Mittwoch12. November 2025

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Koalitionsprogramm Werden die deutschen Grenzgänger endlich die Überstundensteuer los? 

Koalitionsprogramm  / Werden die deutschen Grenzgänger endlich die Überstundensteuer los? 
Komplizierte deutsche Überstundensteuer: Diese Grafik titelte das Tageblatt im April 2024 Grafik: Tobias Senzig/Foto: Hervé Montaigu

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Steuerfrei – aber nicht ganz: Deutschlands neue Regierung kündigt Entlastungen bei Überstunden an. Das könnte nach der Überstunden-Steueraffäre im vergangenen Jahr auch deutsche Luxemburg-Pendler entlasten. Aber: Schon wieder gibt es Verwirrung. 

Am Mittwoch haben die Unionsparteien und die SPD in Deutschland einen Koalitionsvertrag unterzeichnet. Ihren Antritt plant die kommende Bundesregierung für den 7. Mai. In dem Dokument, das die Parteispitzen am Mittwoch der Öffentlichkeit vorgestellt haben, sind mehrere Stellen, die für Luxemburg-Pendler aus Deutschland interessant sind. Neben weiteren Grenzkontrollen – besonders eindeutig äußern sich die Koalitionspartner dahingehend nicht – werden nämlich auch steuerliche Erleichterungen bei den Überstunden versprochen. Die neue deutsche Regierung will „steuerliche Anreize für Mehrarbeit“ bieten. „Überstunden sind steuerfrei“, verkündete CSU-Chef Markus Söder auf der Pressekonferenz der Koalitionspartner am Mittwoch.

In Luxemburg werden keine Steuern auf Überstunden erhoben. Die Abgabe war im vergangenen Jahr aber dennoch großes Thema auf der hiesigen politischen Agenda. Grund waren nämlich eben die Steuerregeln aus dem östlichen Nachbarland. Und ein neues „Doppelbesteuerungsabkommen“ zwischen Luxemburg und Deutschland, das für einige Verwirrung und Zwist zwischen den Nachbarn gesorgt und schließlich sogar einem besonderen Steuerkredit geführt hat. 

Treffen im Sommer

Wir erinnern uns: Im Juli 2023 vereinbarten Luxemburgs Finanzminister Yuriko Backes (DP) und ihr deutscher Amtskollege Christian Lindner (FDP) Änderungen zum alten Doppelbesteuerungsabkommen zwischen den Ländern. Das Abkommen soll – kurz gesagt – verhindern, dass jemand in beiden Ländern vom Fiskus die gleiche Steuer abgezogen bekommt. Es ist einer der Gründe, warum der Arbeitsmarkt in Luxemburg attraktiv für Arbeitnehmer in Deutschland ist. 

Das neue Abkommen sollte den Arbeitnehmern jenseits von Mosel und Sauer vor allem ermöglichen, mehr Tage im Homeoffice zu verbringen. Die Kulanz-Zeit wurde von 19 auf 34 Tage angehoben. Im Januar 2024 folgte eine sogenannte „Konsultationsvereinbarung“, die darstellte, wie sich die neuen Regeln für die deutschen Finanzämter in der Praxis verhalten. Und dort offenbarte sich: Das deutsche Finanzministerium hatte eine Hintertür in das Abkommen geschmuggelt. Einkünfte auf Überstunden aus Luxemburg sollten Grenzgänger nämlich ab jetzt in Deutschland versteuern. Das war nicht nur neu – sondern sollte auch auf Jahre rückwirkend angewandt werden. 

Die große Verwirrung

Was folgte, war vor allem: große Verwirrung. Einige Medien – darunter das Tageblatt – interpretierten die Konsultationsvereinbarung zunächst so, dass auch Nacht- und Feiertagszuschläge jetzt in Deutschland besteuert werden konnten. Andere Akteure waren überzeugt, dass nicht die Überstundenlöhne selbst, sondern nur die Zuschläge darauf versteuert werden müssen. Den Gipfel erreichte die Überstundenkrise mit einer Falschinfo des Luxemburger Finanzministeriums. Es ließ verlauten, dass im deutschen Steuerrecht ein großer Freibetrag geltend gemacht werden könne. Deshalb werde es „nicht zu einer systematischen Besteuerung“ der Überstunden kommen. Das Ministerium musste die Aussage korrigieren – und erklären, vom deutschen Bundesfinanzministerium zu dem Thema falsch informiert worden zu sein. 

