt sich nach Angaben der Regierung eine Finanzierungslücke von rund 170 Milliarden Euro. Grund für den nun noch einmal gestiegenen sogenannten Handlungsbedarf sind „Mindereinnahmen des Bundes“ – u.a. wegen des Wachstumsboosters, der Ausweitung der Mütterrente, der Erhöhung der Pendlerpauschale und der Neuberechnung von Zinsausgaben. Die Regierung werde daher einen „strikten Konsolidierungskurs im Haushalt einschlagen“, jedes Ressort werde sparen müssen, sagt Klingbeil. Doch wo genau, das bleibt bislang offen.
Klingbeil ficht derzeit auch einen Zwist mit Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) aus. Der SPD-Chef schrieb einen ziemlich kühlen Brief, der öffentlich wurde und in dem Klingbeil seinen Kollegen im Streit um Geld für den Neu- und Ausbau von Autobahnen zurechtweist. Das Bundesverkehrsministerium solle schnell ein Gesetz vorlegen, damit die neuen Gelder für die Infrastruktur auch abfließen, heißt es. „Ich bitte Sie, mich zum Verfahrensstand hinsichtlich des dringend erforderlichen Infrastrukturbeschleunigungsgesetzes zu informieren.“
Das Verkehrsministerium wiederum sieht für Autobahnen und Bundesstraßen für den Zeitraum 2026 bis 2029 ein Defizit von rund 15 Milliarden Euro. Für zahlreiche Projekte, für die bis 2029 Baurecht erwartet wird, könne auf Basis der aktuellen Finanzplanung keine Freigabe erteilt werden. Schnieder hatte dies beklagt und finanziellen Mehrbedarf für den Neu- und Ausbau der Autobahnen angemeldet. Klingbeil sieht das dezidiert anders. Hier wird es zwischen den beiden Ministerien noch einigen Gesprächsbedarf geben – auch über diese für die Koalition wichtige Woche hinaus.
De Maart
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