Chris Auger war 2023 fest entschlossen. „Noch ein Jahr, dann ist Schluss. Wenn ich danach nicht aufhöre, wäre ich der größte Lügner auf Erden“, sagte er damals im Gespräch mit dem Tageblatt. Nachdem er bereits in den Jahren davor mehrmals mit einem Karriereende geliebäugelt hatte, jedoch immer noch ein weiteres Jahr dranhing, sollte die Saison 2023/24 endgültig seine letzte werden. Doch jetzt, zwei Jahre später, hütet Auger immer noch das Tor der Red Boys. „Ich war damals fest entschlossen, meine Karriere zu beenden“, sagt er lachend. „Nach der Saison haben meine Frau und Kinder mir dann aber gesagt, dass ich weitermachen sollte. Sie mussten mich nicht wirklich lange überreden.“
In Differdingen ist Auger mittlerweile hinter Matej Mudrinjak die Nummer zwei im Tor. „Ich spiele nicht mehr so viel, da Matej einen Superjob macht, und ich bin auch froh, wenn ich mal das ganze Spiel auf der Bank sitzen kann“, erzählt der ehemalige Nationaltorhüter. „Doch wenn ich reinkomme, will ich zeigen, dass ich immer noch abliefern kann. Wenn mir das gelingt, bin ich sehr froh. Denn ich trainiere jeden Tag, um da zu sein, wenn die Mannschaft mich braucht.“
Wie ein Roter Wein
Am Samstag kam es dann zu einem dieser Momente. Im Spitzenspiel um die alleinige Tabellenführung gegen den HB Düdelingen erwischten die Red Boys einen schlechten Start. Nach einer Viertelstunde lagen die Roten mit 6:12 in Rückstand, Mudrinjak hatte bis dahin nur einen Ball parieren können – es schlug dann die Stunde von Auger. Der mittlerweile 41-Jährige betrat das Feld und brachte die Düdelinger Angreifer in der Folge regelrecht zum Verzweifeln. Mit 16 Paraden hatte er am Ende maßgeblichen Anteil an der Aufholjagd und dem Erfolg der Red Boys.
„Als ich reinkam, wusste ich, dass es noch nicht vorbei ist“, blickt Auger mit zwei Tagen Abstand auf das Spiel zurück. „Ich wusste, dass genug Zeit bleibt, um noch einmal zurückzukommen – und dass wir dazu auch in der Lage sind. Düdelingen hat am Anfang einfach perfekt gespielt und es war klar, dass sie auch irgendwann ein bisschen müde werden und Fehler machen. Ich habe dann zwei, drei Bälle pariert. Unsere Angreifer haben sie auf der Gegenseite reingemacht. Damit war die Aufholjagd eingeleitet. Zwei, drei Paraden reichen schon, um die Gegenmannschaft zu destabilisieren.“
Wenn ich reinkomme, will ich zeigen, dass ich immer noch abliefern kann
Auger sei „wie ein guter Rotwein“, der „mit dem Alter immer besser wird“, hört man nicht selten in den Handballhallen des Landes. Er selbst sagt über sein Erfolgsgeheimnis: „Ich bereite mich seriös auf die Spiele vor und versuche, in bestmöglicher Form zu sein. Ich bin mittlerweile aber über 40, da ist es nicht mehr so einfach. Der Rücken, die Beine – am Tag nach dem Spiel tut alles ein bisschen weh.“
Sein Alter sieht Auger aber auch als Vorteil. „In der Torhüterposition braucht man Erfahrung“, sagt er. „Einerseits, um die Gegenspieler zu kennen. Andererseits auch, um das eigene Temperament im Griff zu haben.“ Es sei wichtig, Emotionen zu zeigen und wichtige Paraden zu feiern. „Es braucht aber vor allem Kontrolle, wenn es darum geht, mit der eigenen Abwehr zusammenzuarbeiten. Man kann sie nicht beschimpfen, wenn sie einen Fehler macht. Darin wird man, glaube ich, mit dem Alter besser“, so Auger. „Auch darin, zu akzeptieren, dass man nicht jeden Ball halten kann. Als ich jung war, war jedes Gegentor ein Gewicht auf meinen Schultern. Ich wollte alles halten. Es gibt aber kein Handball-Spiel, das zu null endet. Das ist nicht möglich.“
Eine Falle
Eine entscheidende Rolle könnte er auch wieder am Mittwoch spielen. Dann trifft Auger mit den Red Boys auf Esch um den ebenfalls erfahrenen Schlussmann Hugo Figueira. Es ist ein wichtiges Spiel für die Differdinger, die nach den Siegen gegen Berchem und Düdelingen ihren gerade erst erspielten Vorteil in der Tabelle nicht gleich wieder aus der Hand geben wollen. „Das Spiel ist eine große Falle, in die wir nicht tappen dürfen“, sagt Auger. „Es wäre ein Fehler, Esch auf die leichte Schulter zu nehmen, nur weil wir jetzt gegen Berchem und Düdelingen gewonnen haben. Wir sind zwar Tabellenführer, haben aber noch rein gar nichts gewonnen – bis auf das Recht, nach der Saison unsere Fehler bereuen zu dürfen. Ich weiß, es sind Phrasen, aber wir müssen weiter Spiel für Spiel nehmen – und gewinnen, wenn wir etwas erreichen wollen.“
Ob Auger nach der Saison noch weitermacht, hat er noch nicht entschieden. „Ich werde sicherlich nicht mehr sagen, dass ich aufhöre. Ein zweites Mal will ich nicht lügen“, sagt er mit einem Lachen. „Es hängt davon ab, wie es mir nach der Saison physisch geht und wie die Mannschaft der nächsten Saison aussieht.“ Fest steht, dass es Co-Schlussmann Matej Mudrinjak zurück in seine Heimat Kroatien zieht, damit werden die Red Boys einen neuen Torhüter brauchen. „Ich bin nie weit weg, um zu helfen“, sagt Auger.
De Maart

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