Tatsächlich ist es so: Die neue deutsche Besteuerung gilt für die Löhne und Zuschläge, die in Luxemburg für Überstunden bezahlt werden. Und das soll jetzt – tatsächlich – anders werden, geht es nach dem Willen der Koalitionspartner.

„Überstunden sind steuerfrei“

„Überstunden sind steuerfrei“, sagte CSU-Chef Markus Söder am Mittwoch. Das Problem dabei: Es stimmt nicht. Denn im Koalitionsvertrag steckt – wie auch schon in der „Konsultationsvereinbarung“ – der Teufel im Detail. Im Wortlaut steht dort nämlich: „Wer freiwillig mehr arbeiten will, soll mehr Netto vom Brutto haben.“ Deshalb sollen „umgehend“ die „Überstundenzuschläge steuerfrei“ gestellt werden, die über die tariflich vereinbarte Vollzeitarbeit hinausgehen. 

Überstundenzuschläge. Nicht Überstundenlöhne. 

Ja, die neuen Regeln würden auch die Besteuerung der Luxemburger Überstundenzahlungen betreffen, wie der Steueranwalt Stephan Wonnebauer aus Trier dem Tageblatt erklärt. Aber: „Das würde dann nur die Zuschläge betreffen.“ In Luxemburg gäbe es die Grundvergütung für die Überstunden – und den Zuschlag.

Zuschläge nur, wenn Ausgleich nicht möglich ist

Zuschläge auf Überstundenlöhne erhalten Arbeitnehmer in Luxemburg laut Guichet.lu nur, „wenn ein Ausgleich durch Ruhezeit nicht möglich ist“. Zum Beispiel aus organisatorischen Gründen oder aufgrund des Weggangs des betroffenen Arbeitnehmers. Die Zuschläge betragen dann – und nur dann – mindestens 40 Prozent. „Beides ist steuerfrei“ in Luxemburg, sagt Wonnebauer. „In Deutschland ist alles steuerpflichtig.“ 

Auf Guichet.lu ist auch eine Beispielrechnung zu finden. Ein Arbeitnehmer, der acht zuschlagspflichtige Überstunden leistet und 18,50 Euro im Monat verdient, bekommt am Ende 154,21 Euro Überstundenlohn ausgezahlt – und 59,20 Euro Überstundenzuschläge. Nur auf Letzteres wäre er von den Steuern befreit, sollten die Koalitionäre ihr Vorhaben so in Recht umsetzen. 

Streik der „Frontaliers“

Das französische „Comité de défense et d’initiative des frontaliers du Luxembourg“ (CDIFL) hatte bereits zu einer Protestaktion aufgerufen. Der Streik richtet sich gegen eine neue Steuerregelung für französische Grenzgänger, die in diesem Jahr in Kraft getreten ist. Die Reform könnte dazu führen, dass Haushalte mit gemischten Einkünften – also wenn ein Partner in Luxemburg und der andere in Frankreich arbeitet – erheblich höhere Steuerlasten tragen müssen. Der Vorsitzende des CDIFL, Philippe Manenti, kritisiert die Maßnahme scharf und verweist auf frühere Proteste, die bereits 2020 eine vorübergehende Rücknahme der Regelung bewirkt hatten. Die Organisatoren fordern die Aussetzung der Regelung und eine Neuverhandlung der Steuerkonvention zwischen Frankreich und Luxemburg. „Es fehlt an Koordination und Dialog zwischen Paris und Luxemburg. Die Leidtragenden sind die Grenzgänger“, so Manenti gegenüber dem Républicain Lorrain. Das CDIFL plädiert stattdessen für eine Rückerstattung der in Luxemburg gezahlten Steuern an Frankreich, um die Belastung der Arbeitnehmer zu mindern.

Nomi
11. April 2025 - 17.24

Eine einfache und vestaendliche Regelung bringen die Holzkoepfe nicht fertig !